Brutaler Angriff auf zwei Polizisten in Köln-Holweide – Ein Täter weiter auf der Flucht

Kleine Anfrage
vom 24.08.2023

Kleine Anfrage 2386

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Brutaler Angriff auf zwei Polizisten in Köln-Holweide Ein Täter weiter auf der Flucht

Am Mittwoch, den 09.08.2023 kam es zu einem brutalen Angriff auf zwei Polizeibeamte vor einer Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Holweide. Die Beamten wollten einen 3er BMW überprüfen, welcher weder angemeldet zu sein schien noch eine TÜV-Plakette aufweisen konnte. Die beiden „jungen Männer“1, die sich zum Zeitpunkt der Kontrolle im Fahrzeug befanden, sollen kurzerhand weitere Personen zur Verstärkung gerufen haben und insgesamt zu viert die beiden Polizisten angegriffen haben. Ein 17-jähriger Angreifer wurde von den Polizisten mit einem Taser bekämpft, gegen die anderen Aggressoren wurde sich mit Pfefferspray verteidigt. Als dann weitere Polizisten zur Hilfe kamen, konnten diese zwei Männer und eine Frau festnehmen. Ein 19-Jähriger konnte jedoch fliehen. Nach ihm soll die Polizei immer noch fahnden und auch bereits seine Wohnung in einer Flüchtlingsunterkunft in Köln-Fühling kontrolliert haben, wo sie den Verdächtigen allerdings nicht antreffen konnten. Nach WDR-Informationen soll die Polizei häufiger abgemeldete Autos vor Flüchtlingseinrichtungen kontrollieren, da es in der Vergangenheit bereits Fälle gegeben haben soll, bei denen eben solche Autos für Diebstähle und sonstige Verbrechen verwendet wurden. Der verletzte Polizist erlitt durch den Angriff mehrere Frakturen im Bereich des Gesichts, eine andere Polizistin soll unter Atemnot gelitten haben.2 Beide wurden zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht und gelten als „vorerst nicht mehr dienstfähig“.3 Auch der 17-Jährige wurde nach der Verwendung des Elektroschockers ambulant im Krankenhaus behandelt, bevor er ins Polizeipräsidium verbracht wurde. Da die Auseinandersetzung von dem 15-jährigen Bruder des 17-Jährigen mit dem Handy aufgezeichnet sein worden soll, wurde sein Handy als Beweismittel sichergestellt.4 Auch die Bilder der Bodycams der Polizisten sollen noch evaluiert werden.

Am darauffolgenden Freitag wurde die gesamte Flüchtlingsunterkunft in Holweide abgeriegelt und die Mitglieder einer Großfamilie, die aus dem Balkan stammen soll, auf mehrere andere Flüchtlingsunterkünfte aufgeteilt. Diese Aktion steht wohl im direkten Zusammenhang mit dem Angriff auf die Polizisten am Mittwoch und auch sonstige Attacken auf das dortige Sicherheitspersonal. Das Großaufgebot der Polizei soll zum Schutz der Mitarbeiter der Stadt Köln aufgefahren worden sein. Zudem soll es bei der Abriegelung der Unterkunft zu „heftigem Widerstand“5 gekommen sein. Durch die Trennung der Großfamilie, die schon lange in der Einrichtung gelebt haben soll, erhofft man sich eine Verbesserung der Lage und eine Verminderung der Gewalttaten.6

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Zu wie vielen Straftaten kam es seit 2015 in der Flüchtlingsunterkunft in Köln-Holweide? (Bitte nach Jahr, Ort und Delikt sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln.)
  3. Bei wie vielen dieser Delikte wurden Polizisten, Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes oder sonstige Helfer bzw. Angestellte verletzt? (Bitte nach Jahr, Ort und Delikt sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln.)
  4. Was ist über die Großfamilie, die mittlerweile auf mehrere Unterkünfte aufgeteilt wurde, bekannt? (Bitte Vorstrafen, Einreisedaten nach Deutschland, aktuelle Aufenthaltsstatus, Erwerbstätigkeit und weitere relevante Faktoren in die Antwort miteinbeziehen.)
  5. Wie viele Fahrzeugkontrollen solcher abgemeldeten Autos ohne gültige TÜV-Plakette, die in Zusammenhang mit Verbrechen standen, hat es seit 2015 in NRW gegeben? (Bitte nach Jahr und Ort sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 https:// www1 .wdr.de/nachrichten/rheinland/eskalation-polizeikontrolle-koeln-100.html.

