Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: Die Robinie

Kleine Anfrage
vom 12.04.2024

Kleine Anfrage 3639

des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: Die Robinie

Die Robinie (Robinia pseudoacacia), ist ein invasiver Neophyt und stammt aus dem Südosten Nordamerikas, wo sie eine Pionierbaumart ist.

Anfang des 17. Jahrhunderts wurde die Baumart nach Europa eingeführt und 1824 wurde erstmals in Brandenburg ein Robinien-Vorkommen außerhalb einer Anpflanzung nachgewiesen.1

Die Robinie ist heute eine der weltweit am häufigsten angebauten Baumarten und in Deutschland eine der häufigsten fremdländischen Holzarten, da sich ihr hartes, aber elastisches Holz am besten für Pfähle, Pfosten oder Masten eignet.

Die Art wird in Deutschland aufgrund des Holzes angebaut, doch liegt die größere Relevanz in der Verwendung als Pioniergehölz für die Erstbesiedlung nährstoffarmer Standorte, wo die Art als Bodenverbesserer den Anbau anderer Gehölze vorbereitet. Durch ihr ausgedehntes Wurzelsystem dient sie als Befestigung von Halden, Böschungen und erosionsgefährdeten Hängen.

Die Robinie wird in Städten gerne als Straßen- oder Alleebaum gepflanzt, weil sie resistent gegenüber Industrieabgasen und Streusalz ist. Außerdem kommt ihr Bedeutung als Bienenweide zu.2

Wegen der starken vegetativen Ausbreitung wandern Robinien von bereits etablierten Beständen in angrenzende Lebensräume ein und breiten sich in ihnen aus.

Durch die Zersetzung des Robinienlaubes wird Stickstoff im Boden angereichert, und dadurch etabliert sich eine Stickstoff liebende Begleitflora, sodass konkurrenzschwache Arten verdrängt werden.

Robinien hemmen durch allelopathische Stoffe, die aus den Wurzeln abgegeben werden, den Wuchs konkurrierender Arten.

Das Eindringen der Robinie in magere bzw. ertragsschwache Offenlandgesellschaften wie Magerrasen oder Weinbergsbrachen kann somit sehr schnell zu drastischen negativen Vegetationsveränderungen führen, wobei auch in Wäldern und Gebüschen trockenwarmer Standorte ähnliche Beobachtungen gemacht werden.

Für den Menschen sind alle Teile der Pflanze giftig, wobei besonders Borke und Früchte eine große Giftigkeit aufweisen. Allerdings wird die Giftigkeit unterschiedlich eingeschätzt und unterliegt jahreszeitlichen sowie standörtlichen Schwankungen.

Als gesundheitlich gefährlich gelten vor allem die Samen, die giftige Lectine enthalten. Schon eine kleine Menge kann Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen, Schwindel, Müdigkeit, Temperaturanstieg und Sehstörungen hervorrufen.

Für Nutztiere ist die Baumart teilweise giftig. Bei Pferden ist es schon mehrfach zu Todesfällen gekommen, wenn sie an der Rinde nagen, während Hasen, Kaninchen und Ziegen keinen Schaden davontragen.3

Durch die nordamerikanische Herkunft ist die Robinie an ein feuchtes Klima mit heißen Sommern und milden Wintern angepasst. Wegen ihres tiefgreifenden und oberflächig weitstreichenden Wurzelsystems kann sie gut an sehr trockenen Standorten gedeihen und Trockenperioden überstehen.

In Nordrhein-Westfalen ist der Neophyt als Zierbaum weit verbreitet und in allen Großlandschaften eingebürgert, wobei die Schwerpunkte im Flachland und besonders in den wärmebegünstigten Ballungsräumen an Rhein und Ruhr liegt, wo die Art schon lange Bedeutung bei Haldenbegrünungen hat. Auf Industrie- und Bahnbrachen entstehen langlebige Dominanzbestände der Robinie.

In Nordrhein-Westfalen wurde die Baumart vermutlich nur in geringem Ausmaß als Vorwaldart gepflanzt.

