Clan-Mitglieder prügeln auf Friedhof-Chef ein.

Kleine Anfrage
vom 20.08.2021

Kleine Anfrage 5927des Abgeordneten Markus Wagner von 20.08.2021

 

Clan-Mitglieder prügeln auf Friedhof-Chef ein.

In einem am 16. August 2021 veröffentlichten Artikel der Bild-Zeitung wird von einem Vorfall auf einem Friedhof in Essen berichtet, der sich bereits während einer muslimischen Beerdigung am 1. Juli dieses Jahres ereignete.

Demnach wurde der dortige Friedhofs-Chef zunächst von 20 Männern eines libanesischen Clans bedroht, beschimpft und anschließend geschlagen, nachdem er zuvor den Anwesenden mit Verweis auf die Friedhofsordnung untersagte, das Gelände mit ihren Autos zu befahren.

Nur mit Hilfe von zwei Sicherheitskräften, welche die schlimmsten Schläger zurückhielten, konnte sich das Opfer befreien und sich ins Hauptgebäude des Friedhofs retten.

Die verständigte Polizei rückte mit einer Hundertschaft an, konnte aber aufgrund der Aggressivität der Libanesen die Täter nicht vor Ort identifizieren und nahm nach der Beerdigung die Personalien von elf Personen auf.

Das Opfer erstattete Anzeige wegen Körperverletzung; gegen die drei Fahrer der Autos wird wegen Hausfriedensbruch ermittelt.1

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu diesem Vorfall in Essen? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)
  2. Wie viele ähnliche oder gleiche Vorfälle gab es seit den Jahre 2018 in NRW, bei denen die Situation während einer muslimischen Beerdigung eskalierte? (bitte mit Umfang und Ortsangabe auflisten)
  3. Wie bewertet die Landesregierung derartige Vorfälle?
  4. Welche konkreten Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern?
  5. Wie ist es zu erklären, dass eine Hundertschaft der Polizei ihre Aufgaben vorübergehend einstellt, nur weil die Konfliktparteien zu aggressiv auftreten?

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/muslimische-beerdigung-in-essen-clan-mitglieder-verpruegeln-friedhof-chef-77403978.bild.html


Dier Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5927 mit Schreiben vom 22. September 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu diesem Vorfall in Essen? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tat­verdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vor­namen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)

Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat dem Ministerium der Justiz hierzu unter dem 02.09.2021 wie folgt berichtet:

„Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat mir berichtet, dass sich das in der Kleinen Anfrage 5972 angesprochene Verfahren noch in der polizeilichen Sachbearbeitung befinde und die Staatsanwaltschaft Essen mit dem Sachverhalt bislang nicht befasst worden sei, so dass eine Schriftlage zu dem Verfahren nicht vorliege.“

Zu dem in Rede stehenden Sachverhalt führt die Kreispolizeibehörde Essen derzeit ein Ermitt­lungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Beleidigung und Hausfriedensbruch.

Nach derzeitigem Ermittlungsstand kam es am 01.07.2021, gegen 13:51 Uhr, im Rahmen ei­ner muslimischen Beerdigung auf dem „Friedhof am Hallo“ in Essen zwischen dem stellvertre­tenden Friedhofsleiter und mehreren Trauergästen zunächst zu verbalen Streitigkeiten, in de­ren weiterem Verlauf der stellvertretende Friedhofsleiter auch geschlagen worden sein soll. Anlass sei die Untersagung des Friedhofsverantwortlichen gewesen, das Friedhofsgelände mit Kraftfahrzeugen zu befahren.

Die polizeilichen Ermittlungen dauern noch an und richten sich derzeit gegen zwei unbekannte männliche Tatverdächtige sowie gegen die vier nachfolgend genannten Beschuldigten.

Der erste Beschuldigte ist libanesischer Staatsangehöriger, heißt mit Vornamen Abdul und ist bislang wegen Gewaltdelikten, sexuellen Missbrauchs von Kindern, illegalen Handels mit Be­täubungsmitteln sowie Erpressung kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten. Das Bundes-zentralregister enthält mit Stand vom 05.03.2019 keine Eintragungen zu diesem Beschuldig­ten. Zu einer aktuellen Abfrage vom 30.08.2021 an das Bundeszentralregister liegt bisher kein Ergebnis vor.

