Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: der Japanische Staudenknöterich

Kleine Anfrage
vom 03.05.2024

Kleine Anfrage 3787

der Abgeordneten Zacharias Schalley, Andreas Keith und Klaus Esser AfD

Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: der Japanische Staudenknöterich

Der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica) ist ein invasiver Neophyt, der seit 1825 als Zier- und Futterpflanze in Europa eingesetzt wurde. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts verwilderte der Staudenknöterich in Deutschland und breitete sich besonders entlang von Fließgewässern aus, bei denen die Vegetation durch anthropogene Störungen aufgelichtet war.

Der stärkste Ausbreitungsschub konnte seit dem 20. Jahrhundert infolge von Uferbefestigungsmaßnahmen beobachtet werden. Bei Ausbau- und Reparaturarbeiten an Uferböschungen von Fließgewässern werden austriebsfähige Rhizome verschleppt und eingebracht, die schon nach wenigen Tagen austreiben. Hierbei fördern Steinsatzverbaute Ufer die ungewollte Ansiedlung.

Durch Hochwasser werden Pflanzenteile abgerissen und im Überschwemmungsgebiet verbreitet, sodass durch die starke vegetative Vermehrung die autochthone Vegetation verdrängt wird. Aber auch anthropogene Standorte wie Bahndämme, Kohlehalden oder Industriebrachen wurden von der bis über 4 m hohen Staude bevorzugt besiedelt, wenngleich die lehmigen Auenböden mit ihrer Grundwassernähe und Nährstoffreichtum das Wachstum besonders fördern.1

In Nordrhein-Westfalen breiten sich die Staudenknöteriche zunehmend aus, sodass sich die Probleme der Verkehrssicherheit im Straßenbereich, die massive Ausbreitung im Natur- und Landschaftsschutz und die Ufererosionen im Gewässerbereich häufen.2 Durch Fallopia japonica können Schäden an Gebäuden, Straßen, Parkplätzen, Gleisanlagen, Mauern und Uferbefestigungen entstehen, indem Rhizome in Mauerritzen oder Asphalt eindringen und sie durch Dickenwachstum sprengen.3 Die Rhizome des Staudenknöterichs unterwandern meterweit benachbarte Pflanzenbestände, bis sie die oberirdischen Sprossen ausbilden. Somit kann die Problempflanze in fast alle Stauden- und Ruderalfluren eindringen und Dominanzbestände bilden, sodass in geschlossenen Beständen wegen der hohen Wurzel-und Lichtkonkurrenz wenige bis keine anderen Pflanzenarten zu finden sind und die einheimische Flora verdrängt wird.

Zudem wird die Massenausbreitung durch das Fehlen von Schädlingen sowie durch einen geringen Befall mit Pathogenen gefördert. Fallopia japonica verändert betroffene Ökosysteme in ihrer Struktur und ihrem Arteninventar vollkommen, indem Nahrungspflanzen von spezialisierten Tierarten verdrängt werden.

Zusätzlich stellen die Fallopia-Bestände bei Hochwasserereignissen ein wasserbauliches Problem dar, weil unter dem dichten Blätterdach keine bodenfestigende Krautschicht wachsen kann und dadurch eine erhöhte Erosionsanfälligkeit resultiert.4 Die Dominanzbestände an Fließgewässern können deren Abflussverhalten verändern und den Abfluss bei Hochwasser verlangsamen.5 Die synanthrope Arealerweiterung kann behindert werden, indem einheimische Uferbegleitgehölze wie Rohrglanzgras, Schilf, Pestwurz-Arten und Schwarzerle ausreichend an beiden Ufern gepflanzt werden. 6

Durch Hochwasser entstandene Uferschäden sollten durch Einbau knöterichfreien Aushubs ausgebessert werden, die durch Abdeckung mit Jutegewebe und durch dichten Besatz von Weiden-Stecklingen versehen werden. Die Behandlung rhizomhaltigen Aushubmaterials sollte durch Kompostierung mit Frischkompost (1:1) erfolgen.7 Damit eine weitere Ausbreitung unterbunden wird, dürfen Pflanzenteile nicht mit dem Gartenmüll oder durch Verbringung befallener Erde verschleppt werden. Staudenknöterich-Bestände an Straßenrändern dürfen nicht gemulcht werden, da die entstehenden Sprossfragmente mit der Winddrift und im Reifenprofil verschleppt werden.8

Eine andere effektive Maßnahme ist die dreischürige Mahd, mit der der Japanische Staudenknöterich soweit geschwächt wird, dass er die Gesellschaft anderer Hochstauden zulässt, sodass sich durch mehrere Jahre anhaltende Mahd aus Dominanzbeständen des Japan-Knöterichs wieder artenreiche Flächen entwickeln. Inwieweit mechanische Bekämpfungsmethoden wie das Schlegeln zum Erfolg führen, ist von der unterirdischen Biomasse und der Größe der Speicherorgane abhängig.

