Datenleck bei Türkei-Konsulat – Steckt der türkische Staat dahinter?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1718

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Datenleck bei Türkei-Konsulat Steckt der türkische Staat dahinter?

Gleich in mehreren Großstädten in Deutschland ist es zu besonders schweren Datenpannen in türkischen Konsulaten gekommen. In Nordrhein-Westfalen waren die Städte Essen und Düsseldorf betroffen.1

Bei dem Ende März dieses Jahres stattgefundenen Cyberangriff wurden ganze Datensätze von allen türkischen Staatsbürgern in Umlauf gebracht, die jemals in einem türkischen Konsulat vorstellig waren. Dabei sind sogar ehemalige türkische Staatsbürger davon betroffen, die inzwischen Deutsche sind. Sensible Daten, wie das Geburtsdatum, die Namen der Eltern und sogar die türkische Passnummer, wurden in Umlauf gebracht. Insbesondere die Offenlegung der türkischen Passnummer, der sogenannten „T.C. Kimlik Numarası“ stellt eine hohe Gefahr dar, denn mit ihr können in der Türkei Geschäfte getätigt und sie kann so auch für kriminelle Zwecke missbraucht werden.2

Allein in Nordrhein-Westfalen leben aktuell rund 500.000 türkische Staatsbürger sowie viele Deutsche, die vormals den türkischen Pass besaßen und deshalb in der Vergangenheit in einem der türkischen Konsulate vorstellig waren und nun von diesem Cyberangriff betroffen sind. Obwohl die Hintergründe und damit die Verantwortlichen für diese Datenoffenlegung noch nicht bekannt sind, wird in den Medien darüber spekuliert, ob die am 14. Mai 2023 stattfindende Präsidentschaftswahl in der Türkei Grund für die Cyberattacke ist. Der Verdacht liegt nahe, dass die Datensätze benötigt werden, um im Vorfeld potenzielle Wähler abzugreifen und persönlich anzuschreiben, wie dies bereits schon in der Vergangenheit geschehen ist.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben geschilderten Überfall? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Gibt es Hinweise darauf, dass die Cyberattacken von ausländischen Geheimdiensten verübt wurden?
  3. Gibt es Hinweise darauf, dass ausländische Staaten in die Cyberattacken verwickelt sind?
  4. Gibt es Hinweise darauf, dass politische Organisationen aus der Türkei oder Deutschland an den Cyberattacken beteiligt sind?
  5. Welche Wahlkampaktivitäten türkischer politischer Personen und Organisationen in Nordrhein-Westfalen sind der Landesregierung bekannt? (Bitte einzeln auflisten.)

Markus Wagner

 

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1 Vgl. https:// www .derwesten.de/staedte/essen/essen-duesseldorf-muenster-news-tuerkei-konsulat-erdogan-a-id300464300.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 1718 mit Schreiben vom 16. Mai 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben geschilderten Überfall? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straf­tatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdäch­tige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfach­staatsangehörigkeiten bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Gibt es Hinweise darauf, dass die Cyberattacke von ausländischen Geheimdiens­ten verübt wurden?
  3. Gibt es Hinweise darauf, dass ausländische Staaten in die Cyberattacken verwi­ckelt sind?
  4. Gibt es Hinweise darauf, dass politische Organisationen aus der Türkei oder Deutschland an den Cyberattacken beteiligt sind?

Die Fragen 1 bis 4 werden gemeinsam dahingehend beantwortet, dass die Generalstaatsan­wälte des Landes berichtet haben, in Bezug auf den in der Kleinen Anfrage geschilderten Sachverhalt seien keine einschlägigen Ermittlungsverfahren anhängig oder festzustellen.

  1. Welche Wahlkampfaktivitäten türkischer politischer Personen und Organisationen in Nordrhein-Westfalen sind der Landesregierung bekannt? (Bitte einzeln auflis­ten.)

Im jeweiligen Zuständigkeitsbereich der nachstehend aufgeführten Kreispolizeibehörden (KPB) fanden im laufenden Jahr folgend aufgeführte Veranstaltungen statt:

Aachen:

  • Gründung des Vereins „Union Internationaler Demokraten e. V.“ (UID Aachen e. V.)
  • Besuch der UID Aachen e. V. durch einen AKP-Politiker sowie durch den Bürgermeis­ter der Stadt Nevehir
  • Besuch der UID Aachen e. V. durch den stellvertretenden Außenminister der Türkei Bielefeld:
  • Wahlkampfveranstaltung in geschlossenen Räumen der Föderation der Türkisch-De­mokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF) und der AKP

Düren:

  • Gründung des Vereins „Union Internationaler Demokraten e. V.“ (UID Düren e. V.) un­ter Teilnahme eines AKP-Politikers und des Bürgermeisters der Stadt Nevehir

Düsseldorf:

  • Drei Versammlungen der türkischen Oppositionsparteien Halklarin Demokratik Partisi (HDP) und Yesil Sol Parti (YSP)

Essen:

  • Diverse Wahlkampfaktivitäten (Verteilen von Wahlkampfflyern an Passanten und in Briefkästen) des Vereins „Union Internationaler Demokraten Essen e. V.“ (UID Essen e. V.)

Köln:

  • Schriftliche Anfrage per E-Mail einer Privatperson aus der Türkei an die LANXESS-Arena zwecks Anfrage bzw. Organisation einer AKP-zugewandten Wahlkampfveran­staltung. Eine weiterführende Korrespondenz fand bislang nicht statt.

Rhein-Kreis Neuss:

  • Rede eines AKP-Politikers in der Moschee in Neuss. Der Besuch sowie die Rede wur­den medial bekannt.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner