Bad Salzuflen – Schüler soll von seinen Mitschülern bewusstlos geprügelt worden sein – Was weiß die Landesregierung?

Kleine Anfrage
vom 10.10.2023

Kleine Anfrage 2737

der Abgeordneten Markus Wagner und Carlo Clemens AfD

Bad Salzuflen Schüler soll von seinen Mitschülern bewusstlos geprügelt worden sein Was weiß die Landesregierung?

Am Montag, den 25. September 2023, soll ein Schüler, der die Oberstufe der Städtischen Gesamtschule

in Bad Salzuflen besucht, von fünf bis sieben Mitschülern der Unterstufe zusammengeschlagen worden sein. Über mehrere Pausen hinweg soll das Opfer von den anderen Schülern brutal attackiert worden sein.

Selbst als der Schüler bereits wehrlos und bewusstlos am Boden lag, sollen seine Peiniger weiterhin auf ihn eingeschlagen und getreten haben, wobei auch Tritte gegen den Kopf erfolgt sein sollen. Obwohl viele andere Schüler, darunter auch ältere, Zeugen des Vorfalls gewesen sein sollen, habe niemand eingegriffen oder zumindest versucht, in dieser Notsituation zu deeskalieren. Grund für die physische Attacke war wohl der Umstand, dass der ältere Schüler offen homosexuell sein soll. Dies sei auch der Grund, warum er bereits seit längerem von der Gruppe drangsaliert worden sei. Der mutmaßliche Haupttäter sei bis zu den Ferien vom Unterricht ausgeschlossen, soll aber danach wieder normal am Unterricht teilnehmen dürfen.

Das Presseportal der Polizei wie auch alle Medien haben über diesen Vorfall nicht berichtet. Allerdings wurde über einen Verkehrsunfall mit einem leicht verletzten Mototorradfahrer, der einige hundert Meter von der Schule entfernt stattfand, ausführlich berichtet.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. In welcher Form war die Städtische Gesamtschule in Bad Salzuflen pro Jahr seit 2015 Gegenstand polizeilicher Ermittlungen? (Bitte nach Jahr und Anlass der Ermittlungen aufschlüsseln.)
  3. In welcher Form wird dem Opfer Hilfe zuteil?
    Datum des Originals: 09.10.2023/Ausgegeben: 12.12.2023
  4. Wie oft kam es an den einzelnen Schulen in Bad Salzuflen 2023 zu welchen Straften? (Bitte nach Monat aufschlüsseln.)
  5. Welche Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt u. ä. sind an besagter Schule pro Jahr von 2018 bis heute durchgeführt worden?

Markus Wagner
Carlo Clemens

 

MMD18-6305


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2737 mit Schreiben vom 30. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung und dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Poli­zeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen. Sie wird nach jährlich bundesweit festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlun­gen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tather­gang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbür­gerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tat­verdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Detmold hat dem Ministerium der Justiz unter dem 24. Oktober 2023 zu dem angesprochenen Vorfall berichtet, nach Eingang der am 17. Oktober 2023 durch die Kreispolizeibehörde Lippe übersandten Strafanzeige sei ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Schülers eingeleitet worden. Die Ermittlungen richteten sich bislang gegen zwei minderjährige Tatverdächtige, die verdächtig seien, den Geschädigten geschlagen und getreten zu haben. Tathergang und Tathintergrund seien derzeit noch unklar. Die Ermittlungen dauerten an.

Von näheren Angaben zu der Staatsangehörigkeit der minderjährigen Tatverdächtigen sieht die Landesregierung im vorliegenden Fall mit Blick auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Unschuldsvermutung sowie den besonderen Schutz Minderjähriger, den Erziehungsgedanken und den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit des Jugendstrafverfahrens (zu vgl. § 48 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes) in Abwägung mit dem parlamentarischen Informationsinteresse ab. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat die Gefahr einer Identifizierbarkeit der Tatverdächtigen andernfalls erheblich erhöht wäre, zumal sich das Tatgeschehen in einer namentlich benannten Schule und somit in einem besonders engen Tatumfeld zugetragen haben soll.

  1. In welcher Form war die Städtische Gesamtschule in Bad Salzuflen pro Jahr seit 2015 Gegenstand polizeilicher Ermittlungen? (Bitte nach Jahr und Anlass der Er­mittlungen aufschlüsseln.)

Grundlage für die Auswertung ist die Adresse der Städtischen Gesamtschule Aspe in Bad Salzuflen. In der nachfolgenden Tabelle sind die zu dieser Adresse erfassten Straftaten für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2022 nach Jahren differenziert dargestellt. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 366 Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen erfasst.

