Bürgerticket als neue ÖPNV-Zwangsabgabe zur Finanzierung von „Verkehrswende“-Planspielen? Solide Finanzierung und Sicherstellung von Grundbedarfen – „ÖPNV-GEZ“ eine klare Absage erteilen.

Antrag

Antrag

der Fraktion der AfD

Bürgerticket als neue ÖPNV-Zwangsabgabe zur Finanzierung von „Verkehrswende“-Planspielen? Solide Finanzierung und Sicherstellung von Grundbedarfen – „ÖPNV-GEZ“ eine klare Absage erteilen.

I. Ausgangslage

Freie Fahrt im Nahverkehr? Mit dem Deutschlandticket rücken die Träume vieler Befürworter eines kostengünstigen, nahezu kostenfreien ÖPNV in greifbare Nähe. Allein die Finanzierung stellt Bund und Länder vor große Herausforderungen. Denn schon jetzt ist klar, dass die Fi­nanzierung auf wackeligen Füßen steht und mit dem Deutschlandticket ein Subventionsmons­ter zum Leben erweckt wurde. Gestartet ist das Deutschlandticket mit der Zusage, dass der Bund für das Deutschlandticket ab 2023 jährlich 1,5 Milliarden Euro zum Verlustausgleich zur Verfügung stellen wird. Die Länder haben zugesagt, sich in selber Höhe zu beteiligen. Zusätz­liche Mehrkosten, die den Verkehrsunternehmen im Einführungsjahr 2023 durch Minderein­nahmen entstehen, wollen Bund und Länder je zur Hälfte tragen. Aber schon Ende Mai 2023 droht die Finanzierung dermaßen aus dem Ruder zu laufen, dass inzwischen im Hintergrund über eine „ÖPNV-GEZ“ nachgedacht wird, die mittels zu entrichtender Zwangsgebühr eine Abgabenfinanzierung im ÖPNV herstellen würde, die die gesamte Breite der Bevölkerung ein­beziehen könnte – quasi eine allgemeine Nutzungsgebühr für den Nahverkehr in Deutschland.

Dieses Planspiel dürfte schnell Realität werden, wenn sich nicht Aussagen, wie etwa des VDV-Präsident zu Preisanpassungen des Deutschlandtickets schnell bewahrheiten sollen. Dieser prophezeit mit Inflation und steigenden Kosten für Personal sowie Material bald ein ganz an­deres Preisschild.1 Die Bundesregierung macht in Bezug auf das Deutschlandticket deutlich, dass es sich bei dem Preis von 49 Euro „um einen Einführungspreis“ handelt. Die Verkehrs­minister von Bund und Ländern hätten vereinbart, dass es ab 2024 eine „Dynamisierung in Form eines automatischen Inflationsausgleichs“ geben wird. Mögliche Einnahmelücken könn­ten dann über Preiserhöhungen ausgeglichen werden. Als Alternative kommt nun die „ÖPNV-GEZ“ ins Spiel, auch um ein PR-Desaster mit unmittelbarer Verteuerung zu verhindern.

Seit geraumer Zeit wird in der Fachöffentlichkeit sowie in Politik und Gesellschaft über Mög­lichkeiten diskutiert, die Säulen der ÖPNV-Finanzierung um Instrumente zu ergänzen, die ins­besondere „Nutznießer“ an den Kosten des ÖPNV beteiligen; also jene, die einen mittelbaren Nutzen aus einer guten ÖPNV-Anbindung ziehen würden, auch wenn sie selbst keine ÖPNV-

Nutzer sind. Als alternative Finanzierungsinstrumente werden ein ÖPNV-Beitrag oder Bürger­ticket bzw. die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung in Betracht gezogen.2

