Beteiligung Nordrhein-Westfalens an der Ausgestaltung europäischer Politik

Kleine Anfrage
vom 19.11.2019

Kleine Anfrage 3180des Abgeordneten Sven Werner Tritschler vom 19.11.2019

 

Beteiligung Nordrhein-Westfalens an der Ausgestaltung europäischer Politik

Das Land Nordrhein-Westfalen unterhält in Brüssel verschiedene Einrichtungen zu seiner Interessenvertretung. Eines dieser kostspieligen Werkzeuge ist die dortige Landesvertretung, deren Gesamtkosten sich 2016 auf fast 4,5 Mio. Euro beliefen. Allein die Personalkosten für die mehr als zwei Dutzend Beschäftigten summieren sich dabei zu Kosten von über 2 Mio. Euro.

Nordrhein-Westfalen ist außerdem im Rat der Regionen vertreten, in welchem seit 1994 Belange der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften zur Sprache kommen sollen. Seit dem Vertrag von Lissabon steht dem Ausschuss der Regionen u.a. ein Klagerecht beim Europäischen Gerichtshof zu. Das gilt etwa für den Fall, dass das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird oder dass er sich in seinen eigenen Rechten verletzt sieht.

Im Jahre 2007 merkte Bundespräsident a.D. Roman Herzog an, dass 80% aller Gesetze hierzulande faktisch von der EU bestimmt werden.

Das wirft im Umkehrschluss die Frage auf, wie viel Einfluss das Land Nordrhein-Westfalen mit all seinen teuren Gestaltungsmöglichkeiten auf die Europäische Union nimmt.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Bei der Ausgestaltung welcher EU-Programme hat das Land NRW konkret mitgewirkt?

2. In welchem Umfang hat es sich an den einzelnen EU-Programmen beteiligt?

3. Welche Positionen hat es zu den einzelnen Programmen eingenommen, beziehungsweise welche Punkte hat es jeweils zu forcieren versucht?

4. Wie hoch war in der vergangenen Legislaturperiode der Anteil der von der Landesregierung initiierten Gesetze oder Gesetzesänderungen, welche (auch) europäische Vorgaben umgesetzt haben (aufgeschlüsselt nach Ressorts)?

5. Welche Gesetze oder Gesetzesänderungen waren das im Einzelnen?

Sven Werner Tritschler

 

Anfrage als PDF laden

 


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 27.12.2019

 

Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales hat die Kleine Anfrage 3180 mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und allen übrigen Mitgliedern der Landesregie­rung beantwortet.

1. Bei der Ausgestaltung welcher EU-Programme hat das Land NRW konkret mitgewirkt?

2. Welche Positionen hat es zu den einzelnen Programmen eingenommen, beziehungsweise welche Punkte hat es jeweils zu forcieren versucht?

Die Fragen 1 und 3 werden gemeinsam beantwortet:

Die Landesregierung hat zu den einzelnen Programmen unter anderem über umfangreiche Beschlüsse des Bundesrates mitgewirkt, diese sind jeweils auf der Internetseite des Bundes­rates (www.bundesrat.de) abrufbar. Das Abstimmungsverhalten Nordrhein-Westfalens ist auf der Internetseite https://www.mbei.nrw/de/abstimmverhalten veröffentlicht.

Grundsätzliche Positionierungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 – 2027 und den ein­zelnen Programmen finden sich in den Beschlüssen des Bundesrates

– zum „Reflexionspapier der Kommission über die Zukunft der EU-Finanzen“ (BR-Drs. 534/17 vom 15.12.2017);

– zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Ein moderner Haushalt für eine Union, die schützt, stärkt und verteidigt – Mehrjähriger Finanzrahmen 2021 – 2027“ (BR-Drs. 166/18 vom 06.07.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäi­schen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fi­schereifonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl- und Migrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für Grenzma­nagement und Visa“ (BR-Drs. 227/18 vom 19.10.2018)

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des Mehrjährigen Fi­nanzrahmens für die Jahre 2021 – 2027“ (BR-Drs. 167/18 vom 12.04.2019); Detaillierte Positionierungen zu den einzelnen Förderprogrammen finden sich in den Bundes­ratsbeschlüssen

– zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ sowie über die Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse (BR- Drucksache 261/18 vom 7.06.2018);

– zum Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Spezifische Programm zur Durchführung des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ (BR-Drucksache 262/18 vom 7.06.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+)“ (BR-Drs. 237/18 vom 21.09.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Asyl- und Migrationsfonds“ (BR-Drs. 286/18 vom 21.09.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über besondere Bestimmungen für das aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwick­lung sowie aus Finanzierungsinstrumenten für das auswärtige Handeln unterstützte Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit (Interreg)“ (BR-Drs. 229/18 vom 21.09.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung von Erasmus, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bil­dung, Jugend und Sport, und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013“ (BR-Drs. 234/18) vom 21.09.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds“ (BR-Drs. 228/18 vom 19.10.2018);

– zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Ge­meinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Ent­wicklung des ländlichen Raumes (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Stra-tegiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Verordnung (EU) Nr. 1307/2013) des Europäi­schen Parlaments und des Rates“ (BR-Drs. 246/18 vom 19.10.2018).

3. In welchem Umfang hat es sich an den einzelnen EU-Programmen beteiligt?

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen strebt mit der Ausrichtung der EU-Förderpolitik an, alle Regionen des Landes möglichst nach ihren spezifischen Bedürfnissen und Potentialen zu fördern. Bei einem Teil der Förderprogramme ist eine Ko-Finanzierung erforderlich. Da die aktuelle Förderperiode noch bis zum Jahr 2020 andauert, sind derzeit lediglich Schätzungen der Beteiligung des Landes möglich.

Europäischer Fonds für regionale Entwick- lung (EFRE) 700 Mio. Euro
Europäischer Sozialfonds (ESF) 150 Mio. Euro
Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) 330 Mio. Euro
INTERREG 52 Mio. Euro
Horizont2020 Keine Ko-Finanzierung
Asyl-,   Migrations-    und     Integrationsfonds

(AMIF)

Keine Ko-Finanzierung
ERASMUS+ Keine Ko-Finanzierung
Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) Keine Ko-Finanzierung
Europäischer Garantiefonds für die Land- wirtschaft (EGFL) Keine Ko-Finanzierung*
Connecting Europa Facility (CEF) **

 

* Ausnahme: EU-Schulprogramm, Programmteil Schulobst und -gemüse (bis 2017 Schulobst-und -gemüseprogramm): ca. 2,5 Mio. Euro pro Jahr

** Die Umsetzung der CEF erfolgt durch Zuschüsse, Finanzierungsinstrumente und die Vergabe öffentlicher Aufträge. Alle deutschen Anträge werden vom Bund selbst oder mit Zu­stimmung des Bundes gestellt. Die Europäische Union beteiligt sich damit auch an Verkehrs-infrastrukturprojekten in Nordrhein-Westfalen. Hier fließt der weit überwiegende Anteil der Mit­tel aber in Projekte des Bundes oder der Deutschen Bahn AG.

Aus dem Justizbereich können die Projekte e-CODEX Plus (47.698,41 Euro), Court Data Base II (13.486,80 Euro) und IRI (234.348,00 Euro) aufgeführt werden, die aus dem Förderpro­gramm CEF hervorgegangen sind. Die aufgeführten Gesamtkosten werden jedoch noch nach dem Königsteiner Schlüssel auf alle Bundesländer verteilt.

4. Wie hoch war in der vergangenen Legislaturperiode der Anteil der von der Lan­desregierung initiierten Gesetze oder Gesetzesänderungen, welche (auch) euro­päische Vorgaben umgesetzt haben (aufgeschlüsselt nach Ressorts)?

5. Welche Gesetze oder Gesetzesänderungen waren das im Einzelnen?

Die Fragen 4 und 5 werden wegen des bestehenden Sachzusammenhangs gemeinsam be­antwortet:

Die Landesregierung hält mangels Notwendigkeit keine explizite Übersicht vor, die zur Beant­wortung der Fragen herangezogen werden kann. Es besteht auch keine Pflicht, eine solche aus Anlass der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zu erstellen. Lässt sich die Frage aus für den Abgeordneten ohne weiteres zugänglichen öffentlichen Quellen beantworten, so genügt ein Hinweis auf diese Quellen. Eine solche Quelle besteht vorliegend: jeder Gesetz­entwurf der Landesregierung lässt sich als Landtagsdrucksache über den Internetauftritt des Landtags aufrufen. Das jeweilige Gesetzesvorblatt gibt Auskunft über das gesetzgeberische Motiv und lässt somit erkennen, ob der Gesetzentwurf der Umsetzung europarechtlicher Vor­gaben dient.

Exemplarisch werden folgende Gesetzgebungsvorhaben genannt, die der Umsetzung euro­parechtlicher Vorgaben dienen. Anspruch auf Vollständigkeit besitzt die Aufzählung nicht.

Änderung des Gesetzes über die Berufsausübung der Gesundheitsfachbe­rufe (Gesundheitsfachberufegesetz NRW – GBerG) vom 14. Mai 2016

Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Nordrhein-Westfalen vom 08.07.2016

Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2016

Änderung des Landesabfallgesetzes vom 07.04.2017

Änderungen im Gesetz über das Notarversorgungswerk Köln (NotVG)

Änderungen im Gesetz über die Versorgung der Rechtsanwälte (RAVG) Änderungen im Gesetz über die Versorgung der Steuerberaterinnen und Steuerberater (StBVG)

Änderungen im Gesetz über die Versorgung der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (WPVG)

Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbauordnung – BauO NRW) vom 15.12.2016

Dienstrechtsanpassungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013

Dienstrechtsmodernisierungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2016

Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG), in Kraft getreten am 01.01.2016

Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft in NRW – Abschiebungshaft-vollzugsgesetz NRW – AHaftVollzG NRW – vom 17.12.2015

Gesetz über die Anerkennung als Markscheider im Land Nordrhein-Westfalen 2014

Gesetz über die Berufsausübung der Gesundheitsfachberufe (Gesundheits-fachberufegesetz NRW – GBerG), zum 31. Dezember 2014 in Kraft getreten Gesetz über die Regulierungskammer Nordrhein-Westfalen (RegKG) vom 08.03.2016

Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen vom 15.11.2016 Gesetz zum Siebzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Gesetz zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 17. Dezember 2015

Gesetz zur Änderung des Baukammerngesetzes NRW vom 09.12.2014 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung einer Zulage für frei­willige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen vom 1. April 2014

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Hilfen für Blinde und Gehörlose (GHBG)

Gesetz zur Durchführung der Marktüberwachung harmonisierter Bauprodukte in Nordrhein-Westfalen (MÜBaupG NRW) vom 25. März 2015

Gesetz zur finanziellen Beteiligung an den Schulkosten für die Ausbildung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern und über die Berufsausübung der Ge­sundheitsfachberufe vom 18. Dezember 2014

Gesetz zur Regelung des Jugendstrafvollzuges und zur Änderung der Voll­zugsgesetze in Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2017

Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe und zur Änderung des Jugendstrafvollzugsgesetzes in Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 Gesetz zur Restrukturierung der WestLB AG vom 21. Juni 2012

Gesetz zur Stärkung der Versorgung bei Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 7. April 2017

Gesetz zur Umsetzung europarechtlicher Vorgaben über die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen in Nordrhein-Westfalen vom 26.04.2016

Gesetzes über die Sicherheit in Häfen und Hafenanlagen im Land Nordrhein-Westfalen (HaSiG) vom 29.12.2015

Nichtraucherschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – NiSchG NRW vom 1. Mai 2013

Tariftreue – und Vergabegesetz NRW 2017 (TVgG NRW 2017)

Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, LWG, Neufassung vom 08.07.2016

Zweites Gesetz zur Änderung des KHGG NRW vom 25.3.2015

Zweites Gesetz zur Änderung des Landes-Hafenentsorgungsgesetzes vom 07.04.2017

 

Antwort als PDF laden

Beteiligte:
Sven Tritschler