Der zweite Beschuldigte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit, heißt mit Vornamen Mahmoud und ist wegen Gewaltdelikten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten. Das Bun-deszentralregister enthält mit Stand vom 30.08.2021 keine Eintragungen zu diesem Beschul­digten.

Der dritte Beschuldigte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und heißt mit Vornamen Hamza. Er ist bislang kriminalpolizeilich nicht in Erscheinung getreten. Das Bundeszentralre-gister enthält mit Stand vom 30.08.2021 keine Eintragungen zu diesem Beschuldigten.

Der vierte Beschuldigte besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit, heißt mit Vornamen Mounir und ist wegen Gewaltdelikten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten. Das Bundeszentral-register enthält mit Stand vom 07.09.2021 eine Eintragung wegen Steuerhinterziehung zu die­sem Beschuldigten.

  1. Wie viele ähnliche oder gleiche Vorfälle gab es seit den Jahre 2018 in NRW, bei denen die Situation während einer muslimischen Beerdigung eskalierte? (bitte mit Umfang und Ortsangabe auflisten)

Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 07.09.2021 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz liegen zur Beantwortung der Frage keine Daten vor. Eine gesonderte statistische Erfassung nach Kriterien der angefragten Art erfolgt im Geschäftsbereich der Generalstaatsanwältin in Hamm und der General­staatsanwälte in Düsseldorf und Köln nicht. Eine Beantwortung würde daher eine hän­dische Auswertung sämtlicher in Betracht kommender Verfahrensakten erfordern, die indes mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten ist.“

Sofern es im Rahmen ähnlicher oder gleicher Vorfälle zu Straftaten kommt, werden diese in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Diese wird nach bundeseinheitlich festgeleg­ten Regeln erstellt. Eine automatisierte Auswertung der PKS hinsichtlich des Kriteriums der Tatörtlichkeit ‚Friedhof‘ ermöglicht indes keinen Rückschluss auf die jeweiligen Hintergründe der Tatbegehung. Folglich können auf Grundlage der PKS keine Fallzahlen beziffert werden.

  1. Wie bewertet die Landesregierung derartige Vorfälle?

Vorfälle dieser Art sind nicht hinnehmbar und werden unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten verfolgt.

  1. Welche konkreten Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um solche Vor­fälle in Zukunft zu verhindern?

Zur Abwehr von Gefahren und zur Kriminalitätsbekämpfung analysieren die Kreispolizeibehör­den fortlaufend und umfassend die örtliche Sicherheitslage. Auf Grundlage der Analyseergeb-nisse werden in den jeweiligen Sicherheitsprogrammen behördenstrategische Schwerpunkt­setzungen bestimmt und in diesem Kontext auch brennpunktorientierte operative Maßnahmen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten festgelegt. Insoweit haben die Kreispoli­zeibehörden Orte mit einer signifikant höheren Kriminalitätslage im Blick und richten ihre poli­zeilichen Maßnahmen, wie z. B. die gezielte Präsenz, danach aus. Sollte es zu einer auffälli­gen Entwicklung der Kriminalität an Friedhöfen kommen, werden die Kreispolizeibehörden auch dort entsprechende Maßnahmen ergreifen.

  1. Wie ist es zu erklären, dass eine Hundertschaft der Polizei ihre Aufgaben vorüber­gehend einstellt, nur weil die Konfliktparteien zu aggressiv auftreten?

Das Zurückstellen der polizeilichen Maßnahmen geschah unabhängig vom Verhalten der Kon­fliktparteien. Aufgrund der bereits begonnenen Beerdigung wurde sowohl aus Pietätsgründen als auch wegen taktischer Erfordernisse, auf polizeiliche Maßnahmen am offenen Grab ver­zichtet.

Nach Beendigung der Beisetzung wurden die erforderlichen polizeilichen Maßnahmen durch­geführt, diese verliefen störungsfrei.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner