„Bankrotterklärung“ der DB Netz AG zur Hohenzollernbrücke in Köln – Was tut die Lan­desregierung?

Kleine Anfrage
vom 13.12.2017

Kleine Anfrage 607
des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD

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Die DB Netz AG hat vergangenen Monat für die Gleisabschnitte zwischen Köln Hauptbahnhof und Köln-Messe/Deutz und zwischen Köln-Messe/Deutz und Köln-Mülheim eine Überlas­tungsanzeige gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt und der Bundesnetzagentur abgege­ben.

Daraus folgt, dass von verschiedenen Bahn-Betreibergesellschaften mehr Trassen auf diesen beiden nacheinander liegenden Abschnitten beantragt wurden, als Kapazitäten vorhanden sind.

Ursächlich für diese „Bankrotterklärung“ (Kölner Stadt-Anzeiger) ist die Hohenzollernbrücke, die über lediglich vier Gleise für den Fern- und Regionalverkehr und zwei S-Bahngleise ver­fügt. Dieses Nadelöhr ist ursächlich für zahlreiche Verspätungen und hat den Kölner Haupt­bahnhof zu einem der verspätungsreichsten Bahnhöfe in Deutschland gemacht.

Der Ausbau der Schieneninfrastruktur fällt zwar überwiegend in die Zuständigkeit des Bundes, gleichwohl heißt es im Koalitionsvertrag der die Landesregierung tragenden Parteien: „Den Erhalt, die Modernisierung und den bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wer­den wir daher zu einem Schwerpunkt der Landespolitik machen, dem sich alle Ressorts der Landesregierung verpflichtet fühlen.“

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche kurzfristigen Ansätze verfolgt die Landesregierung, um die vorgenannten Miss­stände zu beheben?
  2. Welche mittel- und langfristigen Ansätze verfolgt die Landesregierung, um die vorge­nannten Missstände zu beheben?
  3. Der Presse ist zu entnehmen, dass der Ausbau des Bahnhofs Köln-Messe/Deutz und seine Verknüpfung mit dem Hauptbahnhof eine Umgehung der überlasteten Hohenzol-lernbrücke ermöglichen würde. Wie bewertet die Landesregierung diesen Lösungsan­satz?
  4. Zur Verknüpfung der unter Ziffer 3 genannten Bahnhöfe wurde bereits eine Reihe von Möglichkeiten erörtert (Seilbahn, Einschienenbahn, etc.). Wie bewertet die Landesregie­rung diese Möglichkeiten jeweils?
  5. Mit welcher Entwicklung des Schienenverkehrs auf den o.g. Schienenabschnitten rech­net die Landesregierung in den kommenden zehn Jahren?

Sven W. Tritschler

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 607 wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung:

Gemäß § 55 Abs. 1 Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG) hat der Be­treiber der Schienenwege (hier: DB Netze) in den Fällen, in denen An­trägen auf die Zuweisung von Schienenwegkapazität nach Koordinie­rung der beantragten Zugtrassen und nach Konsultation der Zugangs­berechtigten nicht in angemessenem Umfang stattgegeben werden kann, den betreffenden Schienenwegabschnitt unverzüglich für überlas­tet zu erklären. Dies ist auch bei Schienenwegen zu erklären, bei denen abzusehen ist, dass ihre Kapazität in naher Zukunft nicht ausreichen wird. Erklärungen zur Überlastung sind gegenüber der Regulierungsbe­hörde (Bundesnetzagentur) und der zuständigen Aufsichtsbehörde (Ei­senbahnbundesamt) abzugeben. Die Mitteilung ist entsprechend § 19 Abs. 2 ERegG zu veröffentlichen.

  1. Welche kurzfristigen Ansätze verfolgt die Landesregierung, um die vorgenannten Missstände zu beheben?

58 ERegG regelt, dass der Betreiber der Infrastruktur Möglichkeiten darzulegen hat, wie zusätzlichen, die derzeitige Kapazität übersteigen­den Anträgen stattgegeben werden kann.

