Antragder AfD-Fraktion vom 01.10.2019
Der Forstwirtschaft in NRW unbürokratisch helfen – Hilferufe der nordrhein-westfälischen Waldbauern und Förster ernst nehmen!
I. Ausgangslage
Der Wald erfüllt eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Ökologisch ist wichtig, dass er vielen Tieren und Pflanzen eine Heimat bietet. Darüber hinaus stabilisiert er den Wasserhaushalt, schützt vor Bodenerosion, speichert Feuchtigkeit, kühlt die umliegende Umgebung und bietet Raum für Erholung und Sport. Das Waldbiotop ist ein wertvolles und hochwertiges Ökosystem und damit höchst schützenswert. Der Nutzen des Waldes über die Produktion von Holz und Nebenprodukten hinaus wird zurecht unter dem Begriff „Wohlfahrtsfunktionen“ zusammengefasst.
Die ungünstigen klimatischen Bedingungen durch einen langen trockenen Sommer und milde Winter haben zu Waldschäden dramatischen Ausmaßes in Mitteleuropa und auch in NRW geführt. Durch diese Verkettung ungünstiger Umstände konnte sich der Borkenkäfer als Schädling explosionsartig in den geschwächten Wäldern vermehren. Solche Waldschäden sind überall in Nordrhein-Westfalen mit bloßem Auge zu erkennen.
Laut der letzten Landeswaldinventur von 2014 gibt es in Nordrhein-Westfalen über 152.000 Waldbesitzer, die eine Fläche von 585.000 h bewirtschaften.1 Das NRW-Umweltministerium schätzt die Waldschäden am 04. September 2019 auf 2,66 Mio. Festmeter Sturmholz und 6,27 Mio. Festmeter Käferholz.2 Viele Experten und das NRW-Umweltministerium sind sich sicher, dass weitere Probleme durch Borkenkäferbefall noch bevorstehen. Im schlimmsten Fall rechnet das NRW-Umweltministerium mit einer aufsummierten Schadholzmenge von bis zu 55 Mio. Festmeter Käferholz in Nordrhein-Westfalen.3
Am 24. September 2019 hat die Landesregierung in einer auswärtigen Kabinettssitzung in Schmallenberg ein „Programm für die Zukunft des Waldes“ beschlossen. In der sog. „Schmal-lenberger Erklärung“ ist eine Förderung der Wiederbewaldung von Schadflächen vorgesehen. Einen Tag später fand der „Nationale Waldgipfel“ in Berlin statt, wo in Aussicht gestellt wurde, ebenfalls Hilfeleistungen für die Wiederbewaldung und Aufforstung in Höhe von zunächst 547 Millionen Euro für die kommenden vier Jahre bereitzustellen. 4 Damit läge die Förderung des Bundes jedoch weit unterhalb der Forderung des Deutschen Forstwirtschaftsrats und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V. in Höhe von 2,3 Milliarden Euro.5 Parallel zum Nationalen Waldgipfel tagte der NRW-Waldbauerntag als „Waldgipfel der Betroffenen“ in Werl. Trotz der angekündigten Finanzhilfen fühlen sich sehr viele Betroffene von der Politik im Stich gelassen. In Anbetracht der anhaltenden Präsenz der Käferplage und der absehbaren Zunahme des Käferholzes muss in den Augen der Betroffenen der aktuelle forstpolitische Schwerpunkt bei der Bekämpfung des Borkenkäfers und bei der Aufarbeitung des Schadholzes liegen und nicht bei der Wiederaufforstung.
Viele Waldbesitzer und fortwirtschaftliche Vereinigungen reagieren auch mit Unverständnis auf die jetzt vollzogene rechtliche Umsetzung der Auffassung des Bundeskartellamtes zur Struktur der Forstverwaltung und die damit einhergehende Umstellung der indirekten auf die direkte Förderung. Die Direkthilfen sind immer noch sehr zeitaufwendig und bürokratisch. Vor allen Dingen die Regelungen zum Controlling müssen dringend vereinfacht werden. Die Landesregierung steht in der Verantwortung, noch intensiver als bisher den Abbau der Bürokratie bei der Verwaltung der Finanzhilfen in Angriff zu nehmen.
