Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW im ersten Halbjahr 2023

Kleine Anfrage
vom 20.09.2023

Kleine Anfrage 2590

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW im ersten Halbjahr 2023

Die Rheinische Post berichtete am 9. Januar 2022, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung plane, anti-islamische Straftaten künftig besser erfassen zu wollen. So sollen neben der Meldestelle „Antisemitismus“, die dieses Jahr ihre Arbeit aufgenommen hat, neue Meldestellen unter anderem für „anti-muslimischen Rassismus“ aufgebaut werden.1

Mit Antwort der Landesregierung vom 7. März 2023, Drucksache 18/2862, wurde mitgeteilt, dass für das Jahr 2022 sechs Straftaten gegen muslimische Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen erfasst wurden. Darüber hinaus wurden 81 islamfeindliche Straftaten gegen Personen oder Personengruppen erfasst.2

Ziel dieser Anfrage ist es, ein genaueres Lagebild über die Gefährdung von Muslimen und islamischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW im ersten Halbjahr 2023? (Bitte nach Monat, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)
  2. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW im ersten Halbjahr 2023? (Bitte nach Monat, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)
  3. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen.)
  4. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Monat und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)
  5. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Monat und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

MMD18-5983

 

1 Vgl. https://rp-online.de/nrw/panorama/nrw-plant-meldestelle-fuer-islamfeindliche-straftaten_aid-65165187.

2 Antwort der Landesregierung vom 07.02.2023, Drs. 18/2862.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2590 mit Schreiben vom 11. Oktober 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswär­tige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Hal­tung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorur­teilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religi­onszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Ori­entierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Ob-jekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das erste Halbjahr 2023 ist noch nicht abgeschlossen und die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen mit Stand 21.09.2023 sind als vorläufige Zahlen zu betrachten.

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW im ersten Halbjahr 2023? (Bitte nach Monat, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)

Für das erste Halbjahr 2023 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang vier Straftaten gegen mus­limische Einrichtungen erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) zu entnehmen.

  1. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW im ersten Halbjahr 2023? (Bitte nach Monat, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)

Für das erste Halbjahr 2023 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 79 islamfeindliche Straf­taten gegen Personen oder Personengruppen erfasst. Eine Differenzierung zwischen Personen und Personengruppen auf der Basis des KPMD-PMK wäre nur nach einer händi­schen Auswertung aller Einzelmeldungen möglich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ob diese Personen oder Personengruppen tatsächlich dem muslimischen Glauben angehören, ist nicht auswertbar.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen.)

Straftaten der politisch motivierten Kriminalität werden Phänomenbereichen zugeordnet, wenn in Würdigung der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer entsprechenden Orientierung zuzurechnen sind. Anhand der Zuordnung des Phänomenbereichs lassen sich somit im Wesentlichen die ideolo­gischen Hintergründe und Ursachen einer Straftat abbilden.

Ich bitte, die Zuordnung der Phänomenbereiche den Anlagen 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) und 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürger­schaft? (Bitte nach Monat und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)

Im ersten Halbjahr 2023 wurden bislang drei Tatverdächtige mit nicht deutscher Staatangehörigkeit erfasst.

Dabei wurden die Staatsbürgerschaften rumänisch (2) und belgisch (1) erfasst.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Monat und Staatsbürgerschaft aufschlüs­seln.)

In keinem der hier dargelegten Fälle wurden Tatverdächtige bei Tatfeststellung mit der deut­schen und einer weiteren Staatsbürgerschaft (Doppelstaatler) erfasst.

 

MMD18-6320

Beteiligte:
Markus Wagner