Kleine Anfrage 4181
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Bochum: Säureangriff auf Cafégäste in der Innenstadt – Was sind die Hintergründe?
Am Sonntag, den 30. Juni 2024, kam es zu einem Angriff auf ein Bochumer Café, bei dem mehrere Menschen verletzt wurden. Ein Mann übergoss dabei einen anderen Mann, der im Außenbereich des Lokals saß, mit einer säurehaltigen Flüssigkeit, wodurch er schwer verletzt wurde. Bei den zehn weiteren Verletzten handelt es sich u. a. um eine Frau, die mit am Tisch des Opfers gesessen hatte, eine Kellnerin sowie mehrere Polizeibeamte und Feuerwehrmänner. Der Täter soll erst geflohen sein, jedoch kurze Zeit später in der näheren Umgebung festgenommen worden sein.1
Wegen der zunächst unklaren Situation und nicht gewissen Anzahl an Verletzten kam ein Großaufgebot von Rettungskräften zum Tatort. Zwischenzeitlich waren allein fast 40 Einsatzkräfte der Bochumer Feuerwehr vor Ort. Zusätzlich zu einem Löschzug kamen drei Notärzte, drei Rettungswagen und drei Krankenwagen. Insgesamt seien mindestens fünf Personen im Café durch die Flüssigkeit verletzt worden. Auch vier Polizisten und zwei Feuerwehrleute mussten behandelt werden, da sie mit der Lösung in Kontakt kamen. Alle wurden von Mitarbeitern des Rettungsdienstes erstversorgt und anschließend in Krankenhäusern weiterbehandelt. Es wurden Ermittlungen aufgenommen, das Motiv sei jedoch laut Medienbericht noch unklar. Zum Analysieren der Flüssigkeit wurde außerdem ein Spezialzug der Feuerwehr beauftragt.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche Vorstrafen des Tatverdächtigen sind bekannt?
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügt der Tatverdächtige?
- Wie viele Angriffe mit Säure wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert? (Bitte einzeln auslisten.)
- Welche Hinweise liegen hinsichtlich einer Verbindung zur Organisierten ( Clan-)Kriminalität vor?
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4181 mit Schreiben vom 16. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Bochum hat mir unter dem 01.08.2024 berichtet, dass sich das Ermittlungsverfahren gegen zwei in Untersuchungshaft befindliche Beschuldigte wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Beschuldigter A) beziehungsweise Beihilfe dazu (Beschuldigter B) richte.
Zum Geschehensablauf hat die Leitende Oberstaatsanwältin im Wesentlichen weiter ausgeführt, dass der in der Nähe des Tatortes festgenommene Beschuldigte A dringend verdächtig sei, sich am 30.06.2024 gegen 15.25 Uhr dem im Außenbereich des Bochumer Cafés „Fräulein Coffea“ an einem Tisch sitzenden Geschädigten von hinten genähert und mitgeführte hochprozentige Schwefelsäure in dessen Gesicht gegossen zu haben. Dem Beschuldigten B werde zur Last gelegt, den Beschuldigten A in Kenntnis und Billigung der Gesamtumstände mit einem Pkw zum Tatort verbracht und mit diesem verabredet zu haben, das Fahrzeug auch zur Flucht zur Verfügung zu stellen.
Die Hintergründe der Tat und das Motiv seien Gegenstand der andauernden Ermittlungen.
- Welche Vorstrafen des Tatverdächtigen sind bekannt?
Von einer detaillierten Aufschlüsselung der Vorstrafen wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten, insbesondere auch im Hinblick auf das Resozialisierungsgebot abgesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, sondern der Regierungskontrolle und Gesetzgebung dient, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu Vorstrafen entsprochen.
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügt der Tatverdächtige? Die Tatverdächtigen besitzen ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit.
- Wie viele Angriffe mit Säure wurden seit 2015 bis heute pro Jahr registriert? (Bitte einzeln auslisten.)
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Daten zu Straftaten für das Jahr 2024 liegen derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor. „Säure“ wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht als gesondertes Tatmittel erfasst. Eine Beantwortung der Frage durch eine automatisierte Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik ist daher nicht möglich. Eine händische Auswertung ist in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ebenfalls nicht möglich.
- Welche Hinweise liegen hinsichtlich einer Verbindung zur Organisierten (Clan-)Kriminalität vor?
Die Hintergründe der Tat sowie etwaige Bezüge zur Organisierten Kriminalität oder zur Clan-kriminalität sind Gegenstand der fortdauernden Ermittlungen.