Kleine Anfrage 3967
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Dortmund: Bekämpfung von Gewaltkriminalität durch personalisierte Waffentrageverbote – Wie zielführend ist die Maßnahme?
In Dortmund und Lünen wurden seit neustem Messertrageverbote „für bestimmte Personengruppen“1 ausgesprochen. Diese sollen mindestens für die nächsten drei Jahre gelten und dafür sorgen, dass die Gewaltkriminalität eingedämmt werden kann und die öffentliche Sicherheit wieder zur Geltung kommt. Konkret richtet sich das Verbot an Straftäter, die wiederholt wegen des Einsatzes von Waffen oder der Androhung von Waffengewalt auffällig geworden sind. Dies treffe insbesondere auf Intensivtäter in einem Alter von unter 21 Jahren zu, die „im Rahmen strategischer Fahndungen“2 beim Mitführen von Messern entdeckt wurden. Eine extra eingerichtete Ermittlungseinheit konnte bereits mehr als 400 potenzielle Prüffälle identifizieren. Von diesen wurden 108 Fälle überprüft und 55 Anhörungen verschickt. Ein Grund für diese Maßnahme sei die große Anzahl an Messern im Zusammenhang mit Gewalttaten. So sei die Hemmschwelle für den Einsatz dieser Waffen gesunken, was dazu führe, dass immer mehr Auseinandersetzungen nicht mehr verbal oder mit Schlägen, sondern mit Waffeneinsatz ausgetragen werden, wie Polizeipräsident Lange betonte.
Die Verbotsverfügung werde persönlich durch Bezirksbeamte übergeben und auch eine Gefährderansprache werde dabei durchgeführt. Bei minderjährigen Betroffenen soll dies im Beisein der Erziehungsberechtigten geschehen. Das Verbot beschränkt sich außerdem nicht auf Messer, sondern beinhaltet auch Waffen wie Baseballschläger, Pfeffersprays, Äxte und mehr. Ein Verstoß wird mit einer Strafe von 250 Euro geahndet, welche sich bei Wiederholungen auf 500 Euro bis hin zu einer Erzwingungshaft ausweiten kann. Zusätzlich zur Durchsetzung dieses Verbots ist geplant, weitere Vorsichtsmaßnahmen an Schulen zu etablieren. Ziel sei es, das Tragen von Messern im öffentlichen Raum, wie Schulen, Sportvereinen und sonstigen Einrichtungen zu unterbinden. Dieses Maßnahmenkonzept soll neben erhöhter Polizeipräsenz und -kontrollen vorrangig Ermittlungen in den Vordergrund ziehen, um der Gewaltkriminalität entgegenzuwirken.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Welche Tätermerkmale weisen die 400 identifizierten potentiellen Prüffälle auf? (Bitte nach Tätermerkmalen wie Alter und Geschlecht aufschlüsseln.)
- Welche Nationalität haben die in Frage 1 abgefragten identifizierten Prüffälle? (Bitte bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Ist geplant die Stadt Dortmund mit finanziellen Mitteln zur Kriminalitätsbekämpfung zu unterstützen?
- Wie bewertet die Landesregierung die Effektivität des Maßnahmenkonzepts hinsichtlich des Ziels für weniger Gewaltkriminalität zu sorgen?
- Schätzt die Landesregierung ein solches Konzept von Waffenverbotszonen „für bestimmte Personengruppen“ für effektiver ein als „herkömmliche“ Waffenverbotszonen?
Markus Wagner
1 https://www.nius.de/news/dortmund-verhaengt-messerverbot-fuer-bestimmte-
personengruppen/4ca44e15-64b4-4e9a-81e4-4bd7d534c144.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3967 mit Schreiben vom 31. Juli 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- Welche Tätermerkmale weisen die 400 identifizierten potentiellen Prüffälle auf? (Bitte nach Tätermerkmalen wie Alter und Geschlecht aufschlüsseln.)
