Kleine Anfrage 670
der Abgeordneten Prof. Dr. Daniel Zerbin und Klaus Esser vom 28.10.2022
Die theologische Ausbildung von Imamen in Nordrhein-Westfalen
Die Ausbildung von Imamen für Moscheen in Deutschland war zu Beginn des Jahres Thema beim Treffen zwischen dem Bundeskanzler Olaf Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der türkische Präsident schlug vor, dass die Ausbildung von Imamen, die in Deutschland eingesetzt werden, durch die Türkisch- Deutsche Universität (TDU) in Istanbul durchgeführt werden solle.1 Diese Ausbildung würde dann auch zum Teil aus Bundesfinanzmitteln finanziert. Hierzu erließ Präsident Erdogan ein Dekret, das die Gründung einer theologischen Fakultät an der TDU vorsieht. Die Gründung einer neuen Fakultät könne aber nur durch die zuständigen Gremien der TDU sowie gemeinsam mit dem paritätisch zusammengesetzten deutsch-türkischen Lenkungsausschuss initiiert werden.
Die TDU fiel in der Vergangenheit vor allem durch mehrere Skandale auf, bspw. mit homophoben und rassistischen Aussagen eines Dozenten.2 Vor allem soll in Deutschland die Anzahl der Imame verringert werden, die aus dem Ausland entsandt werden und eine Nähe zu regierungsnahen Behörden aufweisen.3
Auch der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat sich mit der Ausbildung von islamischen Geistlichen befasst. So behandelte die Drucksache 17/12760 im März 2021 die Einführung einer Imam-Ausbildung in Nordrhein-Westfalen. Hierzu wurde die damalige Landesregierung beauftragt, den Aufbau einer Imam-Ausbildung zu prüfen, „um die Beschäftigung von in Deutschland ausgebildeten und auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden islamischen Geistlichen voranzutreiben“. Vor allem das Zentrum für Islamische Theologie der Universität Münster sollte als Ausbildungsstätte für islamische Geistliche mit einem Zertifikatsstudiengang ausgestattet werden.4
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie lautet der aktuelle Sachstand bzgl. der Umsetzung zur Einführung eines Studiengangs zwecks Ausbildung von Imamen und insbesondere welche Hochschulen aus Nordrhein-Westfalen kooperieren diesbezüglich mit der Türkisch-Deutschen Universität?
- Wie positionierten sich die muslimischen Dachverbände betreffend der Einführung eines Studiengangs zwecks Ausbildung von Imamen?
- Wie weit sind die Vorbereitungen zur Einführung eines Zertifikatsstudiengangs an der Universität Münster mit dem dortigen Zentrum für Islamische Theologie fortgeschritten?
- Wird die TDU mit Finanzmitteln des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt? (Bitte aufschlüsseln nach Summe und Zweck bzw. Einsatzgebiet der Finanzmittel)
- Wie würde eine Ausbildung von Imamen an der TDU in Istanbul, die in Nordrhein-Westalen dann eingesetzt werden sollen, kontrolliert, insbesondere: wie kann sichergestellt werden, dass diese Ausbildung im Sinne der deutschen freiheitlich-demokratischen Grundordnung durchgeführt wird?
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Klaus Esser
1 H t t p s : / / w w w .bundesregierung.de/breg-de/suche/pressekonferenz-von-bundeskanzler-scholz-und-dem-tuerkischen-praesidenten-erdo%C4%9Fan-am-14-maerz-2022-in-ankara-2015582 (abgerufen am 17.10.2022).
2 H t t p s : / / w w w . s u eddeutsche.de/kultur/tuerkei-universitaet-homophobie-twitter-1.5241247 (abgerufen am 17.10.2022).
3 H t t ps : / / w w w .w e lt . d e / p o l i t i k/deutschland/article239340903/Wie-Erdogan-die-Ampel-mit-seinem-Plan-fuer-Imame-ueberrumpelt.html (abgerufen am 17.10.2022).
4 H t t p s: / / w w w . l an d t a g. n r w. d e / portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-12760.pdf (abgerufen am 17.10.2022).
Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 670 mit Schreiben vom 23. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.
- Wie lautet der aktuelle Sachstand bzgl. der Umsetzung zur Einführung eines Studiengangs zwecks Ausbildung von Imamen und insbesondere welche Hochschulen aus Nordrhein-Westfalen kooperieren diesbezüglich mit der Türkisch-Deutschen Universität?
- Wie weit sind die Vorbereitungen zur Einführung eines Zertifikatsstudiengangs an der Universität mit dem dortigen Zentrum für Islamische Theologie fortgeschritten?
Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Das Zertifikatsstudienprogramm „Islam in der Sozialarbeit“ wurde vom 26.11.2021 bis zum 31.10.2022 beim Zentrum für Islamische Theologie in Münster in Kooperation mit der WWU WeiterbildungsgGmbH umgesetzt. Am 24.10.2022 erhielten 23 Absolventinnen und Absolventen erstmalig das Weiterbildungszertifikat „Islam in der Sozialarbeit“; ein Großteil waren Imame, die sich für ihre Tätigkeit im Gemeindekontext weiterqualifizierten.
Der Weiterbildungsstudiengang wird vom Bundesministerium des Innern und der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Es standen 25 Studienplätze zur Verfügung, die Nachfrage war erheblich höher. Aufgrund der positiven Resonanz wird das Projekt fortgeführt.
Zu einer Kooperation mit der Türkisch-Deutschen Universität liegen der Landesregierungen keine Informationen vor.
- Wie positionieren sich die muslimischen Dachverbände betreffend der Einführung eines Studiengangs zwecks Ausbildung von Imamen?
Das Bündnis Malikitische Gemeinden (BMG) war in das Zertifikatsstudienprogramm eingebunden.
- Wird die TDU mit Finanzmitteln des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt? (Bitte aufschlüsseln nach Summe und Zweck bzw. Einsatzgebiet der Finanzmittel)
Nein.
- Wie würde eine Ausbildung von Imamen an der TDU in Istanbul, die in Nordrhein-Westfalen dann eingesetzt werden sollen, kontrolliert, insbesondere: wie kann sicherstellt werden, dass die Ausbildung im Sinne der deutschen freiheitlich-demokratischen Grundordnung durchgeführt wird?
Imam ist in Deutschland keine geschützte Berufsbezeichnung. Die Tätigkeit als Imam setzt somit nicht zwingend eine abgeschlossene Ausbildung oder ein abgeschlossenes wissenschaftliches Studium voraus.
Über die Türkisch-Deutsche Universität und ihre Ausbildungsangebote hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft keine Aufsicht.