Bonn: Abschiebung von Salafistenprediger gestoppt – Er ist wieder auf freiem Fuß

Kleine Anfrage
vom 28.11.2024

Kleine Anfrage 4795

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Bonn: Abschiebung von Salafistenprediger gestoppt Er ist wieder auf freiem Fuß

Am 12. Oktober 2024 wurde der Bonner Salafistenprediger H., der auch unter verschiedenen Alias-Namen bekannt ist, aus der Abschiebehaft entlassen. Dies bestätigte der 32-jährige Kosovare dem Focus in einem Telefonat. Zunächst zeigte sich H. bereit für ein Interview, zog jedoch diese Entscheidung auf Anraten seines Anwalts zurück, da er sich nicht zu den Vorwürfen äußern kann und werde.1

  1. war vor einem Monat auf Anordnung des Bonner Ausländeramts festgenommen und in die Abschiebehaft nach Büren gebracht worden. Grundlage dieser Entscheidung war ein Bericht des Staatsschutzes der Polizei Bonn, der H. als extremistischen Prediger einstufte. Ihm wurde vorgeworfen, in seinen Predigten einen „dschihadistischen Salafismus“ zu propagieren, der die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ gefährde. Insbesondere über soziale Netzwerke wie TikTok erlangte H. Berühmtheit in der Szene der Hassprediger und er soll gezielt junge, verunsicherte Menschen zu einer radikalen islamischen Strömung geführt haben, die sich an der Scharia und der Sunna, dem Leben des Propheten und seiner Gefährten, orientiert. Neben Kontakten zu Hasspredigern wie I. soll der 32-Jährige enge Kontakte ins Clan-Milieu haben. So posierte er auf Instagram mit niemand Geringerem als Abou-Chaker. H. erwirkte jedoch vor dem Kölner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung einen Abschiebestopp. Das Bonner Ausländeramt ging daraufhin in Berufung. Allerdings bestätigte das Oberverwaltungsgericht den Beschluss der Vorinstanz. Das Gericht entschied, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, um H.s Abschiebung im öffentlichen Interesse durchzusetzen. In der Begründung des Urteils hieß es:

„Die aktuelle Gesetzeslage lässt nicht die Annahme zu, dass Anhänger des politischen Salafismus ohne zusätzliche Umstände eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen.“

Außerdem habe H. ein „schwerwiegendes Bleibeinteresse“, da er mit seiner deutschen Ehefrau und seinen drei minderjährigen Kindern in Deutschland lebe. Die Vorwürfe gegen H. beschränken sich jedoch nicht nur auf seine politischen Aktivitäten. Den Sicherheitsbehörden zufolge soll er seiner Familie Gewalt angedroht haben. In einem abgehörten Telefonat habe er sogar geäußert, seine fünfjährige Tochter töten zu wollen. Verfahren wegen dieser Vorwürfe wurden jedoch vom Jugendamt und vom Familiengericht eingestellt.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
  2. Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über den Tatverdächtigen bekannt?
  3. Über welche Nationalität verfügt H.? (Bitte Vornamen des Tatverdächtigen nennen.)
  4. Ist H. jemals als „Prüffall Islamismus“ geführt worden?
  5. Wurde H. jemals als Person eines Prüffallkonzepts geführt (Gefährder, Prüffall Islamismus, relevante Person, Periskop, etc.)?

Markus Wagner

 

MMD18-11561

 

1 Vgl. https://apollo-news.net/abschiebung-von-salafistenprediger-hamza-gestoppt-er-ist-wieder-auf-freiem-fuss/.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4795 mit Schreiben vom 28. Januar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftat­bestände aufschlüsseln.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn hat dem Ministerium der Justiz unter dem 03.12.2024 berichtet, bei seiner Behörde sei ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung anhängig gewe­sen, dem ein Sachverhalt zugrunde gelegen habe, der im Wesentlichen der Darstellung im vierten Absatz der Kleinen Anfrage entspreche und das gemäß § 153a Absatz 1 Strafprozess­ordnung nach Erfüllung der Auflage eingestellt worden sei.

  1. Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über den Tatverdächtigen bekannt?

Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachts­momenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von Ermitt­lungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Ver­urteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Die hier erfragte Person gilt in der salafistischen Szene als Prediger bzw. Influencer mit großer Reichweite, insbesondere in sozialen Netzwerken. Die Person ist in der Vergangenheit wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:

  • Häusliche Gewalt
  • Bedrohung
  • Diebstahl
  • Körperverletzung
  • Betrug
  • Verfahren nach dem Kunsturheberrechtsgesetz
  • Zulassen / Anordnen des Führens eines Kfz ohne Fahrerlaubnis (Halterduldung)
  1. Über welche Nationalität verfügt H.? (Bitte Vornamen des Tatverdächtigen nen­nen.)
  2. Ist H. jemals als „Prüffall Islamismus“ geführt worden?
  3. Wurde H. jemals als Person eines Prüffallkonzepts geführt (Gefährder, Prüffall Is­lamismus, relevante Person, Periskop, etc.)?

Die Fragen 3-5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Per­son besitzt die kosovarische Staatsbürgerschaft. Im Übrigen können die erfragten Angaben nicht erfolgen, weil damit eine Beeinträchtigung des Staatswohls in Form der Aufgabenerfül­lung der Polizei zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit verbunden wäre, wel­che hier das parlamentarische Informationsinteresse überwiegt.

 

MMD18-12677

Beteiligte:
Markus Wagner