Antrag
der Fraktion der AfD
Bargeld ist geprägte Freiheit und darf nicht Opfer des e-Euros werden!
I. Ausgangslage
Die Deutsche Bundesbank beantwortet die Frage, was Geld ist, auf ihrer Webseite wie folgt: „Entscheidend ist nicht, welches Material oder welche Form Geld hat. Entscheidend ist, dass es allgemein als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Geld muss drei Funktionen erfüllen: Die Tauschmittelfunktion, die Funktion als Recheneinheit und die Funktion als Wertspeicher.“1
Während bis ins späte 20. Jahrhundert vor allem Geld in Form von Bargeld den Alltag der Menschen bestimmte, haben sich im Zuge der Digitalisierung verschiedene Formen der immateriellen Zahlung verfestigt.
Neben der klassischen Geld-Überweisung gewannen vor allem bargeldlose Zahlungssysteme verschiedener Anbieter wie PayPal, Mastercard oder Visa an Einfluss auf den Konsumalltag der Menschen und veränderten dadurch mitunter sogar das Einkaufsverhalten. Sogenannte POS-Terminals für kontaktloses Zahlen via NFC waren in Deutschland erst ab 2016 zunehmend flächendeckend verfügbar, mittlerweile gibt es kaum noch Verkaufspunkte, die kein kontaktloses Zahlen mehr anbieten. Innerhalb von drei Jahren ist die bevorzugte Verwendung von Bargeld bei den Bürgern der Eurozone von 72 auf 59 Prozent gesunken, so das Eurobarometer Survey der Europäischen Zentralbank.2
Weitere Alternativen zum Bargeld wurden mit dem sogenannten Kryptogeld eingeführt, welches auf dem Prinzip des Distributed Ledger (dezentralisiertes Register) basiert. Mittlerweile gibt es über 3.000 verschiedene Kryptowährungen, wobei Bitcoin als älteste und bekannteste Spielart sogar gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador ist.
Das Kryptogeld versprach, die Anonymität des Bargelds auf die digitale Ebene zu übertragen. Wie beim Bargeld sollten sowohl die zwischengeschalteten Finanzdienstleister als auch staatliche Organe nicht wissen, was man wann, wo und in welcher Menge gekauft hat. Dass neben dem Ideal einer durch aufgeklärte und mündige Anwender benutzten Kryptowährung auch Kriminalität, Spekulation und Wildwuchs Einzug hielten, liegt in der Natur des Menschen.
Länder wie die Schweiz, Singapur, Südkorea und auch Dubai haben bereits Regularien im Umgang mit Kryptowährungen geschaffen.
Die Europäische Kommission hat schon im September 2020 innerhalb eines sogenannten Digital Finance Package, einen Gesetzesvorschlag zur Regulierung von Kryptowährungen (Mar-ket-in-Crypto-Assets Regulation – MiCA) veröffentlicht. MiCA ist am 29.06.2023 in Kraft getreten und ab Mitte 2024 werden erste Regulierungskapitel des MiCA Acts gelten. In den USA prüfen derzeit die Gesetzgeber eine eigene Regulierung nach dem Vorbild von MiCA.
Nutzer und Investoren sind jedoch weiterhin von der Idee einer anonymen und sicheren digitalen Währung fasziniert. Mehrere private Finanzakteure planen bereits eigene Kryptowährun-gen und die prosperierende Fintech-Branche findet immer neue mögliche Anwendungsgebiete für digitale Währungen. Jüngst verlautbarte der Finanzdienstleister PayPal, in den USA einen sogenannten Stable-Coin auf 1:1 Basis des US-Dollars einzuführen.3
Aber auch Bargeld ausgebende Zentralbanken prüfen bzw. planen in bewusster Konkurrenz zu Privaten Investoren, eine eigene Kryptowährung (Central Bank Digital Currency (CBDC)) auszugeben. Schon 2014, mit der ersten Erfolgswelle der Kryptowährung, prüfte die People’s Bank of China die Schaffung eines e-Yuan. Mittlerweile beschäftigen sich 90 Prozent der Zentralbanken mit der Möglichkeit der Einführung einer eigenen digitalen Währung, 50 Prozent der Zentralbanken sind bereits in der konkreten Planungs- oder Entwicklungsphase. Ziel dieser Überlegungen ist es, die Vorteile traditioneller Währungssysteme auf die digitale Welt und deren Vorzüge zu übertragen.
