Antrag
der Fraktion der AfD
Die Schacholympiade 2030 nach Nordrhein-Westfalen holen!
I. Ausgangslage
Der Schachsport erlebt seit einigen Jahren eine regelrechte Renaissance, auch unter Kindern und Jugendlichen. Das belegen die Teilnehmerzahlen beim NRW-Landesfinale im Schulschach, das Ende Februar in Hamm stattfand und bei dem insgesamt 49 der 53 Städte und Kreise vertreten waren.1 Die Begeisterung für das Spiel der Könige hat seit dem ersten Lockdown stetig zugenommen und geht nicht zuletzt auch auf die Netflix-Serie „The Queen’s Gambit“ zurück. Dieser Trend hat neben spezialisierten Plattformen auch Streaming-Plattformen wie Twitch erreicht, wo neben zahlreichen Großmeistern auch mehrfache Weltmeister wie Magnus Carlsen regelmäßig hunderttausende Zuschauer mit ihren Spielzügen begeistern.
Die Weltmeisterschaft bildet das wichtigste Turnier im internationalen Schachkalender, dicht gefolgt von der Schacholympiade, die seit 1927 regelmäßig ausgetragen wird. Die Aufmerksamkeit, die bei diesem Wettkampf generiert wird, ist enorm und geht weit über Fachmedien hinaus. Alle zwei Jahre kommen Schachspieler aus aller Welt zusammen, um bei diesem wichtigen Teamereignis gegeneinander anzutreten – zuletzt 2022 im indischen Chennai Spieler aus 186 Nationen2. Für die Schacholympiade 2022 betrug das Budget 920 Mio. indische Rupien,3 was nach aktuellem Kurs knapp 10,2 Mio. Euro entspricht.
Über die Vergabe der Ausrichtung der Schacholympiade bestimmt der Weltschachverband, die Fédération internationale des échecs (FIDE), die auch als Co-Organisator auftritt. Die Finanzierung wird aus Sponsorengeldern sowie Mitteln der jeweiligen Kommune und des Landes realisiert. Die Schacholympiade 2024 wird in Budapest ausgetragen, während Usbekistan 2026 die Ausrichtung übernimmt. Im Dezember 2023 wurde Abu Dhabi als Austragungsort für die 47. Schacholympiade im Jahr 2028 ausgewählt.4 Die nächstmögliche Olympiade für die Bewerbung einer deutschen Stadt wäre somit im Jahr 2030.
Nach der bislang letzten in Deutschland durchgeführten Schacholympiade 2008 in Dresden, ausgerichtet von der Stadt und dem Deutschen Schachbund (DSB), zogen die Veranstalter eine auch finanziell positive Bilanz.5 An der Olympiade nahmen 1.270 Spieler aus 141 Ländern teil. Hinzu kamen 110 Schiedsrichter, Betreuer, Trainer und Offizielle sowie 453 akkreditierte Journalisten. Insgesamt erfolgten rund 26.000 Übernachtungen in Dresdner Hotels, die im Zusammenhang mit dem Besuch der Olympiade standen. Alle Partien wurden live im Internet übertragen. Die Schacholympiade 2008 musste zwar mit rund 2 Mio. Euro subventioniert werden, brachte dem Land Sachsen jedoch einen ökonomischen Gewinn von rund 4,7 Millionen Euro ein – die Einnahmen durch den Verkauf von Zuschauertickets nicht eingerechnet.