2 Ebenda.

3 https:// www .express.de/koeln/angriff-bei-kontrolle-koelner-polizist-und-polizistin-in-klinik-626372.

4 Ebenda.

5 https:// www1 .wdr.de/nachrichten/rheinland/eskalation-polizeikontrolle-koeln-100.html.

6 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2386 mit Schreiben vom 20. Oktober 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Zu den Vorfällen am 09.08.2023 vor und in der Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Hol­weide wird auf die Berichterstattung des Vertreters des Ministeriums der Justiz in der 20. öf­fentlichen Sitzung des Innenausschusses des Landtags am 17. August 2023 (Apr 18/310, Seite 52 ff.) verwiesen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 15.08.2023 ergänzend u. a. berichtet, die in seinem Vorbericht erwähnte Zeugin B. H. sei als Beschuldigte nacherfasst worden. Er führt dazu aus:

„Die Einsichtnahme in das nunmehr vorliegende Handyvideo des Beschuldigten A. H. hat ei­nen Anfangsverdacht wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zum Nachteil der Polizeikommissarin A. I. ergeben. Nach derzeitigem Ermittlungsstand ist die Beschuldigte ver­dächtig, zwei Mal den ausgestreckten linken Arm der Polizeikommissarin A. I. weggeschlagen zu haben, als die Beamtin sie davon abhalten wollte, sich zu dem fixierten Beschuldigten S. H. zu begeben. Die Beschuldigte B. H. besitzt die bosnisch-herzegowinische Staatsangehö­rigkeit.“

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 05.09.2023 zum weiteren Fortgang der Ermittlungen u. a. berichtet, es werde weiter nach dem Beschuldigten M. H. gefahndet. Zeuginnen und Zeugen sowie die Beschuldigten S. H., A. H. und B. H. würden nachvernommen bzw. seien bereits nachvernommen worden.

Zu den strafrechtlichen Vorbelastungen der Beschuldigten sind den Berichten des Leitenden Oberstaatsanwalts in Köln und des Generalstaatsanwalts in Köln u. a. folgende Angaben zu entnehmen:

Die Beschuldigten Jugendlichen S. H. und A. H. sind bislang nicht strafrechtlich verurteilt wor­den. Bezüglich der Heranwachsenden M. H. und B.H. sind namentlich Eigentumsdelikte ju­gendrichterlich geahndet worden.

Die erwachsene Beschuldigte F. H. ist mehrfach wegen Diebstahlsdelikten strafrechtlich u. a. zu Freiheitsstrafen jeweils mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Zuletzt ver­urteilte sie das Amtsgericht Köln am 08.08.2022 wegen versuchten gemeinschaftlichen Dieb­stahls zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung. Die Prüfung eines Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung oder einer Verlängerung der Bewäh­rungszeit ist veranlasst.

Von weiteren Angaben wird mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, den Erziehungs­gedanken, die im Ermittlungsverfahren nach Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschen­rechtskonvention zu beachtende Unschuldsvermutung und das Resozialisierungsgebot unter Abwägung mit dem parlamentarischen Informationsinteresse abgesehen.

  1. Zu wie vielen Straftaten kam es seit 2015 in der Flüchtlingsunterkunft in Köln-Hol­weide? (Bitte nach Jahr, Ort und Delikt sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Ge­schlecht und Nationalität aufschlüsseln.)

Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach jährlich bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen dem Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Er­fassung.