Die Auswertung der in der Kreispolizeibehörde (KPB) Dortmund identifizierten potentiellen Prüffälle erfolgte anhand des Vorgangsbearbeitungssystems „Verfahren zur integrierten Vorgangsbearbeitung und Auskunft (ViVA)“.
Die insgesamt 433 überprüften Personen weisen nachfolgende Merkmale auf:
Geschlecht | Anzahl |
männlich | 409 |
weiblich | 24 |
Alterskohorte | Anzahl |
unter 18 Jahren (Minderjährige) | 41 |
18 – 21 Jahre (Heranwachsende) | 90 |
22 – 30 Jahre | 113 |
31 – 40 Jahre | 87 |
41 – 50 Jahre | 64 |
über 50 Jahre | 38 |
- Welche Nationalität haben die in Frage 1 abgefragten identifizierten Prüffälle? (Bitte bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Die über ViVA gefilterten Prüflisten enthalten keine Angaben zur Staatsangehörigkeit, da diese Angaben statistisch nicht erfasst werden. Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage müsste eine händische Auswertung erfolgen, die innerhalb der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich ist.
3. Ist geplant die Stadt Dortmund mit finanziellen Mitteln zur Kriminalitätsbekämpfung zu unterstützen?
Seitens der Landesregierung ist eine finanzielle Unterstützung nicht geplant.
- Wie bewertet die Landesregierung die Effektivität des Maßnahmenkonzepts hinsichtlich des Ziels für weniger Gewaltkriminalität zu sorgen?
Um der Gewaltkriminalität effektiv zu begegnen, werden verschiedene Ansätze verfolgt, die sowohl Präventions- und Netzwerkarbeit, Präsenzmaßnahmen im öffentlichen Raum als auch eine konsequente Strafverfolgung umfassen. Personenbezogene Mitführverbote für Messer und andere gefährliche Gegenstände kommen insoweit als ein weiterer Baustein im Rahmen der umfassenden Bekämpfung der Gewaltkriminalität in Betracht. Sie können insbesondere bei Intensiv- und Mehrfachtätern, die für einen hohen Anteil der Gewaltkriminalität verantwortlich sind, ein geeignetes Mittel sein.
Ziel ist es, dass Waffen, Messer und gefährliche Gegenstände gar nicht erst mitgeführt und in der Folge auch nicht eingesetzt werden. Die Verbotsverfügungen werden den betroffenen Personen persönlich durch Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten überreicht und möglichst mit einer Gefährderansprache verbunden. Insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden wird die Maßnahme durch Gespräche mit Erziehungsberechtigten sowie der Unterbreitung von Gesprächsangeboten mit Jugendkontaktbeamten ergänzt. Vor allem durch die persönliche Ansprache und das Aufzeigen von Konsequenzen wird von einer hohen präventiven Wirkung ausgegangen.
Für eine erfolgreiche Durchsetzung muss schließlich eine geeignete Kontrolle der Verbote auf der Grundlage eines (Präsenz-)Konzeptes durch die zuständige Kreispolizeibehörde gewährleistet sein.
- Schätzt die Landesregierung ein solches Konzept von Waffenverbotszonen „für bestimmte Personengruppen“ für effektiver ein als „herkömmliche“ Waffenver-botszonen?
Die beiden Instrumente sind nicht alternativ zu verstehen, sondern stehen vielmehr unabhängig nebeneinander. Während es sich bei dem Waffentrageverbot um eine individuelle Maßnahme handelt, die an die Gefährlichkeit einer bestimmten, polizeibekannten Person anknüpft, zielen Waffenverbotszonen auf eine ortsbezogene Gefahr ab, die dazu ermächtigt, strengere Verbote in Bezug auf Waffen und bestimmte Messer anzuordnen und diese auch anlasslos in diesem Gebiet zu kontrollieren. Insoweit haben die beiden Maßnahmen das Ziel gemeinsam, Gewalt mit Waffen oder sonstigen gefährlichen Gegenständen zu verhindern.