Der „Verfassungsschutz“ im Einsatz gegen oppositionelle Medien

Kleine Anfrage
vom 25.06.2021

Kleine Anfrage 5634der Abgeordneten Sven W. Tritschler und Markus Wagner vom 25.06.2021

 

Der „Verfassungsschutz“ im Einsatz gegen oppositionelle Medien

Ende April 2021 wurde bekannt, dass das „Bundesamt für Verfassungsschutz“ den Blog „PI/Politically Incorrect News“ als „erwiesen extremistisch“ einstuft. Auch der nordrhein-westfälische „Verfassungsschutz“ beschäftigt sich mit Publikationen, so gab der Minister des Innern in seiner Antwort auf eine Große Anfrage (Drs. 17/11081) seine Einschätzung zu einer Reihe teils völlig unbedeutender Publikationen preis, die offenbar auf Bewertungen des „Verfassungsschutzes“ beruhen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem „Junge-Freiheit-Urteil“ vom 24. Mai 2005 (Az. 1 BvR 1072/01) die Einstufung von Publikationen aufgrund der im Grundgesetz garantierten Pressefreiheit an besonders hohe Anforderungen geknüpft und die Einstufung und Erwähnung der Jungen Freiheit im Jahresbericht des nordrhein-westfälischen Landesamts für „Verfassungsschutz“ für verfassungswidrig erklärt.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Medienvertreter (Journalisten, Presseunternehmen, Presseverlage, Blogs und sonstige) prüft und beobachtet derzeit der nordrhein-westfälische „Verfassungsschutz“? (Die Antwort bitte nach den jeweiligen Phänomenbereichen des „Extremismus“ aufschlüsseln.)
  2. Hat die Landesregierungen Erkenntnisse darüber, dass das „Bundesamt für Verfassungsschutz“ den Blog „PI News“ als „erwiesen extremistisch“ einstuft und beobachtet? (Falls nähere Einzelheiten, Gründe, die Dauer der Beobachtung und dergleichen bekannt sind, bitte aufführen.)
  3. Welche „tatsächlichen Anhaltspunkte“ liegen zu den unter Ziffer 1 und 2 erfragten Publikationen jeweils im Einzelnen vor?
  4. Sind die unter Ziffer 1 und 2 erfragten Publikationen als „Presse“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 GG und/oder Art. 10 EMRK einzustufen? (Bitte begründen.)
  5. Sieht die Landesregierung in den vorgenannten Fällen keinen Konflikt mit der grundgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit, insbesondere unter Berücksichtigung der sog. „Junge-Freiheit-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 24.05.2005, Az.: 1 BvR 1072/01) und den dort aufgezeigten engen verfassungsrechtlichen Grenzen einer nachrichtendienstlichen Beobachtung der Presse?

Sven W. Tritschler
Markus Wagner

 

Anfrage als PDF


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5634 mit Schreiben vom 9. Juli 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele Medienvertreter (Journalisten, Presseunternehmen, Presseverlage, Blogs und sonstige) prüft und beobachtet derzeit der nordrhein-westfälische „Ver­fassungsschutz“? (Die Antwort bitte nach den jeweiligen Phänomenbereichen des „Extremismus“ aufschlüsseln.)

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz nimmt im Rahmen allgemeiner Amtsermittlun­gen die Inhalte unterschiedlichster Medien wahr. Sofern sich dabei tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen zeigen, wird über eine Beobachtung und ggf. auch eine öffentliche Berichterstattung entschieden.

Detailliertere Informationen können in Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Infor­mationsrechte des Landtags und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künf­tige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes sowie den daraus resul­tierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit des Landes Nordrhein-Westfalen nicht erfolgen, weil dadurch Rückschlüsse auf die Aufklärungsschwerpunkte, den Erkenntnisstand sowie die Arbeitsweise des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gezogen werden können. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes nachhaltig beeinträchtigen.

  1. Hat die Landesregierungen Erkenntnisse darüber, dass das „Bundesamt für Ver­fassungsschutz“ den Blog „PI News“ als „erwiesen extremistisch“ einstuft und beobachtet? (Falls nähere Einzelheiten, Gründe, die Dauer der Beobachtung und dergleichen bekannt sind, bitte aufführen.)

Die Landesregierung äußert sich nicht zu Angelegenheiten außerhalb ihres Zuständigkeitsbe­reichs.

  1. Welche „tatsächlichen Anhaltspunkte“ liegen zu den unter Ziffer 1 und 2 erfragten Publikationen jeweils im Einzelnen vor?
  2. Sind die unter Ziffer 1 und 2 erfragten Publikationen als „Presse“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 GG und/oder Art. 10 EMRK einzustufen? (Bitte begründen.)

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.

  1. Sieht die Landesregierung in den vorgenannten Fällen keinen Konflikt mit der grundgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit, insbesondere unter Berücksichti­gung der sog. „Junge-Freiheit-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 24.05.2005, Az.: 1 BvR 1072/01) und den dort aufgezeigten engen ver­fassungsrechtlichen Grenzen einer nachrichtendienstlichen Beobachtung der Presse?

Die Landesregierung sieht hier keinen Konflikt.

 

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