Kleine Anfrage 5074
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Bergheim: Polizisten sollen wehrlosen Mann geschlagen haben – Wie ist der Sachverhalt?
Am Nachmittag des 23. Dezember 2024 soll ein offenbar wehrloser Mann in Bergheim-Zieverich im Rhein-Erft-Kreis von zwei Polizisten direkt vor einem Wohnhaus in der Otto-Hahn-Straße zusammengeschlagen worden sein. Der 40 Jahre alte Mann berichtete, dass er zu seiner Frau wollte, als Polizisten auf ihn zukamen und ihm einen Platzverweis erteilten. Da er unter Alkoholeinfluss stand, weigerte er sich zu gehen. An mehr könne er sich auch nicht erinnern.1
Ein 25 Sekunden langes, verwackeltes Video ohne Ton, das inzwischen im Internet verbreitet wurde, soll den Angriff auf ihn durch die Polizei zeigen. Wer das Video gemacht hat, ist nicht bekannt. Zu sehen sind zwei Polizisten, die sich mit dem angetrunkenen Mann im Parka streiten, der sie wiederum torkelnd und wild verbal gestikulierend angeht. Doch plötzlich zieht ein Beamter seinen Schlagstock und schlägt mit Wucht seitlich auf den 40-Jährigen ein. Während der andere Beamte den Rucksack des Zivilisten in hohem Bogen wegwirft, tritt der Polizist mit dem Schlagstock zu, erwischt den 40-Jährigen zweimal an der Seite, bis dieser schließlich zu Boden geht. Die Beamten sollen dann noch weiter gemacht haben. Ein Polizeibeamter schlägt mehrmals mit dem Schlagstock auf den Mann ein, schlägt ihm offenbar zweimal eine Pfefferspraydose auf den Kopf, bis Flüssigkeit spritzt. Das Opfer bekam das Reizgas ins Gesicht.2
Als die Polizeibeamten den 40-Jährigen schließlich am Boden fixieren und einer ihm das Knie in den Rücken drückt, endet das Video. Der 40-Jährige wurde schließlich in Handschellen abgeführt und verbrachte eine Nacht im Polizeigewahrsam. Er erlitt eine Vielzahl von Verletzungen am ganzen Körper, darunter eine Kopfplatzwunde. Gegen die beiden Polizisten ist ein Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet worden. Laut Kölner Stadt-Anzeiger sollen die Polizisten den Zwischenfall zunächst in ihrem Einsatzbericht ganz anders dargestellt haben. Erst als das Video auftauchte, kamen Zweifel auf. Bisher seien die beiden Polizeibeamte nicht suspendiert worden und üben weiterhin ihren Dienst aus. Einer von ihnen im Innendienst, sein Kollege soll jedoch weiterhin als Streifenpolizist tätig sein.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über das Opfer bekannt?
- Inwieweit ist es zutreffend, dass der Zwischenfall im Einsatzbericht, den die Polizeibeamten zunächst abgaben, noch ganz anders dargestellt worden ist?
- Wie bewertet der Innenminister diesen Fall?
- Wie bewertet der Innenminister das Verhalten der Polizei nach dem Einsatzgeschehen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5074 mit Schreiben vom 6. März 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 13.02.2025 im Wesentlichen berichtet, dass seine Behörde wegen des in der Kleinen Anfrage geschilderten Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung und Verfolgung Unschuldiger gegen zwei Beamte der Kreispolizeibehörde Rhein-Erft-Kreis führe. Diese hätten sich nach dem derzeitigen Stand der noch andauernden Ermittlungen am 23.12.2024 mit dem Einsatzstichwort „Randalierer“ zu einem Mehrfamilienhaus in Berg-heim-Zieverich begeben und seien dort auf den Geschädigten getroffen, der in Folge des Einsatzes dem Polizeigewahrsam zugeführt worden sei. Auf einem anschließend über TikTok verbreiteten Video, das den Polizeieinsatz zeige, sei u. a. zu erkennen, dass einer der Beamten den Geschädigten mehrfach mit einem Einsatzmehrzweckstock schlage und auch trete, ohne dass ein Angriff vorausgegangen sei, und der weitere Beschuldigte im Zuge des Geschehens mit einem Reizstoffbehälter auf den Kopf des Geschädigten einschlage.
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über das Opfer bekannt?
Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachtsmomenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von kriminalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch die Staatsanwaltschaft und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Von einer detaillierten Aufschlüsselung der kriminalpolizeilichen Erkenntnisse wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Opfers abgesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu kriminalpolizeilichen Erkenntnissen entsprochen.
- Inwieweit ist es zutreffend, dass der Zwischenfall im Einsatzbericht, den die Polizeibeamten zunächst abgaben, noch ganz anders dargestellt worden ist?
Dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht zufolge wird in der wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gefertigten Strafanzeige im Wesentlichen geschildert, die Beamten hätten den stark alkoholisierten Geschädigten, nachdem dieser sie angegriffen und ein Sprühstoß aus dem Reizstoffsprühgerät keine Wirkung gezeigt habe, durch einen gezielten Schlag mit einem Einsatzmehrzweckstock, einen „Stopp-Tritt“ und einen anschließenden Armhebel überwältigt.
- Wie bewertet der Innenminister diesen Fall?
Der vorliegende Fall ist weiterhin Gegenstand eines anhängigen Ermittlungsverfahrens. Der noch ausstehenden justiziellen Bewertung des Sachverhalts und entsprechenden Entscheidungen kann durch eine vorzeitige Bewertung insoweit nicht vorgegriffen werden, zumal bis zum Abschluss des Strafverfahrens auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung gilt.
Gleichwohl wurde gegen die betroffenen Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet, welches bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt wurde. Zudem wurde den Beamten gemäß § 39 Beamtenstatusgesetz das Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte auferlegt.
- Wie bewertet der Innenminister das Verhalten der Polizei nach dem Einsatzgeschehen?
Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 4.