Die Waldbauern sind schon seit Jahrzehnten dabei, den Waldumbau voranzutreiben. Schon seit längerem setzen sie auf mehr stressresistente Laubbäume. Laut der Landeswaldinventur wachsen Laubbäume jetzt auf einer Fläche von 58 % der Wälder in Nordrhein-Westfalen. Aus diesem Grund darf die Politik nicht zu enge Vorgaben bei der Aufarbeitung der Schäden und bei der Wiederaufforstung machen. Sie muss den Waldeigentümern die Erwerbsmöglichkeit aus einem nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoff lassen. Auch die nachgelagerte Wert-schöpfungskette mit Holzverwertungsindustrie und ihren 214.800 Arbeitsplätzen ist teilweise auf das Nadelholz angewiesen und spezialisiert.
Deshalb sollte die Landesregierung Ratgeber für standortgerechte, klimaresistente und auch ertragsreiche Baumarten sein. Hierbei können die Fachinstitute des Landes und des Bundes durch einen Ausbau der Forschung über neue Baumsorten einen wesentlichen Beitrag leisten. Denn auch mit einem umfassenden Waldbaukonzept müssen immer wieder regionale und örtliche Faktoren der Waldbewirtschaftung berücksichtigt werden.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Forst- und Holzwirtschaft darf nicht tabuisiert werden. Auch der aktive Einsatz von mechanischen und chemischen Fallen während der Vegetationsperiode wäre eine wichtige präventive Maßnahme des ganzjährigen Borkenkäfer-Managements. Das frühzeitige Abschöpfen der ersten Generation minimiert deutlich die nachfolgenden Kalamitäten. Hiermit können im nächsten Jahr viele Fichten mit verhältnismäßig geringem Aufwand gerettet werden.
II. Der Landtag stellt fest,
1. dass der Wald vielen Tieren und Pflanzen eine Heimat gibt, den Wasserhaushalt stabilisiert, vor Bodenerosion schützt, Feuchtigkeit speichert, die umliegende Umgebung kühlt und Raum für Erholung und Sport bietet;
2. dass auch in Zukunft auf den nachwachsenden Rohstoff Holz nicht verzichtet werden kann;
3. dass die Bekämpfung der Baumschädlinge derzeit oberste Priorität hat;
4. dass eine Vorhersage von Wetterextremen über längere Zeiträume im Voraus noch nicht möglich ist;
5. dass die Bewältigung der derzeitigen Kalamitäten eine dringliche Aufgabe ist, die die Landesregierung im Dialog mit den Betroffenen erledigen sollte und
6. dass über die Bewältigung der heutigen Schäden hinaus eine Strategie zu entwickeln ist, die dem Borkenkäferbefall vorbeugend begegnet.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. die Direkthilfen schnellstmöglich und unbürokratisch zu gewähren;
2. schon jetzt die Beschaffung von Käferfallen zu organisieren, damit sie vor der nächsten Vegetationsperiode im März vorrätig sind und aufgestellt werden können;
3. die Aussagekraft des Borkenkäfermonitoring durch weitere und genauere Messfallen zu verbessern;
4. den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zur Bekämpfung von Baumschädlingen zu erleichtern, die Erforschung neuer Wirkstoffe zu fördern und das Naturschutzrecht an die Notsituation anzupassen;
5. die staatliche Forschung, z.B. waldbauliche Pilotprojekte, feuerökologische Studien, digitale Automatisierungstechniken mit bildgebenden Verfahren und Drohnen, zu fördern;
6. nach einer Möglichkeit zu suchen, auch Feuerwehrangehörige für die Räumung des Waldes zu gewinnen und zu entschädigen
7. die Maßnahmen zur Erleichterung des Abtransports des Schadholzes aufrechtzuerhalten;
8. die Begrenzung der Wildtierbestände zum Schutz der Jungpflanzen mit der Jägerschaft abzusprechen und
9. sich an den Kosten für Schutzzäune an den Orten der Naturverjüngung und Aufforstung zu beteiligen.
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
2 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-2404.pdf
3 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-2339.pdf
4 https://www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Forst-Holzwirtschaft/_texte/Wald-Trockenheit-Klimawandel.html
5 https://www.waldeigentuemer.de/pressekonferenz-dfwr-agdw-schnelle-hilfen-noetig-um-wald-zu-retten/