Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: Die schmalblättrige Wasserpest

Kleine Anfrage
vom 12.04.2024

Kleine Anfrage 3640

des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Ausbreitung und Bekämpfung invasiver Neophyten: Die schmalblättrige Wasserpest

Die schmalblättrige Wasserpest (Elodea nuttallii) ist ein invasiver Neophyt und stammt aus Südostkanada und den USA. Die Wasserpflanze hat mittlerweile eine fast weltweite Verbreitung erreicht und im Zuge der Ausbreitung die einheimische Vegetation vielerorts stark zurückgedrängt.

Elodea nuttallii ist eine sehr schnell wachsende Art und kann innerhalb von wenigen Jahren dichte Bestände ausbilden. Die Pflanze besiedelt sowohl fließende als auch stehende Gewässer und ist in der Lage, aus dem Wasser wie auch aus dem Sediment die benötigten Nährstoffe aufzunehmen. Die Art ist winterhart und kann sogar unter einer geschlossenen Eisdecke überdauern, sodass sie im Frühjahr aus alten Pflanzenbruchstücken wieder austreibt.

In Nordrhein-Westfalen ist die invasive Art in allen Gewässertypen sowie in allen Landesteilen anzutreffen. Im Gegensatz zur verwandten neophytischen Art Elodea canadensis scheint Elodea nuttallii anspruchsloser bezüglich der Wasserqualität zu sein. Unter geringeren Nährstoffverfügbarkeiten wächst Elodea nuttallii deutlich besser als Elodea canadensis, sodass die schmalblättrige Wasserpest an vielen Stellen anzutreffen ist.1

Elodea nuttallii ist eine der expansivsten Wasserpflanzenarten weltweit. Die Auswirkungen der anhaltenden Ausbreitung auf die heimische Wasserpflanzenvegetation werden kontrovers diskutiert. In den Ruhrstauseen wurde die Ausbreitung von Elodea nuttallii untersucht und es konnte kein negativer Effekt auf die Diversität heimischer Wasserpflanzenarten nachgewiesen werden. Auch aus anderen Regionen konnten keine vollständigen Verdrängungen einheimischer Arten belegt werden, wenngleich ein Rückgang der ebenfalls neophytischen und nahverwandten Kanadischen Wasserpest Elodea canadensis mit der Ausbreitung von Nuttalls Wasserpest beobachtet wird. Das starke Wachstum von Elodea nuttallii führt in einigen Gewässern zu Einschränkungen bei der Freizeitnutzung. So können in den Ruhrstauseen oder auch in Baggerseen die sehr dichten Bestände zu Problemen bei der Nutzung führen.2

Elodea nuttallii zählt zu den Arten, für die nach Art. 19 der Verordnung (EU) 1143/2014 Managementmaßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung durchzuführen sind. Die erfolgreiche Bekämpfung oder Kontrolle ist nur beim Eingreifen in einem sehr frühen Stadium der Invasion sinnvoll, weil sich die Pflanzen über Stengel-Bruchstücke sehr schnell mit der fließenden Welle, mit Wassersportgeräten und über Wasservögel ausbreiten können.

Insbesondere in den wassersportlich genutzten Ruhrstauseen wird ein Management zur Dezimierung der Bestände betrieben, indem die Wasserpflanzen in den Sommermonaten mit Spezialbooten gemäht werden, um den Wassersport weiterhin zu ermöglichen.

Die Bekämpfungsmaßnahmen durch Mahd und Schleppsense zeigen allerdings nur eine kurzfristige Wirkung. Nach vier Wochen haben sich die Bestände durch das enorme Längenwachstum von Elodea nuttallii wieder regeneriert.

In anderen Gewässern erfolgt die Bekämpfung durch eine speziell angefertigte Dredge, was auch nicht zu einem nachhaltigen Erfolg führt. Eine vollständige Entfernung der Art aus einem Gewässer ist mit den bekannten mechanischen Managementmaßnahmen nicht zu erreichen.3

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über ökonomische Auswirkungen, , die aus der Verbreitung der Wasserpest resultieren, wie beispielsweise Kosten der Maßnahmenbekämpfung oder Einschränkungen bei der Freizeitnutzung der Gewässer?
  2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2019 unternommen, um das Vorkommen von Elodea nuttallii zu dezimieren, um Einschränkungen bei der Freizeitnutzungen auszuschließen? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und Höhe der finanziellen Mittel pro Maßnahme)
  3. Wie oft kam es in den letzten 5 Jahren zu Einschränkungen bei der Freizeitnutzung der Gewässer und häufen sich nach der Landesregierung die Probleme bei der Nutzung durch die Verbreitung von Elodea nuttallii?
  4. Wie wird die Invasivität der schmalblättrigen Wasserpest von der Landesregierung naturschutzfachlich bewertet und wie hat sich der Bestand seit 2008 entwickelt?
  5. Wie wird von der Landesregierung sichergestellt, dass negative Auswirkungen von Elodea nuttallii auf besonders schützenswerte Arten, Lebensräume oder Gebiete minimiert werden?

Zacharias Schalley

 

MMD18-8818

 

1 https://linfos.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/147474/kurzbeschreibung

2 https://linfos.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/147474/invasivitaet

3 https://linfos.naturschutzinformationen.nrw.de/neobiota/de/arten/pflanzen/147474/massnahmen 2


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3640 mit Schreiben vom 23. Mai 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über ökonomische Auswirkungen, die aus der Verbreitung der Wasserpest resultieren, wie beispielsweise Kosten der Maßnahmenbekämpfung oder Einschränkungen bei der Freizeitnutzung der Ge­wässer?
  2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2019 unternommen, um das Vor­kommen von Elodea nuttallii zu dezimieren, um Einschränkungen bei der Freizeit­nutzungen auszuschließen? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und Höhe der finan­ziellen Mittel pro Maßnahme)
  3. Wie oft kam es in den letzten 5 Jahren zu Einschränkungen bei der Freizeitnutzung der Gewässer und häufen sich nach der Landesregierung die Probleme bei der Nutzung durch die Verbreitung von Elodea nuttallii?

Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet.

Es handelt sich hier um praktische Fragen der Gewässerunterhaltung. Für die ganz überwie­gende Zahl der Gewässer in Nordrhein-Westfalen ist das Land nicht für die Unterhaltung zu­ständig (§§ 62, 63 des Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen). Es bestehen auch keine Statistik- oder Berichtspflichten zur Erhebung der gewünschten Daten.

Die Unterhaltungspflicht obliegt dem Land Nordrhein-Westfalen lediglich für Gewässer erster Ordnung (gem. Anlage 1 zu § 2 Absatz 1 Landeswassergesetz Strecken der Ems, Lippe, Sieg und Ruhr). Der Ruhrverband hat im Forschungsvorhaben „ELODEA“ zum Thema Massenent­wicklungen von Makrophyten die Ausbreitung und besonders die Bekämpfung von Elodea nuttallii untersucht. Das Vorhaben wurde durch das Land Nordrhein-Westfalen geför­dert, der Abschlussbericht ist öffentlich zugänglich4.

  1. Wie wird die Invasivität der schmalblättrigen Wasserpest von der Landesregie­rung naturschutzfachlich bewertet und wie hat sich der Bestand seit 2008 entwickelt?

Elodea nuttallii zählt zu den expansivsten Wasserpflanzenarten weltweit. In Nordrhein-West­falen hat sich die Art häufig in vormals durch Wasserverschmutzung botanisch verödeten Ge­wässern als erstbesiedelnder Makrophyt eingestellt und damit für Strukturierung und Lebens­raum für zahlreiche Wasserorganismen gesorgt, was als ökologische Bereicherung zu bewer­ten ist. In den Ruhrstauseen, wo die Ausbreitung und Biologie von Elodea nuttallii vom Ruhr­verband eingehend untersucht wurde, konnte kein negativer Effekt auf die Diversität heimi­scher Wasserpflanzenarten nachgewiesen werden. In Nordrhein-Westfalen sind keine Gefähr­dungen einheimischer Arten durch die Schmalblättrige Wasserpest beschrieben worden, le­diglich der Rückgang der ebenfalls invasiven und nahverwandten Kanadischen Wasserpest (Elodea canadensis) wird mitunter mit der Ausbreitung der Schmalblättrigen Wasserpest begründet.

  1. Wie wird von der Landesregierung sichergestellt, dass negative Auswirkungen von Elodea nuttallii auf besonders schützenswerte Arten, Lebensräume oder Ge­biete minimiert werden?

In Nordrhein-Westfalen gibt es nach hiesigem Kenntnisstand keine vom Naturschutz veran­lassten Bekämpfungs-, Kontroll- oder Eindämmungsmaßnahmen der Schmalblättrigen Was­serpest.

 

MMD18-9324