Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 171
des Abgeordneten Markus Wagner vom 19.07.2022

 

Attacken auf Muslime und islamische Einrichtungen in NRW

Die Rheinische Post berichtete am 9. Januar 2022, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung plane, anti-islamische Straftaten künftig besser erfassen zu wollen. So sollen neben der Meldestelle „Antisemitismus“, die dieses Jahr ihre Arbeit aufnimmt, neue Meldestellen unter anderem für „anti-muslimischen Rassismus“ aufgebaut werden.1

Ziel dieser Anfrage ist es, ein genaueres Lagebild über die Gefährdung von Muslimen und islamischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020 bis heute? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  2. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  3. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch, etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen)
  4. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)
  5. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https://rp-online.de/nrw/panorama/nrw-plant-meldestelle-fuer-islamfeindliche-straftaten_aid-65165187.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 171 mit Schreiben vom 12. August 2022 im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Die Erhebung der Fallzahlen für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

  1. Wie viele Angriffe auf islamische Einrichtungen gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020 bis heute? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)

Seit dem 01.01.2020 wurden mit Stand 28.07.2022 in Nordrhein-Westfalen bislang 55 Straftaten gegen muslimische Einrichtungen erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) zu entnehmen.

  1. Wie viele Angriffe auf Muslime gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)

Im gleichen oben genannten Zeitraum wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 221 islamfeindliche Straftaten gegen Personen oder Personengruppen erfasst. Eine Differenzierung zwischen Personen und Personengruppen auf der Basis des KPMD-PMK wäre nur nach einer händischen Auswertung aller Einzelmeldungen möglich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Ob diese Personen oder Personengruppen tatsächlich dem muslimischen Glauben angehören, ist nicht auswertbar.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch, etc.)? (Bitte die
    Straftatbestände den Motiven zuordnen)

Straftaten der politisch motivierten Kriminalität werden Phänomenbereichen zugeordnet, wenn in Würdigung der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung einer entsprechenden Orientierung zuzurechnen sind. Anhand der Zuordnung des Phänomenbereichs lassen sich somit im Wesentlichen die ideologischen Hintergründe und Ursachen einer Straftat abbilden.

Ich bitte die Zuordnung der Phänomenbereiche den Anlagen 1 (Straftaten gegen muslimische Einrichtungen) und 2 (Straftaten gegen Angehörige der muslimischen Religion) zu entnehmen.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Im Jahr 2020 wurden acht, im Jahr 2021 fünf und im Jahr 2022 bislang ein Tatverdächtiger nicht deutscher Staatangehörigkeit erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich folgender Tabelle zu entnehmen:

Tatjahr Tatverdächtige     ohne deutsche Staatsbürgerschaft Staatsbürgerschaft der ermittelten Tatverdächtigen      ohne deutsche Staatsbürgerschaft
2020 8 1x bosnisch- herzegowinisch

1x ägyptisch,

1x guineisch,

3x polnisch,

2x afghanisch

2021 5 1x niederländisch/österreichisch,

1x niederländisch,

1x ägyptisch

1x libanesisch

1x türkisch

2022 1 1x kroatisch

 

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Im Jahr 2020 wurde kein Tatverdächtiger bei Tatfeststellung mit einer deutschen und einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst.

Im Jahr 2021 wurde ein Tatverdächtiger bei Tatfeststellung mit der deutschen und einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelte es sich um eine Person mit deutscher und marokkanischer Staatsangehörigkeit.

Im Jahr 2022 wurde bislang ebenfalls ein Tatverdächtiger bei Tatfeststellung mit der deutschen und einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelte es sich um eine Person mit deutscher und philippinischer Staatsangehörigkeit.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner