Ausnahmezustand in NRW als Folge der Coronavirus-Pandemie – Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Migranten aus Griechenland ist sofort einzustellen

Antrag
vom 21.04.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 21.04.2020

 

Ausnahmezustand in NRW als Folge der Coronavirus-Pandemie – Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Migranten aus Griechenland ist sofort einzustellen

I. Ausgangslage

Auf Druck von grünen und linken Parteien, mit Unterstützung der geneigten Presse und NGOs wie Lifeline oder dem Bündnis Seebrücke, die versuchen, mit besonderer Moral zu glänzen, haben sich am 08.03.2020 die Spitzen der schwarz-roten Koalition in Berlin auf eine Beteiligung an der Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Kindern von den griechischen Inseln geeinigt. Die deutsche Regierung       hat bei dieser Gelegenheit zugesichert, insgesamt 350 bis 500 Flüchtlingskinder aufzunehmen. Im Beschluss heißt es:

„Es handelt sich dabei um Kinder, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt sind. Die meisten davon sind Mädchen.“1

Insgesamt hatten sich 8 Länder zur Aufnahme von 1600 Kindern bereit erklärt. Vorausgegangen war dieser Entscheidung die Ablehnung mehrere Anträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke am 04.03.2020 im Deutschen Bundestag. Dabei ging es u.a. um ein gefordertes deutsches Kontingent in Höhe von 5.000 Personen. Ein ähnlicher Antrag wurde wenige Tage später auch im Landtag NRW mit breiter Mehrheit abgelehnt. Integrationsminister Dr. Joachim Stamp grenzte die Gruppe des Schutzbedürftigen in seiner Plenarrede vom 11.03.2020 noch deutlich ein:

„Daher wollen wir kranke Kinder mit ihrer Kernfamilie evakuieren. […] Wir werden nicht pauschal alle unbegleiteten Minderjährigen nehmen, weil nämlich in diesen Einrichtungen die Gruppe der 16- und 17-jähringen Jungen, die körperlich und mental mit am stärksten sind, nicht diejenige ist, die vorrangig evakuiert werden muss. Es muss jetzt darum gehen, dass wir die kranken Kinder herausholen, damit sie keine bleibenden Schäden davontragen. Das steht jetzt im Fokus. […] Es geht darum, ob es die tatsächlich Betroffenen sind, diejenigen, die als Kinder wirklich Gefahr laufen, bleibende Schäden davonzutragen oder die schwer erkrankt sind.“2

Auch im Entschließungsantrag von CDU und FDP wird von „besonders schutzbedürftigen schwerkranken Kindern und ihren unmittelbaren Angehörigen sowie unbegleiteten Minderjährigen unter 14 Jahren“ gesprochen.3 Die Haltung, Mittelmeerstaaten wie in diesem Fall Griechenland mit den Herausforderungen von Wanderung und Flucht alleinzulassen, ist selbstverständlich alles andere als einem europäischen Gedanken folgend. Deshalb wurde aus unserer Sicht im Entschließungsantrag von CDU und FDP richtigerweise – als mögliche Alternative – der Einsatz des Technischen Hilfswerks (THW) oder von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), also Hilfe vor Ort, gefordert.

Wie aktuelle Bilder aus Luxemburg und Hannover belegen, hatten diese Ankündigungen eine kurze Halbwertzeit. In Luxemburg kamen 12 Jugendliche an. Dabei handelte es sich um ein Mädchen und elf Jungen – nach ungeprüften Angaben – im Alter zwischen 11 und 15 Jahren.4 In Hannover landeten am 18.04.2020 47 Kinder und Jugendliche, darunter nur 4 Mädchen. Die 47 Minderjährigen seien bis zu 17 Jahre alt.5 Die minderjährigen Migranten kamen nach ihrer Ankunft unmittelbar in zweiwöchige Quarantäne. Das auch in Teilen der Presse suggerierte Bild von kleinen, hilfsbedürftigen Mädchen hat sich als Täuschung herausgestellt. Zu 90 % soll es sich bei den Minderjährigen auf den griechischen Inseln um Jungen handeln. Auch bezüglich der Altersangabe sind berechtigte Zweifel angebracht, da wie schon in Deutschland auch auf den griechischen Inseln keine medizinische Altersüberprüfung stattfindet.