Zu einer vollständigen Verdrängung von Fallopia japonica führte die Beweidung durch Galloway-Rinder, Heidschnucken und Ziegen, die die jungen Blätter der Problempflanze gerne fressen. Die Schafbeweidung bei großen Grünlandflächen an naturfernen Uferabschnitten wird als effektivste und kostengünstigste Kontrollmaßnahme angesehen. Während andere Maßnahmen erfolglos bleiben und Totalherbizide vegetationslose Flächen hinterlassen, ist die Kombination des Herbizids mit Mahd erfolgreich, sodass nach dreijähriger Wiederholung von Mahd und Giftinjektion (1:1 mit Wasser) der Staudenknöterich erfolgreich bekämpft wurde.9 Die Zulassungen von systemisch wirkenden Pflanzenschutzmitteln zur Bekämpfung des Staudenknöterichs sind ausgelaufen, nur in besonderen Ausnahmefällen mit Sondergenehmigungsverfahren kommt die chemische Bekämpfung in Frage.10

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

  1. Welche Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Japanischen Staudenknöterich unternimmt die Landesregierung? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahme und Jahr)
  2. Wie hat sich der Bestand des Japanischen Staudenknöterichs seit 2008 entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Landkreis und Jahr)
  3. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Ausbreitung des japanischen Staudenknöterichs auf die Verkehrsinfrastruktur ?
  4. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Ausbreitung des japanischen Staudenknöterichs auf den Hochwasserschutz?
  5. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Ausbreitung des japanischen Staudenknöterichs in Folge vergangener Hochwasser- und Starkregenereignisse?

Zacharias Schalley

Andreas Keith
Klaus Esser

 

MMD18-9112

 

1https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an30004boehmer_et_al_2006_japanischer_sta udenknoeterich.pdf

2https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/pflanzenschutz/genehmigungen/staudenknoete rich.htm

3 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3500/invasivitaet

4 https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an30004boehmer_et_al_2006_japanischer_sta udenknoeterich.pdf

5 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3500/invasivitaet 6https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an30004boehmer_et_al_2006_japanischer_sta udenknoeterich.pdf 7https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an30004boehmer_et_al_2006_japanischer_sta udenknoeterich.pdf

8 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3500/massnahmen 9https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an30004boehmer_et_al_2006_japanischer_sta udenknoeterich.pdf 10https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/pflanzenschutz/genehmigungen/staudenknoet erich.htm


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3787 mit Schreiben vom 6. Juni 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Welche Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Japanischen Staudenknöterich un­ternimmt die Landesregierung? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahme und Jahr)

Die Bekämpfungsmaßnahmen in Schutzgebieten erfolgen im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmenkonzepten in Flora-Fauna-Habitat- und Naturschutzgebieten. Der Japanische Staudenknöterich fällt nicht unter das europäische Rechtsregime der VO (EU) 1143/2014. Über die durchgeführten Maßnahmen gegen den Japanischen Staudenknöterich liegen uns deshalb keine landesweiten Informationen vor.

  1. Wie hat sich der Bestand des Japanischen Staudenknöterichs seit 2008 entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Landkreis und Jahr)

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zur Bestandsentwicklung vor.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Ausbreitung des japani­schen Staudenknöterichs auf die Verkehrsinfrastruktur ?

Negative Auswirkungen in der Zuständigkeit des Landesbetriebs Straßen.NRW sind nicht be­kannt.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der Ausbreitung des japani­schen Staudenknöterichs auf den Hochwasserschutz?

Der Landesregierung liegen keine Informationen zu konkreten Schäden an Hochwasser-schutzanlagen in Nordrhein-Westfalen vor.

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Ausbreitung des japani­schen Staudenknöterichs in Folge vergangener Hochwasser- und Starkregener-eignisse?

Untersuchungen zur Ausbreitung des Japanischen Staudenknöterichs in Folge vergangener Hochwasser- und Starkregenereignisse in Nordrhein-Westfalen sind der Landesregierung nicht bekannt.

 

MMD18-9539