Die weltpolitische Lage führt uns die Realität schonungslos vor Augen – keine Zivilklauseln an den staatlichen Hochschulen!

Antrag
vom 21.02.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Die weltpolitische Lage führt uns die Realität schonungslos vor Augen keine Zivilklauseln an den staatlichen Hochschulen!

I. Ausgangslage

Einige Universitäten haben in ihren Grundordnungen Zivilklauseln normiert, um Forschungsvorhaben ausschließlich friedlichen Zwecken zuzuführen. Zivilklauseln stellen eine Selbstverpflichtung wissenschaftlicher Einrichtungen, in aller Regel von Universitäten und Hochschulen, dar, um Forschungsprojekte oder Drittmittelkooperationen mit Einrichtungen der Bundeswehr oder der Rüstungsindustrie explizit nicht einzugehen. Insbesondere die Ingenieur- und Naturwissenschaften, also der MINT-Bereich, aber auch andere Wissenschaftszweige wie die Geisteswissenschaften, hierbei insbesondere die Sozialwissenschaften, stellen für den militärischen Bereich erforderliche Forschungsgrundlagen zur Verfügung. Ziel der Zivilklauseln soll es sein, dass eine fehlende Forschungsgrundlage für Waffensysteme und andere militärische Bereiche zu einer Fokussierung und weiteren Etablierung der Friedensforschung führen soll und damit einhergehend eine friedlichere Welt geschaffen werden kann.1

Die Realität in Form des Ukrainekrieges und des Angriffs der Hamas auf Israel hat diese utopischen Vorstellungen jedoch schnell eingeholt. Eine wehrhafte Demokratie benötigt daher auch eine überlegene wehrhafte Technik, die auf Grundlage zukunftsfähiger wissenschaftlicher Spitzentechnologie beruht. Mit dem Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro sollen die Verteidigungsaufgaben der Bundeswehr gefördert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte in seiner „Zeitenwende-Rede“ vom 27. Februar 2023 die Ertüchtigung der Bundeswehr als unabdingbar, um „eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt“ zu erlangen.2 Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sieht das Sondervermögen als notwendig an, um die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.3

In Anbetracht der in diesem Kontext geführten Diskussion über die mangelhafte Ausstattung der Bundeswehr ist es notwendig, die Einstellungen einzelner Hochschulen und Universitäten zu hinterfragen, also ob Zivilklauseln heute noch der politischen Realität entsprechen. Professor Dr. Johann-Dietrich Wörner, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, äußerte sich in einem Interview in der WELT vom 24. Juni 2022 wie folgt: „Die Hochschulen sollten darüber nachdenken, ob ihre Zivilklauseln noch zeitgemäß sind oder im Verständnis einer friedlich ausgerichteten Verteidigungspolitik neu formuliert werden sollten.“4 Mit der Novellierung des Hochschulgesetzes Nordrhein-Westfalen im Jahre 2019 wurde die gesetzlich normierte Zivilklausel im § 3 Absatz 6 aus dem Hochschulgesetz entfernt.5 Allerdings haben aktuell 33 Hochschulen und Universitäten in Nordrhein-Westfalen Zivilklauseln in ihren Grundordnungen normiert:

  1. Technische Universität Dortmund (1991)
  2. Universität Münster (Juli 2013)
  3. Hochschule Bochum (26.01.2015)
  4. Kunstakademie Münster (27.01.2015)
  5. Universität Düsseldorf (18.03.2015)
  6. Universität Köln (25.03.2015)
  7. Hochschule Ruhr West (01.04.2015)
  8. Robert Schumann Hochschule Düsseldorf (29.04.2015)
  9. Fachhochschule Südwestfalen (11.05.2015)
  10. Universität Siegen (13.05.2015)
  11. Fernuniversität Hagen (20.05.2015)
  12. Universität Paderborn (26.05.2015)
  13. Hochschule Ostwestfalen-Lippe (27.05.2015)
  14. Fachhochschule Münster (01.06.2015)
  15. Fachhochschule Dortmund (11.06.2015)
  16. Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (18.06.2015)
  17. Hochschule für Musik Detmold (24.06.2015)
  18. Kunstakademie Düsseldorf (29.06.2015)
  19. Hochschule Hamm-Lippstadt (16.07.2015)
  20. Universität Duisburg-Essen (13.08.2015)
  21. Universität Wuppertal (14.08.2015)
  22. Universität Bielefeld (01.09.2015)
  23. Sporthochschule Köln (08.09.2015)
  24. Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (09.09.2015)
  25. Fachhochschule Aachen (09.09.2015)
  26. Universität Bonn (11.09.2015)
  27. Westfälische Hochschule (Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen) (25.09.2015)
  28. Hochschule Düsseldorf (08.10.2015)
  29. Hochschule Rhein-Waal (12.10.2015)
  30. Hochschule für Gesundheit Bochum (14.10.2015)
  31. Universität Bochum (23.11.2015)
  32. Technische Hochschule Köln (24.06.2020)
  33. Hochschule Niederrhein (09.09.2021)6