Wegen der langen Planungs- und Bauzeiten bei Infrastrukturmaßnah­men kann Engpässen kurzfristig grundsätzlich nur mit betrieblichen Maßnahmen begegnet werden. Ansprechpartner von DB Netze ist der gemäß ÖPNVG NRW zuständige Aufgabenträger für den SPNV-Betrieb, der Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR), und nicht die Landes­regierung.

  1. Welche mittel- und langfristigen Ansätze verfolgt die Landes­regierung, um die vorgenannten Missstände zu beheben?

Unabhängig von der aktuellen Überlastungsanzeige hatte der NVR ge­meinsam mit DB Netze und dem Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen eine systematische Untersuchung des Bahnknotens Köln durchgeführt. Ziel war es, Ausbaumaßnahmen zu ermitteln, die zur Er­höhung der Leistungsfähigkeit des Knotens Köln beitragen. Die Ergeb­nisse wurden Anfang 2012 veröffentlicht. Die Studie wurde mittlerweile fortgeschrieben. Die Gesamtmaßnahme „Knoten Köln“ besteht aktuell aus 15 Einzelprojekten.

Das Maßnahmenpaket „Knoten Köln“ wurde vom Land Nordrhein-Westfalen und dem NVR vollständig für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Teile des Knotens Köln wurden in den vordringlichen Be­darf (Engpassbeseitigung) des neuen Bundesschienenwegebedarfs-plans aufgenommen. Hierbei handelt es sich um die Restmaßnahmen der ehemaligen Neubaustrecke Köln — Rhein/Main. Der größte Teil des Maßnahmenpakets Knoten Köln wurde in der Bundesverkehrswegepla-nung in den sogenannten potentiellen Bedarf eingestuft und muss somit noch einer volkswirtschaftlichen Bewertung unterzogen werden, um in den vordringlichen Bedarf des Bundesschienenwegebedarfsplans hoch­gestuft zu werden. Die Arbeiten an der Bewertung wurden vom Bun­desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im März 2017 begonnen. Die Ergebnisse stehen noch aus.

  1. Der Presse ist zu entnehmen, dass der Ausbau des Bahn­hofs Köln-Messe/Deutz und seine Verknüpfung mit dem Hauptbahnhof eine Umgehung der überlasteten Hohenzol-lernbrücke ermöglichen würde. Wie bewertet die Landesre­gierung diesen Lösungsansatz?

Ein Ausbau des Bahnhofs Köln Messe/Deutz würde nur zu einer Entlas­tung des Hauptbahnhofs Köln und der Hohenzollernbrücke beitragen, wenn Teile des Schienenpersonenfernverkehrs dann Köln Messe/Deutz und nicht mehr Köln Hauptbahnhof als zentralen Bahnhof in Köln anfah­ren würden. Hierbei handelt es sich nicht um eine Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern um die unternehmerische Ent­scheidung der eigenwirtschaftlich operierenden Gesellschaft DB Fern­verkehr AG.

  1. Zur Verknüpfung der unter Ziffer 3 genannten Bahnhöfe wurde bereits eine Reihe von Möglichkeiten erörtert (Seil­bahn, Einschienenbahn, etc.). Wie bewertet die Landesregie­rung diese Möglichkeiten jeweils?

Eine Bewertung der unterschiedlichen Möglichkeiten zu einer engeren Verknüpfung der beiden zentralen Kölner Bahnhöfe wird erst erfolgen, wenn die grundsätzliche Entscheidung über eine Verkehrsverlagerung vom Kölner Hauptbahnhof hin zum Bahnhof Köln Messe/Deutz getroffen wurde.

  1. Mit welcher Entwicklung des Schienenverkehrs auf den o.g. Schienenabschnitten rechnet die Landesregierung in den kommenden zehn Jahren?

Die Prognose der Entwicklung des Schienenverkehrs im Bahnknoten Köln bis zum Jahr 2030 ist Gegenstand der o.g. Bewertung im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung.

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Wüst

Beteiligte:
Sven Tritschler