Nordrhein-Westfalen hat sich bereits zwei Mal erfolgreich als Ausrichter einer Schacholympiade profilieren können: 1966 in Oberhausen bei den Frauen und 1970 in Siegen bei den Männern. Zuvor konnten bereits Hamburg 1930, München 1936 und 1958 sowie Leipzig 1960 als deutsche Ausrichterstädte glänzen. 2008 fand in Bonn der WM-Kampf zwischen Vladimir Kramnik und Viswanathan Anand statt. Die Dortmunder Schachtage, ausgetragen seit dem Jahr 1973, gehören zu den gesetzten Terminen im internationalen Schachkalender. In der Schach-Bundesliga treffen regelmäßig Großmeister aufeinander und das Grenke Open in Karlsruhe ist mittlerweile das größte Schachturnier Europas. 2018 fand in Berlin das Kandidatenturnier zur Ermittlung des Herausforderers des Weltmeisters statt. Rund 95.000 Schachspieler organisieren sich bundesweit in 2.246 Vereinen, circa 100 Spieler tragen den höchsten von der FIDE verliehenen Titel des Großmeisters.6
Deutschland kann zudem auf eine lange Schachtradition zurückblicken. Der zweite Schachweltmeister Emanuel Lasker hatte den Titel von 1894 bis 1921 inne, länger als jeder andere Spieler nach ihm. In den 1960er Jahren waren die Großmeister Wolfgang Unzicker (BRD) und Wolfgang Uhlmann (DDR) Teil der erweiterten Weltspitze, Anfang der 1980er Jahre spielte Robert Hübner bei den Kandidatenwettkämpfen zur Qualifikation zur Weltmeisterschaft. Der stärkste deutsche Spieler ist derzeit Vincent Keymer auf Platz 26 der Weltrangliste der Männer, die stärkste deutsche Spielerin ist Elisabeth Pähtz auf Rang 21 der Weltrangliste der Frauen (Stand: Mai 2024).7
Nordrhein-Westfalen ist gut aufgestellt, um 22 Jahre nach Dresden 2008 zum wiederholten Mal eine Schacholympiade auszurichten. Mit Köln, Düsseldorf, Essen und Dortmund kommen gleich mehrere Städte in Frage, die über eine entsprechende Infrastruktur verfügen. Voraussetzungen sind eine geeignete Messehalle für mehrere Tausend Spieler und Offizielle, entsprechende Hotel- und Mobilitätskapazitäten sowie nicht zuletzt eine stabile und leistungsfähige digitale Anbindung zur Datenübertragung. Neben dem Renommee, das mit einer solchen Veranstaltung zweifelsohne einherginge, würde die ausrichtende Stadt auch von steigenden Besucherzahlen profitieren. Eine Schacholympiade mit ihrem Nebeneinander von Weltklassespielern und Amateuren wäre ideal, um den Standort Deutschland als Schachnation weltweit hervorzuheben und en passant nachhaltig Werbung für das Spiel der Könige zu machen.
II. Der Landtag beschließt:
- in enger Kooperation mit dem Deutschen Schachbund (DSB)8 initiativ die Bereitschaft einer nordrhein-westfälischen Stadt zur Ausrichtung einer Schacholympiade ab dem Jahr 2030 zu sondieren, in Frage kommende und Bereitschaft signalisierende Städte zu einer möglichen Ausrichtung zu ermuntern und bei mehreren Interessenten die Einigung auf eine Bewerberstadt zu moderieren;
- in enger Kooperation mit dem DSB und der ausgewählten Stadt die dann zu erfolgende Bewerbung zur Ausrichtung einer Schacholympiade bei der FIDE kommunikativ und organisatorisch zu begleiten;
- in enger Kooperation mit dem DSB und der ausgewählten Stadt frühzeitig ein Finanzierungskonzept für die geplante Schacholympiade in Deutschland zu entwickeln, das primär zur Akquise geneigter institutioneller Sponsoren taugt und das sich zugleich offen zeigt für eine ergänzende Förderung der Veranstaltung durch öffentliche Mittel;
- in enger Kooperation mit dem DSB, der ausgewählten Stadt und der FIDE ein technisches Konzept zu entwickeln, das die videogestützte Übertragung der Partien im Internet und den Zugriff auf die Server aus aller Welt sicherstellt, ohne dass die Recheninfrastruktur bei zeitweilig überdurchschnittlicher Nachfrage kollabiert und es zu Übertragungsausfällen kommt.
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.chess-international.com/?p=85564
2 https://chennai2022.fide.com/open-teams/
4 https://de.chessbase.com/post/die-schacholympiade-2028-wird-in-abu-dhabi-stattfinden.
5 https://statistik-dresden.de/schacholympiade-dresden-2008-finanzieller-erfolg/?amp
6 https://www.schachbund.de/gm-liste.html
7 https://www.chessabc.com/de/elo-liste
8 Der Deutsche Schachbund (DSB) ist Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und der Fédération internationale des échecs (FIDE), er wird überdies vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gefördert; https://www.schachbund.de/ueber-uns.html