In jüngerer Zeit wird der Anbau von Robinien als Energieholz auch in Nordrhein-Westfalen diskutiert und die Eignung auf Versuchsflächen in Kurzumtriebsplantagen getestet, wobei sich die Robinie Einschätzungen zufolge neben bestimmten Weiden- und Pappelarten als gut geeignet herausstellen dürfte. Dementsprechend ist zu erwarten, dass ihr Anbau in Zukunft landesweit eine bedeutendere Rolle spielen wird.4

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Wie viele Robinien wurden insgesamt in den letzten fünf Jahren als Neuanpflanzungen auf landeseigenen Flächen ausgebracht?
  2. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um eine Etablierung der Robinie in angrenzenden Lebensräumen und damit einhergehende negative Vegetationsveränderungen auszuschließen?
  3. Wie viele Vergiftungsfälle oder Symptome einer Vergiftung gab es bei den Menschen und Nutztieren durch die Robinie seit 2008 in Nordrhein-Westfalen?
  4. Inwieweit wird die wirtschaftliche Nutzung in Kurztriebplantagen von der Landesregierung gefördert und vorangetrieben?
  5. Inwieweit wird von der Landesregierung im Hinblick auf Neupflanzungen standortbezogen geprüft, wie hoch das Risiko für umliegende naturnahe Flächen im Einzelfall ist?

Zacharias Schalley

 

MMD18-8817

 

1 https://www.lwf.bayern.de/biodiversitaet/biologische-vielfalt/265020/index.php

2 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3527/kurzbeschreibung

3 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3527/invasivitaet

4 https://neobiota.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/3527/kurzbeschreibung


Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3639 mit Schreiben vom 29. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minis­ter für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

  1. Wie viele Robinien wurden insgesamt in den letzten fünf Jahren als Neuanpflan­zungen auf landeseigenen Flächen ausgebracht?

Keine.

  1. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um eine Etablierung der Robinie in angrenzenden Lebensräumen und damit einhergehende negative Ve­getationsveränderungen auszuschließen?

Der Landesregierung sind keine negativen Vegetationsveränderungen in angrenzenden Le­bensräumen von landeseignen Waldflächen bekannt, weswegen keine spezifischen Maßnah­men erforderlich sind.

  1. Wie viele Vergiftungsfälle oder Symptome einer Vergiftung gab es bei den Men­schen und Nutztieren durch die Robinie seit 2008 in Nordrhein-Westfalen?

Im Zeitraum seit 1. Januar 2008 wurde die Informationszentrale gegen Vergiftungen des Lan­des Nordrhein-Westfalen (am Universitätsklinikum Bonn) in 165 menschlichen Vergiftungsfäl­len und in 16 Vergiftungsfällen bei Tieren zur Beratung telefonisch kontaktiert. Weitere Vergif­tungsfälle bei Menschen und Tieren sind der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Landes Nordrhein-Westfalen nicht bekannt. 38 Prozent der menschlichen Vergiftungsfälle zeigten leichte Beschwerden. Ein siebenjähriges Kind hatte eine generalisierte allergische Re­aktion nach Hautkontakt. Zwei Nutztiere verstarben im Zusammenhang mit dem Fressen un­bekannter Mengen von Bestandteilen der Robinie.

  1. Inwieweit wird die wirtschaftliche Nutzung in Kurztriebplantagen von der Landes­regierung gefördert und vorangetrieben?

Davon ausgehend, dass der Fragesteller Kurzumtriebsplantagen meint, ist zu bemerken, dass die wirtschaftliche Nutzung von Robinien in Kurzumtriebsplantagen von der Landesregierung weder gefördert noch vorangetrieben wird.

  1. Inwieweit wird von der Landesregierung im Hinblick auf Neupflanzungen stand­ortbezogen geprüft, wie hoch das Risiko für umliegende naturnahe Flächen im Einzelfall ist?

Da die Robinie nicht auf landeseigenen Waldflächen gepflanzt wurde, ist eine Prüfung bisher nicht erforderlich (siehe Antwort zu Frage 1).

 

MMD18-9122