Bargeld ist gedruckte Freiheit! 1- und 2-Cent-Münzen nicht abschaffen!

Antrag
vom 03.03.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 03.03.2020

 

Bargeld ist gedruckte Freiheit! 1- und 2-Cent-Münzen nicht abschaffen!

I. Ausgangslage

Unter dem Titel „Eine Union, die mehr erreichen will“ stellte die Europäische Kommission am 29. Januar 2020 ihr Arbeitsprogramm für das laufende Jahr vor.

Dabei offenbarte sie unter Punkt 34 der sogenannten REFIT-Initiativen Pläne für „einheitliche Rundungsregelungen im Bereich der Euro-Münzen“. Angedacht sind die Evaluation des Ge­brauchs von 1- und 2-Cent-Münzen und deren eventuelle Abschaffung. Angeblich wären Ein­zelhändler und Verbraucher entlastet, wenn man sie um das kleine Kupfergeld erleichtere.

In Deutschland, genauer im nordrhein-westfälischen Kleve, gab es bereits vor vier Jahren ei­nen ersten Vorstoß, 1- und 2-Cent-Münzen abzuschaffen.1 Dort wurden die Preise unter dem Motto „Sehr geehrte Kunden, wir runden“ auf freiwilliger Basis auf den nächsten 5-Cent-Betrag auf- oder abgerundet. Trotz Kleves günstiger Lage nahe den Niederlanden, wo besagte Mün­zen bereits seit dem Jahre 2004 verschwunden sind, mussten sich die Initiatoren nur einein­halb Jahre nach Beginn des Experiments ihr Scheitern eingestehen.2 Und das, obwohl in Kleve etwa 30 Prozent aller Kunden aus den benachbarten Niederlanden kommen. Käufern fehlt die Lust, neben einer ohnehin schon hohen Umsatzsteuer zusätzlich 20 statt eigentlich 18 Cent zu bezahlen. Viele Verbraucher fürchten auch Preiserhöhungen zum Ausgleich abgerundeter Beträge.

Nicht zuletzt hat eine mangelhafte Beteiligung ansässiger Geschäfte und umliegender Kom­munen an diesem Experiment den Traum vom nächsten Schritt zur Abschaffung des Bargelds platzen lassen. Viele Unternehmer lehnen die Beseitigung der beiden kleinsten Cent-Münzen ab, weil eine solche sie weniger unabhängig bei der Preisgestaltung macht, während die Kun­den systematische Preissteigerungen durch systematische Aufrundungen befürchten.

Die Abschaffung des kleinen Kupfergelds wäre bereits der zweite Schritt in Richtung einer bargeldlosen Wirtschaft. Im April 2019 wurde der letzte 500-Euro-Schein von der Deutschen Bundesbank ausgegeben.3 Andere EU-Staaten sind bei der Schaffung des gläsernen Bürgers schon deutlich weiter. In Belgien und Italien dürfen Geschäfte in einem Umfang von über 3.000 Euro nicht mehr bar getätigt werden. In Spanien liegt die Höchstgrenze für Bargeldzahlungen bei 2.500 Euro, in Frankreich und Portugal für Einheimische bei 1.000 Euro, in Griechenland sogar bei nur 500 Euro.4

Das Gefahrenpotenzial ist groß. Wenn nach und nach immer kleinere Transaktionen zwangs­weise unbar abgewickelt werden müssen, wird der Bürger in Zeiten moderner Datenverarbei­tung und nach Abschaffung des Bankgeheimnisses leichte Beute für alle, die von einer immer engeren und letztlich lückenlosen Überwachung träumen.

Aber nicht nur das: Auch die Enteignung der Bürger durch sogenannte „Negativzinsen“ kann nur umgesetzt werden, wenn kein Bargeld mehr zur Verfügung steht.

Vermutlich hängen die Deutschen auch deshalb so sehr an ihrem Bargeld. Eine Befragung durch die Europäische Zentralbank zwischen 2015 und 2016 ergab, dass kein anderes Volk so viel Echtgeld bei sich trägt wie das deutsche.5

Im Schnitt führt der Bundesbürger mehr als hundert Euro in seinem Portemonnaie mit sich. Aus gutem Grunde: Bargeld bedeutet Freiheit und Intransparenz gegenüber dem Staat. Vor allem das Sparschwein hat in Deutschland Tradition. 235 Milliarden Euro finden sich unter den Kopfkissen und in den Spardosen der Bundesrepublik.6 Auf 83 Millionen Bürger umgerechnet, besitzt jeder Deutsche im Schnitt also 2.800 Euro, die er nicht in fremde Hände geben will. Nicht nur bei der Geldaufbewahrung präferiert der Bundesbürger das Bargeld, sondern auch im Rahmen alltäglicher Geschäfte. Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Civey“ im Auftrag des SPIEGELs ergab, zahlt nur ein Drittel der Deutschen lieber mit Karte als mit Bargeld.7 Nur 16 Prozent der Deutschen nutzen an der Supermarktkasse täglich die Möglich­keit elektronischer Zahlung; weitere 15 Prozent höchstens einmal in der Woche.8

Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele äußerte im Jahre 2016 auf einer Veranstaltung des Sparkassen- und Giroverbands in Berlin: „Die Bundesbank vertritt in diesem Zusammenhang die Position, dass die Verbraucher und Unternehmen entscheiden sollen, in welchem Umfang sie Bargeld verwenden.“9

II. Der Landtag stellt fest

  • Bargeld ist geprägte Freiheit. Es bedeutet Datenschutz, Ausgabenkontrolle und Anonymi­tät. Der Staat darf weder Hoheit noch Kontrolle über das Geldvermögen seiner Bürger bekommen.
  • Das Experiment, 1- und 2-Cent-Münzen abzuschaffen, ist in Nordrhein-Westfalen am Mo­dell Kleve gescheitert.

III. Der Landtag beschließt:

  • Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene mit Nachdruck gegen jede Form einer Bargeldabschaffung einzusetzen, zum Beispiel auf dem Wege ei­ner Bundesratsinitiative

Sven W. Tritschler
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://www.nrz.de/wirtschaft/kleve-schafft-als-erste-stadt-in-deutschland-das-kleingeld-ab-id11485695.html

2 https://www.faz.net/aktuell/finanzen/gescheitertes-experiment-rueckkehr-der-ein-und-zwei-cent-muenzen-in-kleve-15440906.html

3 https://www.welt.de/finanzen/article192205911/Ende-der-lilafarbenen-Banknote-500-Euro-Schein-in-wenigen-Tagen-abgeschafft-was-das-fuer-Sie-bedeutet.html

4 https://www.evz.de/finanzen-versicherungen/hoechstgrenzen-bargeldzahlung

5 http://docs.dpaq.de/12989-the_use_of_cash_by_households_in_the_euro_area.pdf

6 https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/wegen-niedrigzinsen-deutsche-horten-immer-mehr-bargeld-im-schnitt-2800-euro/25282690.html?ticket=ST-5548135-37QfE-NIHBSlG7n5eMcgM-ap5

7 https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/bargeld-so-sehr-haengen-die-deutschen-an-muenzen-und-scheinen-a-1283016.html

8 https://de.statista.com/infografik/12501/umfrage-zum-zahlungsverhalten-der-deutschen/

9 https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/bundesbanker-carl-ludwig-thiele-im-wortlaut-bargeld-in-der-internationalen-perspektive/13448678-3.html