Diebstahl in Hagener Tankstelle – Öffentlichkeitsfahndung erst nach etwa zehn Monaten

Kleine Anfrage
vom 30.11.2023

Kleine Anfrage 2981

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Diebstahl in Hagener Tankstelle Öffentlichkeitsfahndung erst nach etwa zehn Monaten

Bereits am 21. Dezember des vergangenen Jahres wurde eine Hagener Tankstelle Tatort eines Diebstahldelikts. Dabei soll eine Gruppe aus vier Personen, wovon mindestens eine Person als minderjährig eingeschätzt wird, mit einer gezielten Masche E-Zigaretten und Zubehör gestohlen haben. Bei ihrer Masche lenkten zwei der Männer die Kassiererin ab, damit die anderen währenddessen unbemerkt Waren stehlen konnten. Einer der Täter soll während der Tat eine „auffällige rot-schwarze Baumfäller-Jacke“1 getragen haben. Ein anderer wurde mit einer grünen Steppjacke und einer grünen Mütze bedeckt gesehen. Nach kurzer Zeit verließ einer der Komplizen die Tankstelle mit einer roten Tasche und führte wahrscheinlich das Diebesgut mit sich. Die Täter konnten durch die Überwachungskameras aufgezeichnet werden. Nun wurden die Aufnahmen zur Öffentlichkeitsfahndung freigegeben. Gegen die Tatverdächtigen wird wegen Bandendiebstahl ermittelt.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Aus welchem Grund wurden die Bilder der Überwachungskamera erst nach einer so langen Zeit zur Öffentlichkeitsfahndung freigegeben?
  3. Wie viele Fälle von „Bandendiebstahl“ gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Ort, erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  4. Bei wie vielen dieser Delikte konnten die Täter auch im Nachhinein nicht festgestellt werden? (Bitte nach Ort und erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

MMD18-7147

 

1 https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/hagen-nrw-polizei-fahndet-nach-tankstellen-diebesbande-85865354.bild.html.

2 Ebenda.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2981 mit Schreiben vom 27. Dezember 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Hagen hat dem Ministerium der Justiz am 05.12.2023 hierzu wie folgt berichtet:

„Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen betraten am 21.12.2022 gegen 19.15 Uhr vier nach wie vor unbekannte männliche Personen den Verkaufsraum einer Tankstelle in Hagen. Während zwei der Männer die Kassiererin mit Nachfragen beschäftigten, griffen die beiden anderen mehrfach in die Auslagen und steckten zahlreiche Gegenstände, u. a. E-Zigaretten, nach Angaben des Tankstellenpächters in einem Gesamtwert von ca. 550 EUR, in eine mit­gebrachte Umhängetasche. Einer der Männer befüllte zudem einen mitgebrachten Benzinka­nister, woraufhin die Personen sich zu Fuß von dem Gelände entfernten.

Es besteht der Anfangsverdacht des Bandendiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Da die Tatverdächtigen bislang nicht ermittelt werden konnten, sind Angaben zu deren Perso­nalien nicht möglich.“

  1. Aus welchem Grund wurden die Bilder der Überwachungskamera erst nach einer so langen Zeit zur Öffentlichkeitsfahndung freigegeben?

Zu Frage 2 hat die Leitende Oberstaatsanwältin in Hagen dem Ministerium der Justiz am 05.12.2023 wie folgt berichtet:

„Der polizeiliche Ermittlungsvorgang ist der Staatsanwaltschaft Hagen erstmals am 20.07.2023 vorgelegt worden. Nachdem der Vorgang, den die Polizei als „einfachen“ Diebstahl gemäß § 242 StGB gewertet hatte, zunächst in der für „einfachen“ Diebstahl zuständigen Amtsanwaltsabteilung vorgelegt worden war, musste dieser in die für Bandendiebstahl zustän­dige Staatsanwaltsabteilung abgegeben werden, was angesichts der zu dieser Zeit herrschen­den angespannten Personallage im hiesigen Unterstützungsbereich einige Zeit in Anspruch nahm. Am 26.09.2023 erging schließlich der am 20.09.2023 von dem zuständigen Staatsan­walt beantragte Beschluss des Amtsgerichts Hagen, mit welchem die Veröffentlichung der vor­handenen Lichtbilder gemäß §§ 131b, 131c StPO angeordnet wurde. Der Beschluss wurde sodann unmittelbar von dem Amtsgericht Hagen an die Polizeibehörde zur weiteren Veranlas­sung (Veröffentlichung) übersandt.“

Vorbemerkung der Landesregierung zu der Beantwortung der Fragen 3 und 4:

Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern erfolgt nach bundeseinheitlich festgeleg­ten Richtlinien. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jah­resbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten – auch im Zusammenhang mit Bandendiebstahl – für das Jahr 2023 derzeit noch nicht quali­tätsgesichert vor.

  1. Wie viele Fälle von „Bandendiebstahl“ gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Ort, erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Durch die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen wird der sogenannte „Banden­diebstahl“ nicht separat ausgewiesen. Stattdessen ist der vorgenannte Deliktsbereich im „schweren Diebstahl“ (Diebstahl gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 244a StGB) mit enthalten. Dieser fasst die Delikte Bandendiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 2), schwerer Bandendiebstahl (§ 244a) sowie Diebstahl mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1) zusammen. Eine Ausdifferenzierung dieser Zusammenfassung ist nicht möglich.

Für den Zeitraum 2015 bis 2022 wurden 46.285 Fälle für den Deliktsbereich „schwerer Dieb­stahl“ (gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 244a StGB) in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen erfasst. Die Fallzahlen für die einzelnen Jahre bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Anzahl der bekannt gewordenen Fälle für den Deliktsbereich
„schwerer Diebstahl“
Jahr bekannt gewordene Fälle
2015 4910
2016 5308
2017 4776
2018 4934
2019 5000
2020 6520
2021 6175
2022 8662

 

  1. Bei wie vielen dieser Delikte konnten die Täter auch im Nachhinein nicht festge­stellt werden? (Bitte nach Ort und erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden aufschlüsseln.)

Die Beantwortung der Frage, bei wie vielen Fällen der Tatverdächtige auch im Nachhinein – also in sämtlichen Folgejahren – nicht ermittelt werden konnten, wäre nur durch eine umfangreiche Einzelauswertung möglich, welche innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich ist, da in der Polizeilichen Kriminalstatistik automatisiert kein konkreter Bezug des einzelnen Falls zu einer Klärung hergestellt werden kann.

Daher stelle ich hilfsweise die Differenz der im Berichtszeitraum bekannt gewordenen Fälle und der im gleichen Zeitraum aufgeklärten Fälle dar. Klärungen von Fällen werden dabei im jeweiligen Berichtsjahr erfasst, auch wenn die Tat selbst bereits als ungeklärte Tat in den Vor­jahren erfasst wurde.

Für den Zeitraum von 2015 bis 2022 beträgt die Differenz zwischen den 46.285 bekannt ge­wordenen Fällen und den aufgeklärten Fällen in den Berichtsjahren insgesamt 19.184 Fälle. Die Fallzahlen für die einzelnen Jahre bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:

 

Differenz zwischen den bekannt gewordenen Fällen und den aufgeklärten Fällen im jeweiligen Berichtsjahr zu den Delikten aus Frage 3
Jahr Differenz der Fälle
2015 1488
2016 1610
2017 1583
2018 1611
2019 1977
2020 2870
2021 3236
2022 4809

 

MMD18-7545

Beteiligte:
Markus Wagner