In Baden-Württemberg sind derlei Planspiele schon weit vorangeschritten und bereits sehr konkret. Dort soll ein „Mobilitätspass“ dazu beitragen, dass mehr Bürger auf den Nahverkehr umsteigen. Entscheidet sich eine Kommune dafür, müssen die Autofahrer mit einem ver­pflichtenden monatlichen Beitrag rechnen.3 Dieser wird mit zusätzlichen zirka 40 Euro pro Mo­nat veranschlagt und sieht im Gegenzug Verbesserungen im ÖPNV – wie Nulltarif im Busver­kehr für alle – vor.4 Drei Modelle werden dabei ins Kalkül gezogen. Eine „Nahverkehrsabgabe“ bei der Kraftfahrzeughalter einen verpflichtenden monatlichen Beitrag zahlen müssen und da­für eine vergünstigte oder sogar kostenfreie ÖPNV-Nutzung erhalten. Ein „Bürgerticket“ bei dem die Einwohner einen verpflichtenden monatlichen Beitrag zahlen und dafür den ÖPNV vergünstigt oder kostenfrei nutzen können. Zuletzt die „Straßennutzungsgebühr“, die bei der Nutzung definierter Straßen mit einem Kraftfahrzeug anfällt. Dabei erhalten die Fahrer im Ge­genzug eine vergünstigte ÖPNV-Nutzung. Bereits im Sommer 2021 erfolgte in Baden-Würt­temberg ein Aufruf zur Bewerbung als Modellregion. Letztlich ausgewählt wurden 15 Regio­nen, die ein Drittel der Fläche Baden-Württembergs und 58 Prozent der Einwohner abdecken.5 Ein Projekt der schwarz-grünen Landesregierung, das bald auch in Nordrhein-Westfalen Schule machen wird?

II. Der Landtag stellt fest

Die Finanzierung des Deutschlandtickets steht direkt nach dem Start des Multimilliarden-Sub­ventionsprojektes auf tönernen Füßen, die einen stetigen finanziellen Mehrbedarf zur Deckung der Kosten im bundesweiten Nahverkehr bereits jetzt erkennbar machen. Nordrhein-Westfalen ist als großes Flächenland insbesondere von den finanziellen Unwägbarkeiten bei der Nutzung und Ausgestaltung des ÖPNV betroffen und droht so finanziell unter enormen Druck zu gera­ten. Es ist nur eine Frage der Zeit bis zur Finanzierung dieses ideologischen Verkehrswende-projekts alternative Finanzierungsquellen angezapft werden bzw. Steuern und Gebühren an­gepasst werden müssen.

III. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, sich umgehend für eine finanzielle Sicherung des Deutschlandtickets und der Folgen für die Verkehrsverbünde einsetzen und dafür zu sor­gen,

  • dass in Nordrhein-Westfalen keinesfalls ein ÖPNV-Zwangsabgabensystem, wie bspw. ein „Bürgerticket“, „Mobilitätspass“, o.ä. nach dem Vorbild Baden-Württembergs imple­mentiert wird;
  • dass die Landesregierung eindeutig Position bezieht und in der Verkehrsministerkonfe­renz sowie auf Bundesratsebene ihren Handlungsspielraum vollumfänglich einsetzt, um keine ideologische Verkehrswende auf dem Rücken der Pkw-Fahrer auszutragen und so Verkehrsteilnehmer weiter in eine konfrontative Situation hineinzudrängen, die letzt­lich nur weiteren gesellschaftlichen Unfrieden befördert und keine Mobilitätsverbesse-rung mit sich bringt;
  • dass bei fehlender Zusage des Bundes der Ticketpreis für das Deutschlandticket auch über 49 Euro anzusiedeln ist;
  • dass bei ausbleibender Bundesfinanzierung und fehlender Bereitschaft zu Anpassung des Ticketpreises auch eine Beendigung des Versuchs „Deutschlandticket“ in NRW in Betracht gezogen wird.

Klaus Esser

Dr. Martin Vincentz

Andreas Keith

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/49-euro-wird-deutschlandticket-schon-bald-teurer-id66297581.html

2 https://www.kcw-online.de/veroeffentlichungen/finanzierung-des-oepnv

3 https://www.staatsanzeiger.de/nachrichten/nahverkehrsabgabe-und-buergerticket-was-steckt-dahin-ter/

4 https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/mobilitaetspass-erleich-tert-zugang-zum-oepnv/

5 https://www.zukunftsnetzwerk-oepnv.de/strategie/mobilitaetspass

Beteiligte:
Klaus Esser