Straftaten an der Städtischen Gesamtschule in Bad Salzuflen
von 2015 bis 2022:
Jahr Bekanntgewordene Fälle
2015 21
2016 19
2017 86
2018 59
2019 52
2020 46
2021 17
2022 66

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen

  1. In welcher Form wird dem Opfer Hilfe zuteil?

Eine individuelle Opferbetreuung wurde seitens des Opfers nicht gewünscht. Gleichwohl wurde nachfolgend ein Betreuungsangebot durch den zuständigen Opferschutzbeauftragten des für Kriminalprävention und Opferschutz zuständigen Kriminalkommissariats der Kreispoli­zeibehörde Lippe unterbreitet. Dieses richtet sich sowohl an die Familie des Geschädigten, als auch unmittelbar an den Geschädigten selbst.

Seitens der Schulleitung wurde Hilfe und Unterstützung im Rahmen einer schulpsychologi­schen Beratung oder durch den Schulsozialarbeiter der Schule angeboten. Der Betroffene habe die Unterstützungsangebote abgelehnt. Ferner hat sich der Schulleiter telefonisch bei den Eltern des Schülers nach dessen Befinden erkundigt.

  1. Wie oft kam es an den einzelnen Schulen in Bad Salzuflen 2023 zu welchen Straf­ten? (Bitte nach Monat aufschlüsseln.)

Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwendige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 nicht quali­tätsgesichert vor.

  1. Welche Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt u. ä. sind an besagter Schule pro Jahr von 2018 bis heute durchgeführt worden?

Nach Auskunft der Kreispolizeibehörde Lippe werden Anfragen von Schulen zu Präventions-angeboten bei Bedarf konkret bedient und dann im Wege von Informationsveranstaltungen für Kinder und Jugendliche, insbesondere im Rahmen von schulischen Projektwochen oder an­deren Projekten (auch in der Freizeit), durchgeführt.

So wird beispielsweise die 7. Jahrgangsstufe der Städtischen Gesamtschule Aspe einmal im Jahr durch den örtlichen Bezirksdienst der Polizei aufgesucht. In einem zweischulstündigen Unterricht werden die Schülerinnen und Schüler u. a. über die Aufgaben der Polizei, die Straf­mündigkeit, mögliche strafrechtliche Konsequenzen sowie das Verhalten als Opfer und/oder Zeuge informiert. Im Fokus steht die Information der Schülerinnen und Schüler dieser Alters­klasse über die Folge von Straftaten, was in der Folge zu einer Reflexion des eigenen Verhal­tens und schließlich zu einer Reduzierung von Straftaten führen kann.

Die Städtische Gesamtschule Aspe setzt den im § 2 Schulgesetz aufgeführten Bildungs- und Erziehungsauftrag um. Sie unterrichtet und erzieht junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes und der Landesverfassung. Sie verwirklicht die in Artikel 7 der Landesverfas­sung bestimmten allgemeinen Bildungs- und Erziehungsziele.

Im Rahmen der ca. 1.200 wöchentlich durchgeführten Unterrichtsstunden an der Städtischen Gesamtschule Aspe wirken ca. 100 ausgebildete Pädagogen auf ca. 1.100 Schülerinnen und Schüler in entsprechend höchstem qualitativen und quantitativem Maß auf junge Menschen ein. Hierzu gehört auch eine unterrichtsstündliche Vielzahl von pädagogischem Einwirken auf Schülerinnen und Schülern mit dem Ziel, Gewalt in jeder Form zu verhindern und ihr vorzu­beugen. Dieses vorbildliche Handeln und individuelle Agieren der Lehrkräfte ist im Rahmen gewaltpräventiver Maßnahmen als wesentlich einzustufen.

Darüber hinaus gibt es explizite Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt: – Klassenrat in allen Jahrgangsstufen i.d.R. 1x pro Woche (Demokratiebildung und das Aufgreifen der Konfliktsitu­ationen in der jeweiligen Klasse),

– JG 5 Kennlernaktion Greten Venn (Im Zeichen der Klassenbildung / Gemeinschaft fördern), – JG 5 Umgang mit Cybermobbing (jede Form von Mobbing ist eine Form von Gewalt),

– JG 5 Netparcours (Medienpädagogische Aufklärung, Gewalt in jeder Teildisziplin als Thema), – JG 6 Fairmobil (Gemeinschaft fördern, eigene und fremde Grenzen erkennen und respektie­ren),

Weiterhin gibt es die Reaktivmaßnahmen im Rahmen schulischen Handelns. Auch hier ist das pädagogische, erzieherische Einwirken in der im Eingang erläuterten Größenordnung im schu­lischen Alltag wesentlich. Darüber hinaus ist das fallbezogene Interagieren der Klassenlehr­kräfte in Kombination mit den Abteilungsleitungen, Schulsozialarbeit, Beratungslehrkräften, Schulleitung, Elternhäuser, Jugendamt, der schulpsychologischen Beratungsstelle und weite­ren, an der Erziehung junger Menschen beteiligter Institutionen zu nennen.

Das schulinterne Schutzkonzept im Rahmen des Schulentwicklungsprozesses wird seitens der Schule weiterentwickelt und fortgeschrieben.

 

MMD18-7155