Bünde: 88-jährige Seniorin um mehrere Zehntausende Euro betrogen

Kleine Anfrage
vom 30.10.2023

Kleine Anfrage 2807

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Bünde: 88-jährige Seniorin um mehrere Zehntausende Euro betrogen

In der Nacht auf Dienstag, den 26. September 2023 erhielt eine 88-jährige Seniorin aus Bünde im Kreis Herford einen Anruf eines unbekannten Mannes. Dieser teilte ihr mit, dass ihre Tochter einen schweren Unfall verursacht haben soll, bei dem ein Kind gestorben und eine weitere Person verletzt worden sei. Der Anrufer setzte die Dame in dem Gespräch massiv unter Druck und rief am folgenden Tag erneut an, um zu berichten, dass die verletzte Person ebenfalls gestorben sei. Er forderte die Frau auf, ihm 500.000 Euro zu übergeben, damit ihre Tochter aus der Haft entlassen werden könne.1

Allerdings hatte die Frau auf die Schnelle einen solchen Betrag nicht zur Verfügung, weshalb sie zur Bank eilte und dort Wertgegenstände aus ihrem Schließfach entnahm. Sie holte dabei Goldbarren im Wert von etwa 60.000 Euro, Münzen im Wert von circa 48.000 Euro und 30.000 Schweizer Franken ab. Danach begab sie sich zum vereinbarten Treffpunkt an der Bahnhofstraße und wartete auf einer Parkbank einer Seniorenresidenz, bis ein etwa 25 bis 30 Jahre alter, schmächtig gebauter Mann mit „südländischem Erscheinungsbild“2 auf die Frau zukam. Dieser nahm ihr die Wertsachen ab. Danach ging der dunkel gekleidete Mann zu Fuß davon.

Trotz der erfolgten Übergabe kam es zu einem weiteren Anruf, in welchem der Unbekannte die Frau aufforderte, sich zur Gerichtsstraße nach Bielefeld zu begeben und dort eine zweite Übergabe zu vollziehen. Allerdings wurde dort ein Mitarbeiter einer „öffentlichen Institution“3 auf das Geschehen aufmerksam und informierte die Polizei wegen des Verdachts auf Betrug. Daraufhin wurde auch die Tochter der 88-jährigen Frau informiert, die nie in einen Unfall verwickelt war. Nun hat die Kriminalpolizei aus Herford die Ermittlungen übernommen und fordert Zeugen auf, die sich im Zeitraum der Tat an den angegebenen Orten befunden haben und etwas Verdächtiges gesehen haben, sich zu melden. Des Weiteren wies die Polizei darauf hin, dass sie unter keinen Umständen Wertgegenstände oder Bargeld wegen einer angeblichen Sicherung an sich nehmen oder durch Dritte abholen lassen würde.4

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie oft kam es seit 2015 bis heute in NRW pro Jahr zu Betrugsfällen? (Bitte nach Ort und erbeuteter Summe aufschlüsseln.)
  3. Welches Alter haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verantwortlichen Tatverdächtigen?
  4. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verantwortlichen Tatverdächtigen?
  5. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verantwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-6610

 

1 https://polizei.nrw/presse/enkeltrick.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2807 mit Schreiben vom 23. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Poli­zeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfas­sung.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwendige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächti­gen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Bielefeld hat dem Ministerium der Justiz unter dem 03.11.2023 berichtet, dass der mit der Kleinen Anfrage angesprochene Sachverhalt Gegenstand eines wegen des Tatverdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bielefeld sei.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen sei am 26./27.09.2023 eine 88-jährige Seniorin aus Bünde mehrfach durch eine männliche Person, die vorgegeben habe, Polizeibeamter zu sein, angerufen worden. Dieser habe vorgetäuscht, die Tochter der Seniorin habe einen Unfall verursacht, bei dem zwei Personen ums Leben gekommen seien. Die Tochter befinde sich derzeit im Gefängnis und werde nur gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 500.000 € aus der Haft entlassen. Aufgrund dieser Täuschung habe die Geschädigte entsprechend der Aufforderung des Anrufers einen Goldbarren, 30.000 Schweizer Franken und ca. 30 Krügerrandmünzen aus ihrem Bankschließfach geholt und an einen bislang unbekannten „Abholer“ übergeben.

Der Versuch, die Seniorin zur Übergabe weiterer Vermögenswerte zu veranlassen, sei durch einen Zeugen, der auf die Geschädigte aufmerksam geworden sei und vor einer weiteren Übergabe die Polizei verständigt habe, verhindert worden.

Tatverdächtige hätten bislang nicht ermittelt werden können. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft sei durch das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 27.10.2023 die Veröffentlichung der nach der Beschreibung der Geschädigten erstellten Abbildung eines Tatverdächtigen in der regionalen und überregionalen Presse sowie den Inter-/Intranetseiten der Polizei angeordnet worden. Der Beschluss werde derzeit durch die Polizei vollstreckt.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute in NRW pro Jahr zu Betrugsfällen? (Bitte nach Ort und erbeuteter Summe aufschlüsseln.)

Die Anzahl der bekannt gewordenen Fälle im Deliktsbereich Betrug bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Anzahl Fälle im Deliktsbereich Betrug
Jahr bekannt gewordene Fälle
2015 247.351
2016 226.719
2017 228.491
2018 193.097
2019 182.979
2020 192.037
2021 194.978
2022 200.424

 

  1. Welches Alter haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verantwortli­chen Tatverdächtigen?

Die Altersgruppen der ermittelten Tatverdächtigen, aufgeschlüsselt nach Jahren, bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

 

Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen nach Altersgruppen
Jahr Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene
2015 384 6.580 12.094 92.112
2016 449 6.389 11.302 85.175
2017 423 5.936 10.418 81.277
2018 369 5.180 8.963 73.546
2019 387 4.755 8.675 67.084
2020 321 4.336 7.959 67.783
2021 403 4.175 7.097 63.295
2022 331 4.024 7.270 60.946

 

  1. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verant­wortlichen Tatverdächtigen?

Die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen, aufgeschlüsselt nach Jahren und Geschlecht, bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen nach Geschlecht
Jahr insgesamt männlich weiblich
2015 111.170 77.028 34.142
2016 103.315 72.947 30.368
2017 98.054 69.089 28.965
2018 88.058 62.075 25.983
2019 80.901 56.822 24.079
2020 80.399 55.838 24.561
2021 74.970 52.099 22.871
2022 72.571 50.740 21.831

 

  1. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Betrugsfälle verant­wortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörig­keit extra ausweisen.)

Die Staatsangehörigkeit der ermittelten Tatverdächtigen bitte ich der Anlage zu entnehmen.

 

MMD18-6905

Beteiligte:
Markus Wagner