Auch die Europäische Zentralbank prüft seit Oktober 2021 intensiv die Möglichkeiten und Anforderungen eines digitalen Euro, kurz e-Euro genannt. Die Untersuchungsphase soll Ende 2023 abgeschlossen sein. Die EU-Kommission hat parallel dazu bereits einen Legislativvor-schlag entwickelt, den sie am 28.06.2023 vorgestellt hat.
Sowohl die Europäische Zentralbank als auch die EU-Kommission haben immer wieder betont, das mit der Einführung eines e-Euro der Status des Euro-Bargeldes als gesetzliches Zahlungsmittel nicht beeinträchtigt werden soll.
Hier war es bemerkenswert, dass der EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni betonte, die faktische Rechtssicherheit des Eurobargelds als ein gesetzliches Zahlungsmittel über umfassendere Definitionen zu schärfen und Tendenzen zur Nichtannahme von Bargeld in der Wirtschaft entgegenzuwirken.4
Angesichts der rasanten Zunahme der Akzeptanz von bargeldlosen Zahlungen durch die Bürger der Euro-Staaten sehen aber Finanzmarktexperten eine faktische Abschaffung des Bargelds durch die Hintertür auf lange Sicht als wahrscheinlich an.5
Zugleich sieht zwar der Großteil der Bevölkerung hier mehr Vorteile im Bargeld und betrachtet die Einführung einer digitalen Währung eher skeptisch, so eine aktuelle Umfrage des Bankenverbandes vom Mai 2023. Allerdings zeigt die Umfrage auch, dass Personen bis 49 Jahre und mit hohem Einkommen überwiegend bargeldlos zahlen.6
Ebenso gibt es Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines digitalen Euro. So sagte der SPD-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Joachim Schuster, dem Handelsblatt: „Wie der genaue Mehrwert eines digitalen Euros in Abgrenzung zu bestehenden Zahlungssystemen aussehen soll, ist noch unbeantwortet“.7
Weitere Fragen zur Sicherheit und der Gewährleistung von vollständiger Anonymität des e-Euro wurden unbefriedigend durch Verantwortliche der EU-Kommission und der EZB beantwortet. Zwar wurde im Hinblick auf umfangreiche Datensammlungen durch private Finanzakteure immer wieder auf die Privatsphäre der Anwender bei Verwendung des digitalen Euro verwiesen, jedoch wurde nie eine vollständige Anonymität wie bei Bargeld, insbesondere gegenüber staatlichen Stellen, garantiert.
Ebenso wird zwar als Vorteil gegenüber bisherigen Methoden des bargeldlosen Zahlens die sogenannte Offline-Fähigkeit des geplanten e-Euro-Angebots betont, also dessen Resilienz gegen Internetverbindungsausfälle. Allerdings ist weiterhin von Nöten, dass bei e-Euro Transfers elektronische Geräte verwendet werden und damit eine stabile Stromversorgung vorhanden sein muss.
Der ehemalige EZB-Direktor Ignazio Angeloni zweifelt gar den ökonomischen Nutzen des Projekts in Gänze an, so die Wirtschaftswoche.8
Auch Finanzminister der Bundesländer sind gegenüber der Einführung eines e-Euro skeptisch, was z. B. den Nutzwert für die Menschen sowie Gefährdungen des Finanzsystems betrifft. So sagte der bayerische Finanzminister Albert Füracker über die Gefahren des e-Euros für das hiesige Bankensystem: „Ein digitaler Euro sollte keine überflüssigen technischen Parallelstrukturen erzwingen und Banken dadurch einseitig belasten oder wettbewerbsrechtlich benachteiligen. Auch dürfen vor allem kleine und mittlere Banken nicht durch den möglichen Geldabfluss hin zum digitalen Euro in Bedrängnis geraten.“ Bayerns Europaministerin Melanie Huml sah im Vorpreschen der EU-Kommission bei der Vorstellung ihres jüngsten Gesetzesvorschlags zum digitalen Euro ein Problem der fehlenden Partizipationsmöglichkeit der Euro-Länder.9 Ebenso möchte der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss, Matthias Hauer, „dass der Bundestag über die Einführung des digitalen Euros abstimmt – und dass die Bundesregierung sich bei der Entscheidungsfindung im Europäischen Rat dann auch an den Beschluss des Parlaments hält“.10
Die AfD-Fraktion im Bundestag sah ebenfalls mehr Risiken als Nutzen beim e-Euro und plädierte in zwei Anträgen gegen die Einführung eines e-Euros in der jetzigen Ausgestaltung.11
Auch die AfD-Fraktion im Landtag des bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich stärksten Bundeslandes teilt zwar die Hoffnungen der Bürger auf bequemes und kostenfreies Zahlen, sieht aber in der vergleichsweise unausgegorenen und überhasteten Einführung des digitalen Euro nach nur kurzen Prüfungsphasen und im Top-down-Agieren der EU-Kommission einen Hinweis auf eine Gefährdung Deutschlands und des Wirtschafts- und Finanzstandorts Nordrhein-Westfalen, der ohnehin großen politisch erzwungenen Transformationsbelastungen ausgesetzt ist. Vor allem die finanziell stark belasteten Kommunen müssen massive Investitionen tätigen, wenn der digitale Euro als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt wird.
II. Der Landtag stellt fest:
Der Wunsch der Bürger nach einfacher bargeldloser Zahlung ist zu respektieren. Ebenso ist zu respektieren, dass die Bürger zurecht ein Anrecht auf eine Ewigkeitsgarantie für die Möglichkeit von sicheren, anerkannten und vollständig anonymen Bargeldtransaktionen haben.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- sich auf allen Ebenen stärker am Prozess bei der kritischen Prüfung der Einführung eines e-Euros zu beteiligen und dabei auch eine Exit-Option nicht außer Betracht zu ziehen;
- zu prüfen, welche Investitionskosten für eine mögliche Infrastruktur für den e-Euro auf die Städte und Gemeinden zukommen;
- aktiv und umfassend die Bevölkerung über das Wesen, die Vor- und Nachteile eines digitalen Euros und anderer digitaler Zahlungsmittel aufzuklären, da insbesondere die ältere Generation, die Jugend, sowie bildungsfernere Schichten durch mangelndes Wissen und wenig Routinen vor kriminellen Einflüssen oder administrativen Limitatio-nen zu ihrem Nachteil gefährdet sind;
- sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Europäische Zentralbank nach Beendigung der Prüfungsphase transparent darlegt, wie der digitale Euro ausgestaltet werden soll und welche Risiken bei der Umsetzung gesehen werden;
- sich dafür einzusetzen, dass über die Einführung eines e-Euro eine umfangreiche demokratische Willensbildung stattfindet;
- sich dafür einzusetzen, dass Bargeldzahlungen an allen privaten, staatlichen und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, Firmen und Institutionen weiterhin innerhalb des gesetzlichen Rahmens lückenlos möglich ist, soweit sie örtliche Repräsentanzen haben.
Sven W. Tritschler
Dr. Hartmut Beucker
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.bundesbank.de/de/service/schule-und-bildung/erklaerfilme/was-ist-geld–800972
2 https://www.ecb.europa.eu/stats/ecb_surveys/space/html/ecb.spacereport202212~783ffdf46e.en.html
3 https://newsroom.paypal-corp.com/2023-08-07-PayPal-Launches-U-S-Dollar-Stablecoin
6 https://bankenverband.de/digitaler-euro/kenntnis-und-einstellungen-zum-digitalen-euro/