Baustellenmanagement – Der Stand von Nachtarbeit und Baustellen an Wochenenden

Kleine Anfrage
vom 27.04.2020

Kleine Anfrage 3532des Abgeordneten Andreas Keith vom 27.04.2020

 

Baustellenmanagement – Der Stand von Nachtarbeit und Baustellen an Wochenenden

„Die gewaltigen Pendlerströme und der starke Transitverkehr in NRW sorgen in Kombination mit der hohen Anzahl von Baustellen unverändert für großes Staupotenzial“, erklärte Verkehrsexperte Prof. Dr. Roman Suthold vom ADAC Nordrhein.1 Der ADAC berichtet in seiner „Staubilanz 2019“ über den Anstieg von Baustellen von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und kennzeichnet diesen als eine der Hauptursachen für die Stausituation in Nordrhein-Westfalen.

Die von der Landesregierung ausgehende Bereitstellung hoher finanzieller Mittel ist nur der Grundstein für die Instandsetzung, Erweiterung und Erneuerung der maroden Verkehrsinfrastruktur in NRW. Ohne ein auf den Verkehr und dessen Teilnehmer abgestimmtes Baustellenmanagement sorgen bauliche Maßnahmen lediglich für noch mehr Stau.

Im Jahre 2018 fanden nach Angaben von Straßen.NRW 47 Prozent der sogenannten Tagesbaustellen mit Staugefahr nachts statt.2 Im selben Jahr wurden von 21.478 Tagesbaustellen 10,4 Prozent an Wochenenden zwischen Freitagabend und dem frühen Montagmorgen durchgeführt.3 Es handelte sich in beiden Fällen um kurzfristige Baustellen.

Um entscheidende politische Maßnahmen zu eruieren, werden sowohl aktuelle Informationen über den Stand der Baustellen als auch über die genauen Vorgehensweisen im Baustellenmanagement benötigt.

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Baustellen wurden im Jahre 2019 in NRW fertiggestellt? (Bitte nach Baustellentyp, Dauer, Ort auflisten)

2. Wie viele Baustellen wurden im Jahre 2019 in NRW ausschließlich in Nachtarbeit betrieben? (Bitte nach Dauer und Ort auflisten)

3. Wie viele Baustellen wurden im vergangenen Jahr 2019 in NRW ausschließlich durch Wochenendarbeiten fertiggestellt? (Bitte nach Dauer und Ort auflisten)

4. Nach welchen Kriterien werden Baustellen den von Straßen.NRW genannten Baustellentypen (Tagesbaustellen, Nachtbaustellen, Rund-um-die-Uhr-Baustellen, Dauerbaustellen, Brücken-Baustellen) zugeordnet?

5. Nach welchen Kriterien wird entschieden, eine Baustelle durch Wochenendarbeiten zu betreiben?

Andreas Keith

 

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1 https://presse.adac.de/regionalclubs/nordrhein-westfalen/adac-staubilanz-nrw-2019.html

2 https://www.strassen.nrw.de/de/presse/meldungen/2019/strassen-nrw-baut-noch-haeufiger-nachts-und-am-wochenende-5714.html

3 https://www.strassen.nrw.de/de/planung-bau/baustellenmanagement.html


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 26.05.2020

 

Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 3532 mit Schreiben vom 26. Mai 2020 na­mens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Für die Beantwortung der Kleinen Anfrage 3532 wurde als Zeitraum für die Durchführung einer Baumaßnahme die Dauer der Verkehrsführung vor Ort herangezogen. Dieser Zeitraum be­stimmt den Einfluss auf das Verkehrsgeschehen und wird vom Verkehrsteilnehmer als Dauer der Baustelle wahrgenommen.

Einzelne Baumaßnahmen werden oftmals in mehreren Bauphasen umgesetzt und beinhalten daher mehrere Verkehrsführungen. Eine sinnvolle Auflistung nach Ort und Dauer geht in An­betracht der Datenmenge über den Rahmen einer Kleinen Anfrage hinaus und wäre nur im Rahmen einer aufwändigen Datenaufbereitung möglich.

Frage 4 wird wegen der in der Antwort enthaltenen Definitionen zuerst beantwortet.

4. Nach welchen Kriterien werden Baustellen den von Straßen.NRW genannten Bau­stellentypen (Tagesbaustellen, Nachtbaustellen, Rund-um-die-Uhr-Baustellen, Dauerbau-stellen, Brücken-Baustellen) zugeordnet?

Grundsätzlich wird bei der Erfassung von Baustellen im Baustelleninformationssystem NWBIS in zwei „Typen“ von Baustellen unterschieden:

  1. Arbeitsstellen kürzerer Dauer / Tagesbaustellen – alle Baustellen mit einer Dauer von maximal 24 Stunden. Diese werden in folgende Kategorien eingeteilt:
  • Nachtbaustelle (Beginn frühestens 20:00 Uhr, Ende spätestens 05:00 Uhr)
  • Tagesbaustelle (Beginn frühestens 05:00 Uhr, Ende spätestens 20:00 Uhr)
  • Tag- und Nachtbaustelle (alle Übrigen)
  1. Arbeitsstellen längerer Dauer / Dauerbaustellen – alle Baustellen größer 24 Stunden. Diese werden durch folgende Betriebsformen unterschieden:
  • Normale Tagschicht
  • Verlängerte Tagschicht
  • Drei-Schicht-Betrieb
  • Nur nachts