Mit der Entscheidung im Koalitionsausschuss fielen die Bundesregierung und die anderen EU-Staaten den Griechen erneut in den Rücken. Das Signal: „Du musst dein Kind über die Grenze schaffen, dann wirst du es irgendwann auch dahin schaffen“ wurde damit erneut ausgesendet. Der richtige Ansatz ist, wie ihn die AfD seit vielen Jahren fordert: Außengrenzen sichern und humanitären Krisen vor Ort begegnen; denn fast überall ist mit einem Euro mehr Hilfe zu leisten als hier in Deutschland.

Am 18.04.2020 berichtete die Tageszeitung „Die Welt“, dass das Land NRW seine Bereitschaft zur Aufnahme mehrerer Hundert Flüchtlinge erklärt habe. Integrationsminister Dr. Joachim Stamp sagte der Deutschen Presse-Agentur:

„Nordrhein-Westfalen ist auf die Aufnahme auch mehrerer Hundert vorbereitet und steht als Aufnahmeland für die zweite Evakuierung bereit. […] Wir müssen jetzt weitermachen, um das Elend auf den griechischen Inseln so schnell wie möglich zu beenden.“6

Ähnliche Aussagen hörte man in der Vergangenheit auch vom Bündnis Seebrücke. „Wir haben Platz“, heißt es von dieser Seite. Integrationsminister Dr. Joachim Stamp suggeriert mit seiner Aussage zum „Elend auf den griechischen Inseln“, dass die Griechen nicht willens oder in der Lage seien, die Flüchtlinge in Griechenland ordentlich zu betreuen. Das zeugt von einem starken Misstrauen gegenüber unseren engen griechischen Freunden.

Legt man die ursprüngliche Planung der Bundesregierung zu Grunde, machte der Integrationsminister Dr. Joachim Stamp hiermit für Nordrhein-Westfalen quantitative Zusagen, die den Königsteiner Schlüssel deutlich übertreffen. Was der Minister auch nicht gesagt hat, ist, dass den Kindern in der Regel die Familien folgen werden. Von Einschränkungen wie noch am 11.03.2020 ist nicht mehr die Rede.

II. Entwicklung der Lage in Nordrhein-Westfalen und Deutschland im Angesicht der Coronavirus-Pandemie

Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie haben Nordrhein-Westfalen fest im Griff. Wir können auch Ende April nicht abschätzen, welches Leid auf die eigene Bevölkerung noch zukommt. Mit Stand vom 19.04.2020 gibt es 28.471 bestätigte Infektionen und 814 Todesfälle. Das Gesundheitswesen arbeitet an der Belastungsgrenze. Viele Menschen warten seit Wochen auf eine Entspannung des Gesundheitssektors, weil nur noch dringende OPs durchgeführt werden. Wesentliche Grundrechte der Bürger sind aktuell stark eingeschränkt. Das betrifft u.a. die Versammlungsfreiheit oder die Freizügigkeit innerhalb des Bundesgebiets. Wirtschaftlich stehen viele Unternehmen, und damit viele Bürger, vor dem Ruin. Auch die Soforthilfe des Landes NRW für kleine Unternehmen konnte die Situation nur symbolisch und für kurze Zeit lindern. Es muss als Folge der Einschränkungen, deren Dauer noch nicht absehbar ist, von einer deutlichen Rezession ausgegangen werden. Auch die Verschuldung der Haushalte wird in erheblichem Maße zunehmen, Sondersteuern und Lastenausgleich werden schon diskutiert.

