Kleine Anfrage 5774des Abgeordneten Sven W. Tritschler vom 28.07.2021
Der Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) während der Hochwasserkatastrophe
Nach übereinstimmenden Medienberichten kam es im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli nicht nur zum Ausfall ziviler Kommunikationsnetze.
Vielmehr war u.a. im besonders betroffenen Rhein-Sieg-Kreis das von Bund und Land betriebene Digitalfunknetz der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben nicht vollständig einsatzfähig.1
Nicht nur die Bürger vor Ort, sondern auch die Einsatzkräfte waren zeitweise vollständig von der Außenwelt abgeschnitten, weil aufgrund der Hochwasserlage vielerorts die zivilen Mobilfunknetze und kabelgebundene Kommunikationswege ausgefallen waren.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- In welchen Gebieten war das digitale BOS-Netz im Zusammenhang mit der o.g. Flutkatastrophe ausgefallen? (Bitte aufschlüsseln nach betroffenen Ortschaften, ausgefallenen Basisstationen, Dauer des Ausfalls)
- Was war jeweils der Grund für den Ausfall der Sendeeinrichtungen? (z.B. Stromausfall, beschädigte Leitungen etc.)
- Waren die betroffenen Basisstationen mit einer Notstromversorgung ausgerüstet? (Bitte gegebenenfalls die Art der Notstromversorgung und die mögliche Dauer der netzunabhängigen Notstromversorgung angeben)
- Sind oder waren die Kommunikationsleitungen von und zu den jeweiligen Basisstationen Bestandteil des BOS-Netzes, oder wurden diese von privaten Kommunikationsnetzbetreibern angemietet?
- Wie beabsichtigt die Landesregierung, zukünftig den Ausfalls des BOS-Netzes bei ähnlichen Großschadenslagen zu verhindern?
Sven W. Tritschler
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5774 mit Schreiben vom 24. August 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet.
- In welchen Gebieten war das digitale BOS-Netz im Zusammenhang mit der o.g. Flutkatastrophe ausgefallen? (Bitte aufschlüsseln nach betroffenen Ortschaften, ausgefallenen Basisstationen, Dauer des Ausfalls)
- Was war jeweils der Grund für den Ausfall der Sendeeinrichtungen? (z.B. Stromausfall, beschädigte Leitungen etc.)
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
In den folgenden Gebieten kam es zu Störungen, wodurch der Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zeitweise nicht vollständig zur Verfügung stand:
Standort | Dauer (ca.) | Ursache |
Berg-Freisheim | Entstörung dauert an | Anbindungsstörung |
Erftstadt | Entstörung dauert an | Anbindungsstörung |
Meckenheim | Entstörung dauert an | Anbindungsstörung |
Rheinbach | Entstörung dauert an | Anbindungsstörung |
Rheinbach Loch Sürst | Entstörung dauert an | Anbindungsstörung |
Kall-Urft | 3 Wochen | Anbindungsstörung |
Monschau | 2 1/2 Wochen | Anbindungsstörung |
Heimbach | 2 1/2 Wochen | Anbindungsstörung |
Nonnenbach | 4 Tage | Anbindungsstörung |
Udelhoven-Ahrhütte | 4 Tage | Anbindungsstörung |
Blankenheim | 4 Tage | Anbindungsstörung |
Bad Münstereifel | 3 Tage | Anbindungsstörung |
Köln Süd | 1 Tag | Anbindungsstörung |
Strempt-Mechernich | 20 Stunden | Anbindungsstörung |
Kall-Krekel | 15 Stunden | Anbindungsstörung |
Nettersheim | 11 Stunden | Stromausfall |
Mechernich | 10 Stunden | Stromausfall |
Neuhaus | 6 Stunden | Stromausfall |
Bonn | 3 Stunden | Anbindungsstörung |
Bonn Heiderhof | 3 Stunden | Anbindungsstörung |
Bonn Ramersdorf | 3 Stunden | Anbindungsstörung |
Wuppertal Konradshöhe | 3 Stunden | Stromausfall |
Solingen West | 1 Stunde | Anbindungsstörung |
- Waren die betroffenen Basisstationen mit einer Notstromversorgung ausgerüstet? (Bitte gegebenenfalls die Art der Notstromversorgung und die mögliche Dauer der netzunabhängigen Notstromversorgung angeben)
Die betroffenen Basisstationen verfügen über eine Notstromversorgung mittels eingebauter Batterie. Diese gewährleistet im Falle einer Unterbrechung der primären Stromversorgung (Stromnetz der örtlichen Betreiber) einen hiervon autarken Betrieb von mindestens vier Stunden. Durch das vorhandene Notfallkonzept wird üblicherweise innerhalb dieses Zeitraums eine Ersatzstromversorgung über mobile Netzersatzanlagen sichergestellt. Diese konnten jedoch wegen des Ausmaßes der Zerstörung nicht kurzfristig in das Einsatzgebiet gebracht werden.
- Sind oder waren die Kommunikationsleitungen von und zu den jeweiligen Basisstationen Bestandteil des BOS-Netzes, oder wurden diese von privaten Kommunikationsnetzbetreibern angemietet?
Unabhängig von der Übertragungstechnologie sind alle Übertragungswege zwischen den Basisstationen und dem Kernnetz Bestandteil des BOS-Digitalfunknetzes.
Die Anbindung erfolgt über gemietete Leitungen von Netzprovidern oder über eigenbeherrschte Richtfunkstrecken.
- Wie beabsichtigt die Landesregierung, zukünftig den Ausfall des BOS-Netzes bei ähnlichen Großschadenslagen zu verhindern?
Der Digitalfunk hat auch in diesem Katastrophenfall bislang ungekannten Ausmaßes gezeigt, dass er deutlich robuster ist als die kommerziellen Netze. Durch die Hoheit über das Netz war eine unmittelbare priorisierte Fehlerbeseitigung bereits während der Einsatzlage möglich. Die Funktionssicherheit wird durch die bereits weit vor den aktuellen Ereignissen begonnene Härtung jeder Basisstation gegen Stromausfälle von bis zu 72 Stunden bis Ende 2022 weiter verbessert. Ferner wird im Zuge der Modernisierung des Netzes der Anteil der Basisstationen, die über eigenbeherrschten Richtfunk in das Netz integriert sind, erhöht und damit die Verfügbarkeit weiter verbessert.
Im Zuge einer umfassenden Nachbereitung werden insbesondere technische und konzeptionelle Aspekte hinsichtlich weiterer Verbesserungsmöglichkeiten betrachtet.