Eine Baustelle besteht aus einem Projekt und mindestens einem Projektelement. Das Projekt beschreibt die maximale Ausdehnung der Baustelle in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Auf der Ebene der Projektelemente werden die unterschiedlichen Verkehrsführungen des Projek­tes beschrieben. Dabei gibt es 4 unterschiedliche Typen:

  • Verkehrsführungsphase (Verkehrsführung auf der Strecke)
  • Vollsperrung Strecke (Vollsperrung auf der Strecke)
  • Einengung Knoten/AS (ein Knoten, eine Anschlussstelle, ein Parkplatz oder einzelne Fahrbeziehungen eines Knoten, einer Anschlussstelle oder eines Parkplatzes sind ein­geschränkt)
  • Vollsperrung Knoten/AS (ein Knoten, eine Anschlussstelle, ein Parkplatz oder einzelne Fahrbeziehungen eines Knoten, einer Anschlussstelle oder eines Parkplatzes sind voll gesperrt).

Bei Brückenbaustellen ist diese Einteilung wenig zweckmäßig. Sinnvoller ist eine Unterschei­dung nach der Kategorie der zu durchzuführende Arbeiten. Beim Landesbetrieb erfolgt eine Unterteilung in:

  • Brückenneubau
  • Brückenumbau
  • Brückeninstandsetzung
  • Brückenprüfung

1. Wie viele Baustellen wurden im Jahre 2019 in NRW fertiggestellt? (Bitte nach Bau­stellentyp, Dauer, Ort auflisten)

Im NWBIS wurden im Jahr 2019 insgesamt 19.870 Tagesbaustellen erfasst. Es wurden 1.072 Projektelemente fertiggestellt und 196 Projekte nach den obigen Definitionen beendet.

Häufigste und umfangreichste Arten von Arbeiten im Sinne dieser Fragestellung sind Unter-haltungs- und Erhaltungsarbeiten, Arbeiten an Bauwerken, Arbeiten an der Straßenausstat­tung, Erneuerung des Oberbaus und Instandhaltung des Oberbaus.

2. Wie viele Baustellen wurden im Jahre 2019 in NRW ausschließlich in Nachtarbeit betrieben? (Bitte nach Dauer und Ort auflisten)

In NWBIS wurden im Jahr 2019 5.791 Baustellen mit einer Dauer bis zu 24 Stunden (Tages­baustelle) und 17 Baustellen mit einer Dauer von mehr als 24 Stunden (Dauerbaustelle) aus­schließlich in Nachtarbeit erfasst.

Häufigste und umfangreichste Arten von Arbeiten im Sinne dieser Fragestellung sind Arbeiten an der Straßenausstattung, Brückenarbeiten, Entwässerungsarbeiten, Erneuerung des Ober­baus, Instandhaltung des Oberbaus und Tunnelinstandsetzung.

3. Wie viele Baustellen wurden im vergangenen Jahr 2019 in NRW ausschließlich durch Wochenendarbeiten fertiggestellt? (Bitte nach Dauer und Ort auflisten)

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2019 2.150 Baustellen mit einer Dauer bis zu 24 Stun­den (Tagesbaustelle) und 291 Baustellen mit einer Dauer von mehr als 24 Stunden (Dauer­baustelle) an Wochenenden durchgeführt.

Häufigste und umfangreichste Arten von Arbeiten im Sinne dieser Fragestellung sind Arbeiten an der Straßenausstattung, Brückenarbeiten, Entwässerungsarbeiten, Anbau von Fahrstrei­fen, Erneuerung des Oberbaus, Instandhaltung des Oberbaus, Tunnelinstandsetzung und So­fortmaßnahmen.

5. Nach welchen Kriterien wird entschieden, eine Baustelle durch Wochenendarbei­ten zu betreiben?

Bei im Vorfeld als verkehrlich kritisch eingestuften Baumaßnahmen wird durch die Verkehrs­zentrale im Rahmen einer Ganglinienanalyse untersucht, ob die jeweilige Baustellenverkehrs­führung, die in der Regel eine geringere Leistungsfähigkeit hat, die Verkehrsnachfrage abwickeln kann. Ziel ist, die baustellenbedingten Auswirkungen auf den Verkehrsfluss zu mi­nimieren.

Ein weiteres Kriterium bei der Entscheidung, eine Baumaßnahme am Wochenende durchzu­führen, ist die zeitliche Realisierbarkeit. Es müssen alle Arbeiten innerhalb eines Wochenen­des begonnen und fertig gestellt werden können, damit den am Verkehr Teilnehmenden an­schließend die Strecke wieder uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden kann. Hierzu gehört neben den eigentlichen Arbeiten – z.B. Erneuerung einer Fahrbahndecke – auch der Auf- und Abbau der Baustellenverkehrsführungen. Arbeiten über einen längeren Streckenbe­reich können auf diese Art und Weise auch über mehrere Wochenenden sequenziell durchge­führt werden.

Auf einigen Streckenabschnitten mit hohem Fernverkehrsanteil liegt die wochenendliche Ver­kehrsbelastung auf gleichem Niveau oder sogar über dem von Werktagen. In diesen Fällen ist von einer Durchführung am Wochenende abzusehen.

Im Fall von Not- bzw. Sofortmaßnahmen, bei denen Gefahr in Verzug ist, lässt sich allerdings auf die obigen Kriterien keine Rücksicht nehmen.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith