Castrop-Rauxel: Polizei-Großeinsatz in Notunterkunft mit mehreren Verletzten – zweite Nachfrage

Kleine Anfrage
vom 09.10.2023

Kleine Anfrage 2731

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Castrop-Rauxel: Polizei-Großeinsatz in Notunterkunft mit mehreren Verletzten zweite Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 15. September 2023, Drucksache 18/5955, auf meine Kleine Anfrage vom 2. August 2023, Drucksache 18/5241, wurde Frage 1

„Bei monatlichen Mietkosten in Höhe von 650.000 Euro und einer untergebrachten Bewohnerzahl von 878 ergibt dies einen durchschnittlichen Mietzins in Höhe von über 740,00 Euro pro Person. Dabei sind weitere Kosten wie der Leistungsbezug auf Basis des Asylbewerberleistungsgesetzes, Verpflegung, Sicherheitsdienst, Rechtsberatung, etc. noch überhaupt nicht enthalten. Überträgt man diesen Mietzins auf ein beliebiges in Deutschland lebendes Ehepaar mit zwei Kindern, so müsste dieses rund 2.960,00 Euro Miete monatlich entrichten. Wie begründet die Landesregierung die Rechtfertigung, dass ein einzelner Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Castrop-Rauxel alleine durch den Mietzins solch hohe Kosten für den Steuerzahler verursacht?“1

wie folgt beantwortet:

„Die Mietkosten beziehen sich auf die gesamte Liegenschaft und schließen damit sowohl Freiflächen als auch Gebäudeteile ein, die nicht der Unterbringung, sondern anderen Zwecken im Kontext der Betreuung und Versorgung dienen (z.B. Büro- und Sozialräume für die Einrichtungsleitung und Dienstleister, gemeinschaftlich genutzte Bereiche für tagesstrukturierende Angebote, Kantinenbereich, u.w.m.).“2

Meine Fragen 2 und 3

„Welche Gründe liegen vor, dass sich die untergebrachten Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Castrop-Rauxel aus den drei Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan und der Türkei zusammensetzen und nicht aus Ukrainern, obwohl unter anderem am 21.03.2022 sowie am 06.12.2022 von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine berichtet wurde?

„Die Bezirksregierung Münster gab am 21.03.2022 bekannt, dass in Castrop-Rauxel erneut eine Notunterkunft für Geflüchtete gebaut wird. Dabei sollte es sich um „eine Notunterkunft für Geflüchtete vor allem aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine“ handeln. Weiter hieß es, dass die Bezirksregierung Münster zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine im Regierungsbezirk Flächen und Liegenschaften aktivieren werde. Darüber hinaus führte der amtierende Bürgermeister Rajko Kravanja aus: „Wir müssen jetzt helfen, wo wir können und Unterkünfte für diejenigen schaffen, die vor Krieg und Gewalt fliehen.“ Hält es die Landesregierung für möglich, dass aufgrund gegensätzlicher Entwicklungen der Eindruck innerhalb der Bevölkerung entstehen kann, dass mit vorab falschen Informationen um Hilfe und Solidarität geworben wird, um Akzeptanz für Flüchtlingsunterkünfte zu generieren, oder gar der Bürgermeister getäuscht werden soll, wie das Beispiel Castrop-Rauxel zeigt? (Siehe dazu auch Frage 2.)“3

wurden wegen des Sachzusammenhangs wie folgt beantwortet:

„Mit Ausbruch des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine am 24.02.2022 hat sich das Land Nordrhein-Westfalen auf einen hohen Zustrom an Geflüchteten aus der Ukraine vorbereitet. Die unmittelbar nach Ausbruch des Krieges geplanten und/oder errichteten Notunterkünfte erfolgten mit dem Ziel der Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine. Im Verlauf des Jahres 2022 sind die Zugänge von Geflüchteten aus der Ukraine und damit der Bedarf an einer Zwischenunterbringung in Unterkünften des Landes deutlich zurückgegangen. Aufgrund der steigenden Zugänge von Asylsuchenden wurden die geplanten und/oder errichteten Notunterkünfte zunehmend für eine Unterbringung dieser Geflüchtetengruppe benötigt.

Die zunächst für die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine geplante Notunterkunft Castrop-Rauxel wurde baulich erst im Dezember 2022 fertiggestellt und in Betrieb genommen. Aufgrund der sich im Laufe des Jahres 2022 veränderten Bedarfslage wird die Notunterkunft seit Betriebsbeginn ausschließlich zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzt.”4

Auf Frage 4

„Welche rechtliche Verantwortung induziert der Artikel 16 a (2) des Grundgesetzes für Asylbewerber, die über EU-Staaten oder andere sichere Drittstaaten in unser Land kommen aus Sicht der Landesregierung?“5

erhielt ich folgende Antwort:

„Artikel 16a Absatz 2 GG ist Bestandteil der umfassenden Regelungen, die für das Politikfeld Flucht und Asyl auf nationaler wie europäischer Ebene bestehen und bei exekutivem Handeln entsprechend Anwendung finden.“6

Des Weiteren führte die Landesregierung zu Frage 5

„Kommt die Landesregierung ihrer rechtlichen Verantwortung nach, nicht berechtigte Personen abzuschieben? (Bitte erfolgreiche Abschiebungen in Prozent von der Gruppe der vollziehbar Ausreisepflichtigen angeben.)“7

Folgendes aus:

„Ja, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind.“8

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Hält die Landesregierung die Kosten für den Steuerzahler für vertretbar, weil sich die Mietkosten auf die gesamte Liegenschaft beziehen und somit sowohl Freiflächen als auch Gebäudeteile einschließen, die nicht der Unterbringung dienen?
  2. In welchem Umfang erkennt die Landesregierung eine Täuschung der Bürger in Castrop-Rauxel durch die ursprüngliche Kommunikation, eine Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine zu bauen, die dann doch nicht von diesen genutzt wird?
  3. Warum befinden sich derart viele Asylsuchende, die über mindestens ein sicheres Drittland nach Deutschland kamen, in Nordrhein-Westfalen, obwohl Artikel 16a Absatz GG als Bestandteil vorhandener Regelungen nach Aussage der Landesregierung entsprechend Anwendung findet?
  4. Wie viel Prozent der vollziehbar Ausreisepflichtigen wurden 2023 aus Nordrhein-Westfalen bisher pro Monat abgeschoben?

Markus Wagner

 

MMD18-6290

 

1 Antwort der Landesregierung vom 15. Spetember 2023, Drs. 18/5955.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Ebenda.

6 Ebenda.

7 Ebenda.

8 Ebenda.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2731 mit Schreiben vom 21. November 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Hält die Landesregierung die Kosten für den Steuerzahler für vertret­bar, weil sich die Mietkosten auf die gesamte Liegenschaft beziehen und somit sowohl Freiflächen als auch Gebäudeteile einschließen, die nicht der Unterbringung dienen?

Ja.

  1. In welchem Umfang erkennt die Landesregierung eine Täuschung der Bürger in Castrop-Rauxel durch die ursprüngliche Kommunikation, eine Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine zu bauen, die dann doch nicht von diesen genutzt wird?

Nachdem für den ursprünglich vorgesehenen und kommunizierten Zweck der (Zwischen-)Un­terbringung von Geflüchteten aus der Ukraine kein Bedarf mehr bestand, trat durch steigende Zahlen von Asylsuchenden eine neue Bedarfslage in der Unterbringung von Geflüchteten ein. Das Land hat auf diese veränderte Bedarfslage reagiert und nutzt die NU Castrop-Rauxel für die Unterbringung von Asylsuchenden. Ein Leerstand der NU Castrop-Rauxel wäre angesichts der veränderten Bedarfslage auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Spar­samkeit bei der Bewirtschaftung bestehender Unterkünfte nicht in Betracht gekommen.

  1. Warum befinden sich derart viele Asylsuchende, die über mindestens ein sicheres Drittland nach Deutschland kamen, in Nordrhein-Westfalen, obwohl Artikel 16a Ab­satz GG als Bestandteil vorhandener Regelungen nach Aussage der Landesregie­rung entsprechend Anwendung findet?

Über Asylanträge, mit denen gemäß § 13 Absatz 2 Satz 1 AsylG neben der Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von § 16a GG auch internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nr. 2 AsylG beantragt wird, entscheidet gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 AsylG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Prüfung des BAMF umfasst auch die Feststellung, ob Abschiebeverbote gemäß § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG vorliegen (vgl. § 31 Absatz 3 i.V.m. § 24 Absatz 2 AsylG). Der Aufenthalt einer asylantragstellenden Person ist gemäß § 55 Absatz 1 Satz 1 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Das Land hat keinen Einfluss auf die Prüfung der Asylanträge und Durchführung der Asylverfahren beim BAMF.

  1. Wie viel Prozent der vollziehbar Ausreisepflichtigen wurden 2023 aus Nordrhein-Westfalen bisher pro Monat abgeschoben?

Eine Statistik im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. Zum Stichtag 30.09.2023 waren laut Ausländerzentralregister 61.960 Personen im Zuständigkeitsbereich der nordrhein-westfäli­schen Ausländerbehörden ausreisepflichtig. Davon waren allerdings 52.186 Personen im Be­sitz einer Duldung. Die Gründe, warum jemand geduldet ist, sind vielschichtig (z. B. fehlende Reisedokumente, medizinische Gründe, Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsduldung). Dane­ben bleibt ein wesentliches Vollzugshindernis in vielen Fällen die fehlende Kooperationsbe­reitschaft von Herkunftsländern bei der Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen.

Die Anzahl der Rückführungen (inklusive Dublin-Überstellung) von Personen aus dem Zustän­digkeitsbereich nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden je Monat im Jahr 2023 stellt sich laut Statistik der Bundespolizei wie folgt dar:

 

Monat Anzahl   der    Rückführungen              (inklusive Dublin-Überstellung)
Januar 255
Februar 306
März 311
April 225
Mai 338
Juni 330
Juli 226
August 335
gesamt 2.326

 

MMD18-6862

Beteiligte:
Markus Wagner