Antragder AfD-Fraktion vom 08.02.2022
Demonstranten und Spaziergänger nicht gängeln und verteufeln, sondern ernst nehmen. – Versammlungsfreiheit achten!
I. Ausgangslage
Die Versammlungsfreiheit ist elementarer Bestandteil unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats. Ihr besonderer Stellenwert ist unter anderem daran zu erkennen, dass sie durch Art. 8 GG besonders geschützt ist. Durch Art. 4 Abs. 1 der Landesverfassung ist diese Bestimmung auch unmittelbar geltendes Recht in Nordrhein-Westfalen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem „Brokdorf-Beschluss“ (BVerfGE 69, 315) die besondere Bedeutung des Versammlungsrechts nochmals unterstrichen und betont, dass sich staatliche Behörden grundsätzlich „versammlungsfreundlich“ zu verhalten haben.
Seit Beginn der staatlichen Coronamaßnahmen im Frühjahr 2020 und den damit verbundenen Grundrechtsbeschränkungen ist auch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zunehmend unter den Druck eines übergriffigen Staats bzw. seiner Vertreter geraten.
Während staatsnahe und -eigene Medien die Teilnehmer an maßnahmenkritischen Demonstrationen tatkräftig als „unsolidarisch“, „Verschwörungstheoretiker“, „Rassisten“ und dergleichen zu diffamieren versuchen, leistet auch der sogenannte NRW-„Verfassungsschutz“ unter der Leitung von Burkhard Freier (SPD) seinen Beitrag und ließ verlauten, dass zehn Prozent der Demonstrationsteilnehmer rechtsextrem seien.1 Diese „Schätzung“ wurde allerdings nicht weiter belegt.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) offenbarte ebenfalls ein fragwürdiges Verhältnis zur Versammlungsfreiheit, als sie per Twitter verkündete: „Man kann seine Meinung auch kundtun, ohne sich gleichzeitig an vielen Orten zu versammeln.“2 Immer wieder wird auch versucht, die – ganz überwiegend aus der Mitte der Gesellschaft kommenden Teilnehmer – durch den Verweis auf „Extremisten“, die die Proteste angeblich für sich instrumentalisieren – zu diskreditieren.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) äußerte beispielsweise:
„Leider nehmen an solchen Demonstrationen immer wieder auch Extremisten teil, die nicht auf dem Boden der Verfassung stehen, und versuchen, die Kritik an den Corona-Maßnahmen für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.“3
Und er riet den Bürgern daher, den Versammlungen im Zweifel fernzubleiben.
NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) äußerte sich ähnlich und „warnte“ die Bürger: „Passen Sie auf, mit wem Sie spazieren gehen.“4
Auch NRW-Innenminister Reul behauptete – freilich ohne Beleg –, dass die Stimmung bei den Protesten aggressiver werde und die Radikalisierung steige.5
Wiederholt wird und wurde auch versucht, die Versammlungen durch sinnlose und schikanöse Maßnahmen zu unterbinden, die als „Infektionsschutzmaßnahmen“ deklariert werden und deren Nichteinhaltung dazu dient, zukünftige vergleichbare Versammlungen zu unterbinden. So wird den Teilnehmern regelmäßig auferlegt, Masken zu tragen, obwohl sich bis heute kein wissenschaftlich belegter Grund für den Maskenzwang unter freiem Himmel finden lässt. In Hessen wiederum war die Bereitschaftspolizei eigens mit Zollstöcken unterwegs, um den Abstand zwischen Demonstrationsteilnehmern zu überprüfen.
Wo derartig absurde Auflagen dann nicht erfüllt werden, versuchen Behördenvertreter immer wieder, Demonstrationen aufzulösen oder zu unterbinden. So z.B. die Stadt Düsseldorf unter Oberbürgermeister Keller (CDU), dem erst das zuständige Verwaltungsgericht einen Strich durch die Rechnung machte.
Derartiges Verhalten staatlicher Stellen ist unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung unwürdig. Es ist geeignet, das Vertrauen in den Staat und in unsere Rechtsordnung zu untergraben und die Gesellschaft weiter zu spalten.
Es ist nicht Angelegenheit der Politik, zwischen vermeintlich „guten“ und angeblich „schlechten“ Demonstranten zu unterscheiden oder unbescholtene Bürger zu diffamieren, nur weil sie von ihren verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch machen.
II. Der Landtag stellt fest:
- Die Versammlungsfreiheit ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
- Sie gilt insbesondere auch für regierungskritische Proteste.
- Sie darf nicht unter dem Vorwand des Infektionsschutzes unverhältnismäßig eingeschränkt werden.
- Die derzeit stattfindenden Proteste gegen die staatlichen „Coronamaßnahmen“ sind von der der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit abgedeckt.
III. Der Landtag beschließt
- Alle staatlichen Stellen im Land Nordrhein-Westfalen werden aufgefordert, dem Recht auf Versammlungsfreiheit – unabhängig vom Anlass – größtmögliche Priorität einzuräumen.
- Die Pflicht zum Tragen eines „Mund-Nase-Schutzes“ außerhalb geschlossener Räume ist grundsätzlich, aber insbesondere bei Versammlungen medizinisch nicht gerechtfertigt und daher von Behörden nicht anzuordnen.
- Vertreter des Staates werden aufgefordert, sich mit der gebotenen Zurückhaltung über Regierungskritiker zu äußern und diese nicht zu diffamieren.
Sven W. Tritschler
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/coronademos-rechte-verfassungschutz-100.html
2 https://twitter.com/NancyFaeser/status/1483846734962958346
3 https://www.tagesschau.de/inland/corona-demonstrationen-buschmann-innenminister-101.html
4 https://rp-online.de/nrw/panorama/nrw-wuest-ruft-zu-vorsicht-bei-corona-demos-auf_aid-65278657