Die Flüchtlingsunterkunft wurde im Oktober 2019 eröffnet. Insoweit bitte ich die polizeilich be­kannt gewordenen Straftaten an der postalischen Anschrift der Flüchtlingsunterkunft der nach­folgenden Tabelle für die Jahre 2019 bis 2022 zu entnehmen.

Bekannt gewordene Straftaten
Jahr Fälle
2019 3
2020 19
2021 10
2022 8

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik NRW

  1. Bei wie vielen dieser Delikte wurden Polizisten, Mitarbeiter des Sicherheitsdiens­tes oder sonstige Helfer bzw. Angestellte verletzt? (Bitte nach Jahr, Ort und Delikt sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln.)

Gemäß der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik werden Opferdaten nur bei speziell definierten Delikten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre, sexuelle Selbstbestimmung und Widerstandsdelikte) erfasst.

Die Opferspezifik in der Polizeilichen Kriminalstatistik enthält lediglich eine definierte Auswahl von Berufen (insb. Polizeibeamtinnen- und beamte sowie privates Sicherheitsgewerbe). Es existiert keine separate Erfassung von „sonstigen Helfern und Angestellten“ von Flüchtlings­unterkünften. In den Jahren 2019 bis 2022 gab es bei Straftaten an der betreffenden Anschrift keine verletzten Polizistinnen und Polizisten oder verletzte Angestellte aus dem privaten Si­cherheitsgewerbe.

  1. Was ist über die Großfamilie, die mittlerweile auf mehrere Unterkünfte aufgeteilt wurde, bekannt? (Bitte Vorstrafen, Einreisedaten nach Deutschland, aktuelle Auf­enthaltsstatus, Erwerbstätigkeit und weitere relevante Faktoren in die Antwort mit-einbeziehen.)

Die verfahrensbeteiligten Personen verfügen über die bosnisch-herzegowinische Staatsange­hörigkeit und gehören einer in Köln ansässigen Großfamilie an. Durch die Stadt Köln wurde am 11.08.2023 ein Umzug von fünf Personen (darunter drei verfahrensbeteiligte Personen) aus der Flüchtlingsunterkunft in Köln-Holweide in eine andere Unterkunft in Köln veranlasst. Die Maßnahmen der originär zuständigen Behörde wurden im Rahmen der Amts- und Voll­zugshilfe durch die Kreispolizeibehörde Köln unterstützt.

In Bezug auf vorliegende strafrechtliche Vorbelastungen und Verurteilungen wird auf die Ant­wort zu Frage 1 verwiesen.

Im Übrigen sieht die Landesregierung aus nachfolgenden Gründen von weiteren Informatio­nen zu der Großfamilie ab. Angesichts der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Anlasstat und der presseöffentlichen Folgemaßnahmen erscheint eine Identifizierbarkeit von am Verfah­ren unbeteiligten Personen, insbesondere auch von Minderjährigen aus dem sozialen Umfeld der Beschuldigten, wahrscheinlich oder jedenfalls möglich. Mit Blick auf den Jugendschutz, die allgemeinen Persönlichkeitsrechte und zur Vermeidung ungerechtfertigter Stigmatisierung ist von einer Unterrichtung abzusehen. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das der Regierungskontrolle und der Kontrolle der Gesetzgebung dient, ist durch die Mitteilung zum Sachstand der Ermittlungen ausreichend entsprochen.

  1. Wie viele Fahrzeugkontrollen solcher abgemeldeten Autos ohne gültige TÜV-Pla­kette, die in Zusammenhang mit Verbrechen standen, hat es seit 2015 in NRW ge­geben? (Bitte nach Jahr und Ort sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörig­keit extra ausweisen.)

Eine automatisierte Auswertung von Kontrollen abgemeldeter Fahrzeuge ohne gültige HU-Prüfplakette, die in Zusammenhang mit Verbrechen standen, ist nicht möglich. Eine manuelle Auswertung der Einzelvorgänge ist im Rahmen der für die Beantwortung Kleiner Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

 

MMD18-6458

Beteiligte:
Markus Wagner