Kleine Anfrage 751
des Abgeordneten Klaus Esser vom 11.11.2022
Diskussion um autofreie Sonntage: Wie bedroht ist der Verkehr in NRW?
Der Vorstandsvorsitzende von Audi schlägt autofreie Sonntage in Deutschland vor1 und der NRW-Ministerpräsident erwidert in einem WELT-Interview, dass „reine Verbote nicht zielführend“ seien. In der Energiekrise sei vielmehr „Freiwilligkeit bei den Maßnahmen“ angesagt.2
Die Themen- und Wortwahl mutet an wie eine Rückkehr in die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, als während der Ölkrise akuter Treibstoffmangel zu solchen Notmaßnahmen führte. Aus heiterem Himmel kommen diese Gedankenspiele aber nicht: Europa hat bereits jetzt mit Dieselknappheit zu kämpfen. Angesichts des westlichen Embargos russischer Kraftstoffe bleibt das weltweite Angebot begrenzt und die Befürchtungen bezüglich einer Rezession aufgrund einer zusätzlichen Kraftstoffknappheit haben sich weiter verstärkt. Das Branchenportal OilPrice.com weist darauf hin, dass das russische Öl nicht aufhören wird, nach Europa zu fließen, was auch immer Europa tun wird, um diesen Import zu stoppen, selbst wenn es einen buchstäblich hohen Preis dafür zahlen wird. Wie bereits die Treibstoffströme von Indien nach Europa zeigten, hat Europa kein Problem mit russischen Raffinerieprodukten, solange sie nicht direkt aus Russland selbst kommen.3 Eine Entlastung der angespannten Lage aus den USA ist nicht zu erwarten. Auch dort sinken die Diesel-Vorräte offenbar auf ein bedenklich tiefes Niveau.4
Ich frage daher die Landesregierung:
- Welche Pläne bezüglich autofreier Sonntage hat die Landesregierung?
- Sind Engpässe in der Treibstoffversorgung mit Benzin und Diesel für NRW im Winter 2022/2023 absehbar?
- Wie ist der derzeitige Stand der Ölreserven in NRW im Vergleich zum Vorjahr (Nov. 21 und Nov. 22, prozentual und in absoluten Zahlen)?
- Wie will die Landesregierung den Individual- und Lieferverkehr vor Planspielen wie Fahrverboten oder autofreien Sonntagen schützen?
- Inwiefern existiert ein Gas-Öl-Notfallplan für NRW?
Klaus Esser
1 Htt p s: / / www. T a g e s s c h a u .de/wirtschaft/ a u d i- d u e s m a n n -autofreier- s o n n t a g – formel1-einstieg-101. H t m l
2 Htt p s : / / www. W e l t .de/politik/ d e u t s c h l a n d / plus 241838709/ W u e s t-zu-Energiesparen-V e r b o t e – n a c h – C o r o n a -Einschraenkungen-nicht-zielfuehrend. H t m l
3 Htt p s : / / oilprice. C o m /Energy/ E n e r g y – G e n e r a l/Chinese-Refiners-Prep-For-Surge-In-European-Fuel- D e m a n d . h t m l
4 Htt p s : / / deutsche- w i r t s c h a f t s-nachrichten.de/ 7 0 0 8 8 3 /Diesel-Vorraete-in-den-U S A-sinken-auf- b e d e n k l i c h-tiefe-Niveaus
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 751 mit Schreiben vom 28. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie beantwortet.
- Welche Pläne bezüglich autofreier Sonntage hat die Landesregierung?
Die Landesregierung hat keine Pläne für autofreie Sonntage. Das Land Nordrhein-Westfalen ist auch weder gesetzlich ermächtigt, eine solche Maßnahme einzuführen, noch haben die Länder laut Verfassung die Gesetzgebungskompetenz, eine straßenverkehrsrechtliche Grundlage dafür zu schaffen.
- Sind Engpässe in der Treibstoffversorgung mit Benzin und Diesel für NRW im Winter 2022/2023 absehbar?
Für die Versorgungssicherheit betreffend Mineralöl und Mineralölprodukte in Deutschland ist federführend das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zuständig. Von dort sind der Landesregierung keine absehbaren Engpässe in der Treibstoffversorgung mit Benzin und Diesel bekannt geworden.
- Wie ist der derzeitige Stand der Ölreserven in NRW im Vergleich zum Vorjahr (Nov. 21 und Nov. 22, prozentual und in absoluten Zahlen)?
Die Bevorratungspflicht für Mineralöl und Mineralölprodukte obliegt dem Erdölbevorratungs-verband (EBV). Auf die Berichte über das Geschäftsjahr für 2021/2022 und 2020/2021 (https://www.ebv-oil.org/cms/pdf/EBV-GB_2021_2022.pdf und https://www.ebv-oil.org/cms/pdf/EBV-GB_2020_2021.pdf) wird verwiesen.
- Wie will die Landesregierung den Individual- und Lieferverkehr vor Planspielen wie Fahrverboten oder autofreien Sonntagen schützen?
Der Landesregierung sind keine Überlegungen der Bundesregierung zugunsten solcher Maßnahmen bekannt.
- Inwiefern existiert ein Gas-Öl-Notfallplan für NRW?
Ein im Sinne der Fragestellung als Gas-Öl-Notfallplan vorliegendes Gesamtdokument für Nordrhein-Westfalen liegt aus nachfolgend genannten Gründen nicht vor.
Die Verantwortung für die Versorgungssicherheit bezogen auf die hier angesprochenen Medien Gas und Öl liegt bei der Bundesregierung im federführend zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Darüber hinaus besteht eine starke Einbindung in das europäische Rechts- und Regelwerk mit Blick auf Versorgungs- und Solidaritätsaspekte. Beim Mineralöl treten darüber hinaus vertragliche Vereinbarungen mit der Internationalen Energieagentur (IEA) hinzu.
Der skizzierten Vielfältigkeit und komplexen Verwobenheit von EU-, Bundes-, Landes- und natürlich auch Kommunalaufgaben in Notfalllagen beispielsweise aufgrund Gas- oder Ölmangellagen dürfte insofern ein im Sinne der Fragestellung als Gas-Öl-Notfallplan vorliegendes Gesamtdokument für Nordrhein-Westfalen nach Einschätzung der Landesregierung nicht gerecht werden.