Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW im Jahre 2022

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1039
des Abgeordneten Markus Wagner vom 10.01.2023

Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW im Jahre 2022

Die Rheinische Post berichtete am 9. Januar 2022, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung plane, anti-islamische Straftaten künftig besser erfassen zu wollen. So sollen neben der Meldestelle „Antisemitismus“, die dieses Jahr ihre Arbeit aufnimmt, neue Meldestellen unter anderem für „anti-muslimischen Rassismus“ aufgebaut werden.1

Ziel dieser Anfrage ist es, ein genaueres Lagebild über die Gefährdung von Muslimen und islamischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW im Jahre 2022? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)
  2. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW im Jahre 2022? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)
  3. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen.)
  4. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)
  5. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. h t t p s : / / r p – o n l i ne . d e /n r w / p a norama/nrw-plant-meldestelle-fuer-islamfeindliche-straftaten_aid-65165187.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1039 mit Schreiben vom 7. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten.
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen aus­wärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Hal­tung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorur­teilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religi­onszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten kön­nen sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftli­chen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) o­der sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2022 ist noch nicht abge­schlossen und die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen mit Stand 12. Januar 2023 sind als vorläufige Zahlen zu betrachten.

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW im Jahre 2022? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)

Für das Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang sechs Straftaten gegen muslimische Einrichtungen erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) zu entnehmen.

  1. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW im Jahre 2022? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln.)

Für das Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 81 islamfeindliche Straftaten gegen Personen oder Personengruppen erfasst. Eine Differenzierung zwischen Personen und Per­sonengruppen auf der Basis des KPMD-PMK wäre nur nach einer händischen Auswertung aller Einzelmeldungen möglich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ob diese Personen oder Personengruppen tatsäch­lich dem muslimischen Glauben angehören, ist nicht auswertbar.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen.)

Straftaten der politisch motivierten Kriminalität werden Phänomenbereichen zugeordnet, wenn in Würdigung der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer entsprechenden Orientierung zuzurechnen sind. An­hand der Zuordnung des Phänomenbereichs lassen sich somit im Wesentlichen die ideologi­schen Hintergründe und Ursachen einer Straftat abbilden.

Ich bitte, die Zuordnung der Phänomenbereiche den Anlagen 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) und 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürger­schaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln.)

Im Jahr 2022 wurden bislang sieben Tatverdächtige mit nicht deutscher Staatangehörigkeit erfasst.

Folgende Staatsbürgerschaften wurden erfasst: italienisch, irakisch, kroatisch (2), polnisch (2), spanisch.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüs­seln.)

Im Jahr 2022 wurden bislang zwei Tatverdächtige bei Tatfeststellung mit der deutschen und einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelt es sich um eine Person mit deut­scher und polnischer Staatsangehörigkeit und um eine Person mit deutscher und philippini­scher Staatsangehörigkeit.

 

Antwort samt Anlage als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner