Bochum: Junge Männer verprügeln Zugbegleiter im Regionalexpress – Warum wird erst jetzt die Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet? – Nachfrage

Kleine Anfrage
vom 18.12.2023

Kleine Anfrage 3083

der Abgeordneten Markus Wagner und Klaus Esser AfD

Bochum: Junge Männer verprügeln Zugbegleiter im Regionalexpress Warum wird erst jetzt die Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet? Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 27. November 2023, Drucksache 18/7021 auf unsere Kleine Anfrage vom 27. Oktober 2023, Drucksache 18/6615, wurde auf unsere Frage 1

„Wie ist der aktuelle Sachstand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die – nach Kenntnis der Landesregierung – Tatverdächtigen nennen.)“1

unter anderem wie folgt geantwortet:

„Aufgrund der eingeleiteten Öffentlichkeitsfahndung habe inzwischen ein Tatverdächtiger rumänischer Staatsangehörigkeit ermittelt werden können, der strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten sei.“2

Auf Frage 2

„Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung erst nach fast einem Jahr gestartet?“3

erhielten wir folgende Antwort:

„Nach der in § 131b Absatz 1 der Strafprozessordnung enthaltenen Subsidiaritätsklausel ist die Veröffentlichung von Bildmaterial eines Tatverdächtigen davon abhängig, dass die Aufklärung der Straftat auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre. Dem in der Antwort auf Frage 1 in Bezug genommenen Bericht zufolge sei zunächst die polizeiinterne Fahndung als milderes Mittel angeordnet worden.“4

Zu unserer Frage 5

„Welche Nationalität haben die für die in Frage 3 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)“5

führte die Landesregierung unter anderem aus:

„In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen sind Straftaten zum Nachteil von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern bzw. Fahrkartenkontrolleurinnen und Fahrkartenkontrolleuren sowie den in diesem Zusammenhang ermittelten Tatverdächtigen nicht automatisiert auswertbar. Eine händische Auswertung ist weder mit vertretbarem Verwaltungsaufwand noch in der zur Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit möglich.“6

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. In welchem Umfang wurde bisher geprüft, ob aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den rumänischen Staatsangehörigen erhoben werden können?
  2. Warum wurden bisher keine aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den rumänischen Staatsangehörigen eingeleitet?
  3. Welche Gründe lagen vor, dass die polizeiinterne Fahndung als milderes Mittel erhoben wurde, sodass fast ein Jahr vergangen ist, bis die Öffentlichkeitsfahndung eingeleitet wurde?
  4. Warum sind Straftaten zum Nachteil von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern bzw. Fahrkartenkontrolleurinnen und Fahrkartenkontrolleuren sowie die in diesem Zusammenhang ermittelten Tatverdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik bisher nicht automatisiert auswertbar?
  5. Ab wann wird es eine automatisierte Auswertung geben, um Straftaten zum Nachteil von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern bzw. Fahrkartenkontrolleurinnen und Fahrkartenkontrolleuren sowie die in diesem Zusammenhang ermittelten Tatverdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik abzurufen?

Markus Wagner
Klaus Esser

 

MMD18-7454

 

1 Vgl. Antwort der Landesregierung vom 27.11.2023, Drs. 18/7021, S. 2.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Ebenda.

6 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3083 mit Schreiben vom 16. Januar 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, dem Minister der Justiz und dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

  1. In welchem Umfang wurde bisher geprüft, ob aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den rumänischen Staatsangehörigen erhoben werden können?
  2. Warum wurden bisher keine aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den rumä­nischen Staatsangehörigen eingeleitet?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Der Verlust des Rechtes auf Einreise und Aufenthalt richtet sich bei Unionsbürgern nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern. In Abhängigkeit vom Vorliegen strafrechtlicher Verurteilungen können mögliche ausländerrechtliche Konsequenzen durch die zuständige örtliche Ausländerbehörde festgestellt werden. Da der Betroffene nach Angaben der zuständigen Ausländerbehörde das Bundesgebiet verlassen hat, ist eine weitere auslän­derrechtliche Befassung insoweit obsolet.

  1. Welche Gründe lagen vor, dass die polizeiinterne Fahndung als milderes Mittel erhoben wurde, sodass fast ein Jahr vergangen ist, bis die Öffentlichkeitsfahn­dung eingeleitet wurde?

Der mit der Veröffentlichung von Abbildungen eines Tatverdächtigen gemäß § 131b Abs. 1 StPO einhergehende grundrechtsintensive Eingriff ist nur zulässig, wenn zuvor andere geeig­nete Maßnahmen zur Aufklärung der Straftat ausgeschöpft wurden. Die Voraussetzungen für die richterliche Anordnung der Veröffentlichung liegen daher oftmals nur vor, wenn zuvor eine polizeiinterne Fahndung, die nicht mit einer öffentlichen Bloßstellung des Tatverdächtigen ver­bunden ist, erfolglos geblieben ist. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen es – wie vorliegend dem Bericht der Leitenden Oberstaatsanwältin in Bochum vom 27.12.2023 zufolge der Fall – nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Tatverdächtige bereits polizeibekannt sein könnte.

  1. Warum sind Straftaten zum Nachteil von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern bzw. Fahrkartenkontrolleurinnen und Fahrkartenkontrolleuren sowie die in diesem Zusammenhang ermittelten Tatverdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik bisher nicht automatisiert auswertbar?

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt.

Die bundeseinheitlichen Erfassungsrichtlinien des Polizeilichen Kriminalstatistik sehen derzeit keine spezifische Erfassung von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern oder Fahrkartenkontrol­leurinnen und Fahrkartenkontrolleure als Opfergruppe vor. Bezogen auf die berufsbezogene Tatmotivation werden besonders vulnerable Berufsgruppen (z. B. Lehrer, Taxifahrer oder Voll­streckungsbeamte und gleichstehende Personen) in der Polizeilichen Kriminalstatistik abge­bildet. Der Umfang der Opferspezifiken wird regelmäßig bei der Erstellung der bundeseinheit­lichen Erfassungsrichtlinien auf mögliche Anpassungsbedarfe geprüft. Im Rahmen dieser Be­fassung wurde bislang kein diesbezüglicher Erfassungsbedarf bekannt.

  1. Ab wann wird es eine automatisierte Auswertung geben, um Straftaten zum Nach­teil von Zugbegleiterinnen und Zugbegleitern bzw. Fahrkartenkontrolleurinnen und Fahrkartenkontrolleuren sowie die in diesem Zusammenhang ermittelten Tat­verdächtigen in der Polizeilichen Kriminalstatistik abzurufen?

Hierzu verweise ich auf die Antwort zu Frage 4.

 

MMD18-7772