Besetzungen von Schulen und Universitäten angekündigt: Welches Gefahrenpotenzial haben die Klimaproteste?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 741
des Abgeordneten Carlo Clemens, Markus Wagner, Prof. Dr. Daniel Zerbin vom 10.11.2022

Besetzungen von Schulen und Universitäten angekündigt: Welches Gefahrenpotenzial haben die Klimaproteste?

Der Verfassungsschutz sieht einen wachsenden Einfluss gewaltbereiter Linksextremisten auf die sogenannte Klimabewegung in Deutschland. Die Aktionsformen sind vielfältig und reichen von herkömmlichen Protesten durch Demonstrationen und Kundgebungen über gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr und die Beschädigung von Kunstwerken bis hin zur illegalen Besetzung von Schul- und Universitätsgebäuden. Die klimapolitisch motivierte Gruppierung „Letzte Generation“ profitierte sogar mittelbar von Fördergeldern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima (BMWK).1

Vertreter der Gruppierung „End Fossil: Occupy!“ kündigen auf ihrer Webseite an, an 20 Standorten bundesweit Schulen und Universitäten besetzen zu wollen.2 Diese Gruppierung führt mit Aachen, Duisburg und Köln drei nordrhein-westfälische Ortsgruppen auf. An der Kaiserin-Augusta-Schule in Köln wurde am 7. November 2022 versucht, das Schulfoyer zu besetzen.3 Die Gruppe „End Fossil Duisburg“ gab am selben Tag vor, den Gebäudekomplex LX der Universität Duisburg-Essen zu besetzen.4

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viele mutmaßlich klimapolitisch motivierte Straftaten gegen Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur, Verwaltungsgebäude oder Bildungseinrichtungen hat die Landesregierung in den Jahren 2017 bis 2022 verzeichnet? (Bitte nach Jahr und Art der Straftat aufschlüsseln)
  2. Wie bewertet die Landesregierung das Gefahrenpotenzial der Klimaprotestbewegung und ihrer unterschiedlichen Gruppierungen hinsichtlich politisch motivierter Straftaten?
  3. Wie plant die Landesregierung die Besetzung von Schulen und Universitäten zu verhindern, gerade vor dem Hintergrund der getätigten Ankündigungen?
  4. Welche Organisationen und Gruppierungen aus dem klimapolitisch motivierten Bereich werden derzeit in Nordrhein-Westfalen beobachtet oder als Verdachtsfälle geführt?
  5. Welche Landesmittel wurden in den Jahren 2020, 2021 und 2022 an Projekte oder Initiativen sogenannter Klimaprotestbewegungen überwiesen? (Bitte nach Jahr, Summe und Gruppierung aufschlüsseln)

Carlo Clemens
Markus Wagner
Prof. Dr. Daniel Zerbin

 

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1 Vgl. h t t p s : / / w w w. w e l t . d e / p o l i t i k /d e u t schland/plus240069137/Letzte-Generation-Strassenblockierer-profitieren-von-Foerdergeldern.html.

2 Vgl. h t t p s : / / e n d f o ss i l .de/.

3 Vgl. h t t p s : / / w w w 1 . w d r . d e /n achrichten/rheinland/schuelerproteste-fuer-klimaschutz-koeln-100.html.

4 Vgl. hat t p s : / / m ob i l e . t w i t t er.com/ef_duisburg/status/1589582324244807680.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 741 mit Schreiben vom 21. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und allen übri­gen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen aus­wärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörig­keit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äuße­ren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres ge­sellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammen­hang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Die Erhebung der Fallzahlen für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

  1. Wie viele mutmaßlich klimapolitisch motivierte Straftaten gegen Versorgungs-und Verkehrsinfrastruktur, Verwaltungsgebäude oder Bildungseinrichtungen hat die Landesregierung in den Jahren 2017 bis 2022 verzeichnet? (Bitte nach Jahr und Art der Straftat aufschlüsseln)

Für die Jahre 2017 und 2018 wurden insgesamt 859 Straftaten (2017: 178 Straftaten; 2018: 681 Straftaten) im Zusammenhang mit dem Themenfeld „Klima“ bekannt. Eine differenziertere Auswertung hinsichtlich der Angriffsziele wäre lediglich unter Durchführung einer Einzelfal­lauswertung möglich. Diese ist innerhalb der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Durch die Einführung des Angriffszielkatalogs im Jahr 2019 kann für die Jahre 2019 bis heute eine differenziertere Auswertung zu dem Themenfeld „Klima“ vorgenommen werden. In den Jahren 2019 bis 2021 sind 562 Straftaten im Sachzusammenhang mit mindestens einem der Angriffsziele „Handel/Wirtschaft“, „Bildung/Wissenschaft/Forschung“ und „Infrastruktur“ zu ver­zeichnen. Für den Zeitraum 01.01.2022 bis zum 15.11.2022 sind nach diesen Auswertekrite­rien mit Stand 21.11.2022 insgesamt 89 Straftaten bekannt geworden.

Jahr Straftaten gegen    Angriffsziele5 im Themenfeld „Klima“ Davon Erfassung als Gewaltdelikte
2019 208 64
2020 216 62
2021 138 26
2022 89 7

 

Anhand der Datensätze des KPMD-PMK kann ferner keine Aussage darüber getroffen wer­den, ob die jeweiligen Täter eindeutig der Klimabewegung zugeordnet werden können. Eine derartige Zuteilung findet bei der Fallzahlenerfassung keine Berücksichtigung.

  1. Wie bewertet die Landesregierung das Gefahrenpotenzial der Klimaprotestbewe­gung und ihrer unterschiedlichen Gruppierungen hinsichtlich politisch motivierter Straftaten?

Da aus Sicht der Klimaprotestbewegung zu wenig für die Erreichung der Klimaziele unternom­men wird, ist auch in Zukunft mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Veranstaltungen, Ver­sammlungen sowie politisch motivierten Straftaten von diversen Gruppierungen, die der Klima­protestbewegung zuzurechnen sind, zu rechnen.

Im Übrigen wird auf die LT-Drs. 18/456 vom 15. November 2022 verwiesen.

  1. Wie plant die Landesregierung die Besetzung von Schulen und Universitäten zu verhindern, gerade vor dem Hintergrund der getätigten Ankündigungen?

Grundsätzlich werden sämtliche rechtsstaatlichen, gefahrenabwehrenden Maßnahmen ge­prüft, die geeignet sind, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwenden.

Auf polizeiliche Einsatzlagen reagiert die Polizei unmittelbar und in erforderlichem Umfang; friedliche Versammlungen werden geschützt – gewalttätige Aktionen konsequent unterbunden. Die Kreispolizeibehörden treffen die notwendigen polizeilichen Maßnahmen in eigener Zustän­digkeit.

  1. Welche Organisationen und Gruppierungen aus dem klimapolitisch motivierten Bereich werden derzeit in Nordrhein-Westfalen beobachtet oder als Verdachtsfälle geführt?

Für die Beantwortung der Fragestellung wird auf die LT-Drs. 18/456 vom 15. November 2022 verwiesen.

  1. Welche Landesmittel wurden in den Jahren 2020, 2021 und 2022 an Projekte oder Initiativen sogenannter Klimaprotestbewegungen überwiesen? (Bitte nach Jahr, Summe und Gruppierung aufschlüsseln)

Es wird auf die LT-Drs. 18/597 vom 23. August 2022 verwiesen.

 

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