Auslagerung von Schulklassen der Gemeinschaftsgrundschule Waisenhausstraße in Mönchengladbach – wie stellt die Landesregierung sicher, dass Schulstandorte nicht dauerhaft überlastet werden?

Kleine Anfrage
vom 18.07.2023

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage 1986

Über 100 neue Schüler sollen nach den Sommerferien an der Gemeinschaftsgrundschule Waisenhausstraße aufgenommen werden. Dafür werden fünf Eingangsklassen gebildet. Mit wei­teren Zuzügen von Familien mit schulpflichtigen Kindern wird gerechnet. Das sprengt die räumlichen Kapazitäten im Schulgebäude. Deshalb sollen mehrere Schulklassen der gegen­wärtigen Jahrgangsstufe 2 ausgelagert werden. Ein altes Gebäude in der Wilhelm-Strauß-Straße soll deshalb eine Außenstelle der GGS Waisenhausstraße werden.1

Das sanierungsbedürftige Ausweichgebäude entspricht aus verschiedenen Gründen nicht den Ansprüchen einer Grundschule. Es fehlen u.a. Spielgeräte auf dem Hof. Eltern, die Schüler verschiedener Jahrgangsstufen an der GGS Waisenhausstraße haben, müssten ihre Kinder fortan an unterschiedliche Standorte bringen. Auch OGS-Kinder müssten zwischen zwei Standorten pendeln. Zwar finden bis zu Beginn des kommenden Schuljahres Sanierungsar­beiten statt. Doch auch aus pädagogischen Gründen ist die dauerhafte Separierung eines ganzen Grundschuljahrganges vom bisher kennengelernten Schulstandort sowie sämtlichen schulischen Kontexten wie z.B. jahrgangsübergreifenden Freundschaften problematisch.

Mittlerweile regt sich deutlicher Protest in der Elternschaft. Die GGS Waisenhausstraße liegt in einem sozialen Brennpunkt. 92 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund.

Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1986 mit Schreiben vom 12. Juli 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Vorgehensweise der dauerhaften Auslage­rung eines Schuljahrganges an der GGS Waisenhausstraße in Mönchengladbach aus organisatorischer bzw. aus schulpädagogischer Sicht?

Es handelt sich nicht um eine „dauerhafte Auslagerung“, sondern um die befristete Schaffung eines erweiterten Angebots für die Aufnahme von neu einzuschulenden Schülerinnen und Schülern an der Gemeinschaftsgrundschule Waisenhausstraße in Mönchengladbach, die den Gegebenheiten vor Ort Rechnung trägt.

  1. Sind der Landesregierung weitere Fälle an Schulen in Nordrhein-Westfalen be­kannt, in denen komplette Jahrgänge aufgrund steigender Schülerzahlen an Aus­weichorte ausgelagert werden mussten bzw. müssen?

Die Landesregierung führt keine Statistik zu diesem Thema.

  1. Inwiefern unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen neben dem Schulsanie-rungsprogramm des Bundes betroffene kommunale Schulträger bei der Findung und der Ertüchtigung von Schulersatzstandorten bzw. bei der Errichtung neuer Ersatzschulstandorte?

Die 429 Kommunen in Nordrhein-Westfalen und damit die kommunalen Schulträger erhalten aus dem jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) eine Schul- und Bildungspauschale. Die Mittel können für den Neu-, Um- und Erweiterungsbau, den Erwerb, die Modernisierung und für raumbildende Ausbauten sowie für die Einrichtung und Ausstattung von Schulen und kommunalen Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden. Mit den Mitteln der Schul- und Bil­dungspauschale können darüber hinaus Instandsetzungen von Schulgebäuden sowie Mieten und Leasingraten für Schulen finanziert werden.

Im Zeitraum von 2019 bis 2023 stieg das Volumen der Schul- und Bildungspauschale von knapp 660 Millionen Euro auf rund 810 Millionen Euro. Damit ist sich die Landesregierung ihrer Verantwortung gegenüber den kommunalen Schulträgern bewusst.

Über die Verwendung der Mittel entscheiden die Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung jedoch eigenständig.

  1. Plant die Landesregierung, künftig ihre selbsterklärte Datenlosigkeit in Bezug auf kommunale Schulstandorte, die auf Ausweichschulen und Ersatzschulstandorte angewiesen sind, durch ein entsprechendes Monitoring zu beheben (vgl. Antwort auf Kleine Anfrage 1580, Drucksache 18/3745)?

Nein.

  1. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass ein deutliches, mitunter zuwande­rungsbedingtes Mehraufkommen von zu beschulenden Kindern und Jugendlichen Schulstandorte in Nordrhein-Westfalen nicht dauerhaft überfordert und sich die Lasten nicht auf wenige, oftmals sozioökonomisch bereits benachteiligte Stand­orte konzentrieren?

Die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen an Schulen erfolgt nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Al­ter, sexueller Identität, einer Behinderung oder sonstigen Attributen. Dabei ist die Teilhabe und Integration von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern Aufgabe aller Schulformen, aller Schulen, Schulträger und jeweils der gesamten Schule unter Einbezug außerschulischer Partner.

Der Schulträger legt die Anzahl der Parallelklassen pro Jahrgang an den einzelnen Schulen fest. Für Grundschulen gilt nach § 46 Absatz 3 Schulgesetz NRW, dass jedes Kind einen An­spruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität hat, soweit der Schulträger keinen Schuleinzugsbereich gebildet hat. Der Schulträger legt un­ter Beachtung der Höchstgrenze für die zu bildenden Eingangsklassen an Grundschulen nach der Verordnung gemäß § 93 Absatz 2 Nummer 3 die Zahl und die Verteilung der Eingangs­klassen auf die Schulen und Teilstandorte fest. Er kann die Zahl der in die Eingangsklassen aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler einer Grundschule oder mehrerer Grundschulen begrenzen, wenn dies für eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb einer Gemeinde erfor­derlich ist oder besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten berücksichtigt wer­den sollen. Die Vorschriften zu den Klassengrößen bleiben unberührt.

 

Antwort als PDF

 

1 Vgl. u.a.: https://rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/moenchengladbach-aerger-an-der-schule-waisenhausstrasse_aid-85499509 und https://rp-online.de/nrw/staedte/moenchenglad-bach/moenchengladbach-streit-und-rassismus-vorwurf-um-grundschule-waisenhausstrasse-umzug-in-dependance-wilhelm-strauss-strasse_aid-89654981.

Beteiligte:
Carlo Clemens