In dieser Situation ist es unverantwortlich, zusätzliche Verpflichtungen zu übernehmen. Unter der Voraussetzung freier Kapazitäten muss sich in dieser angespannten Lage die Unterstützung auf eine Hilfe vor Ort beschränken. Eine Symbolpolitik für das eigene gute Gewissen ist insbesondere in dieser Situation, der größten europäischen Krise seit 75 Jahren, abzulehnen.

III. Ausgesetzte Weiterleitung von Asylsuchenden in andere Bundesländer nach der Registrierung in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Bochum

Seit dem 04.12.2017 sind alle Personen, die einen Asylantrag bei einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu stellen haben, verpflichtet, sich persönlich bei der LEA in Bochum zu melden. Im Anschluss an die Registrierung, werden die Asylsuchenden nach einem bundesweit festgelegten Verteilschlüssel den Bundesländern zugeteilt (EASY-Verfahren). Diese Weiterleitung an die anderen Bundesländer ist momentan ausgesetzt. Nach erfolgter zweiwöchiger Quarantäne erfolgt derzeit ausschließlich eine Weiterleitung an die Unterbringungseinrichtungen des Landes NRW. Im Zeitraum von vier Wochen, vom 20.03.2020 bis zum 16.04.2020 meldete die Bezirksregierung Arnsberg 318 Tagesregistrierungen in der LEA Bochum – also ca. 11 Personen pro Tag.7 Woran, nach erfolgter Quarantäne, die Weiterverteilung von ca. 3 Personen pro Tag oder 20 Personen pro Woche scheitern soll, erschließt sich nicht.

IV. Der Landtag stellt fest,

1. dass Nordrhein-Westfalen sich in der größten Krise seit 75 Jahren befindet;

2. dass die Folgen der Coronavirus-Pandemie auf den Gesundheitssektor und die Wirtschaft sich noch nicht abschließend quantifizieren lassen;

3. dass in allen Sektoren aus Gründen einer erforderlichen Haushaltskonsolidierung in der Zukunft tiefe Einschnitte erforderlich sind;

4. dass eine freiwillige Aufnahme von Migranten bzw. Asylsuchenden durch Relocation-Maßnahmen das System zusätzlich belastet und

5. dass eine Weiterleitung von Asylsuchenden innerhalb Deutschlands nach erfolgter Quarantäne möglich ist.

V. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, freiwillige Relocation-Maßnahmen im Angesicht der Coronavirus-Pandemie und der sich in der Folge seit dem Koalitionsbeschluss am 08.03.2020 in Berlin immer weiter verschärfenden Ausnahmesituation auszusetzten;

2. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, die Hilfe vor Ort auf den griechischen Inseln in Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten zu intensivieren;

3. Bestrebungen diverser NGOs, u.a. des Bündnisses Seebrücke, und der kommunalen Vertreter mangels kommunaler Zuständigkeit über die Aufnahmeentscheidung von Asylsuchenden und möglichen Relocation-Maßnahmen eine deutliche Absage zu erteilen und

4. im Anschluss an die Erstregistrierung und eine zweiwöchige Quarantäne die Weiterleitung von Asylsuchenden in andere Bundesländer, wie vorgesehen, wieder aufzunehmen.

Gabriel Walger-Demolsky
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 Vgl. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-03/koalition-einigt-sich-zur-aufnahme-von-fluechtlingskindern.

2 Vgl. Plenarprotokoll 17/83.

3 Vgl. Lt.-Drs. 17/8823.

4 Vgl. https://www.tageblatt.lu/?post_type=post&p=814698.

5 Vgl. https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/fluechtlinge-49-kinder-verlassen-die-hoelle-lesbos-und-fliegen-nach-deutschland-70115550.bild.html#rem Id=1650888185508218073.

6 Vgl. https://www.welt.de/regionales/nrw/article207342197/NRW-erklaert-sich-zur-Aufnahme-Hunderter-Fluechtlinge-bereit.htm l?fbclid=IwAR1Q2GBUL5CUjZBSIz7FzLvGfcyokaoEtVcytHgtUwEYzbW7SIexvDWzfaw.

7 Vgl. https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/l/lea/2020/index.php.