Ferner gibt Prof. Dr. Wörner in dem Interview an, dass Hochschulen immer auch Forschungen betreiben, die u. a. militärisch genutzt werden können und dass eine trennscharfe Abgrenzung zwischen militärischer und ziviler Forschung nicht immer möglich sei. Vor allem im Bereich der friedlich ausgerichteten Verteidigungspolitik, sollte die Forschung für Defensivwaffen keinem absoluten Forschungsverbot unterliegen.

Die AfD-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen hatte diesbezüglich schon eine Große Anfrage (Drs. 18/4381) am 15.05.2023 gestellt, um das mögliche Missbrauchspotential von sogenannter Dual-Use-Forschung zu eruieren.7 Zum Beispiel kann die Entwicklung von präzisen Navigationssystemen oder Lasertechnologien gleichermaßen für militärische wie für zivile Anwendungen genutzt werden. In der Antwort der Landesregierung (Drs. 18/5990) wurde ersichtlich, dass nordrhein-westfälische Hochschulen auch Kooperationen mit den chinesischen Hochschulen der Gruppe „Seven Sons of National Defense“ unterhalten. Diese chinesischen Hochschulen sind traditionell mit dem chinesischen Militär in enger Kooperation verbunden, obwohl sie offiziell als zivile Forschungseinrichtungen deklariert werden.8

II. Der Landtag stellt daher fest:

  1. Zivilklauseln erschweren Forschungsinnovationen im Bereich der Defensivwaffen.
  2. Die aktuelle politische Lage macht eine Zeitenwende auch im Bereich der Landesverteidigung und damit einhergehenden Nebengebiete, wie der Forschung im Bereich der Verteidigung, notwendig.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Universitäten und Hochschulen für die Notwendigkeit von Innovationen im Bereich der Verteidigungsforschung zu sensibilisieren und eine Abschaffung der Zivilklauseln anzuregen.

Prof. Dr. Daniel Zerbin
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

MMD18-8111

 

1 http://www.zivilklausel.de/index.php/fragen-und-antworten (abgerufen am 15.02.2024).

2 https://www.bundesregierung.de/re-

source/blob/992814/2131062/78d39dda6647d7f835bbe76713d30c31/bundeskanzler-olaf-scholz-re-den-zur-zeitenwende-download-bpa-data.pdf?download=1 (abgerufen am 15.02.2024).

3 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Video-Textfassun-gen/2022/textfassung-2022-06-03-lindner-sondervermoegen-bundeswehr.html (abgerufen am 15.02.2024).

4 https://www.welt.de/wissenschaft/plus239526151/Johann-Dietrich-Woerner-Deutsche-Universitae-ten-sollten-Verteidigungswaffen-entwickeln-duerfen.html (abgerufen am 15.02.2024).

5 https://www.mkw.nrw/system/files/media/document/file/mkw_nrw_hochschulen_hochschulge-setz_hochschulgesetz_novelliert_begr%C3%BCndet_0.pdf (abgerufen am 15.02.2024).

6 http://zivilklausel.de/index.php/bestehende-zivilklauseln (abgerufen am 15.02.2024).

7 http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-4381.pdf (abgerufen am 15.02.2024).

8 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-5990.pdf (abgerufen am 15.02.2024).