Kleine Anfrage 3891
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Dortmund: Messerattacke auf 15-Jährigen – Wie stark nimmt die Gewalt noch zu?
Am Sonntagabend, den 19. Mai 2024, war ein 15 Jahre alter ukrainischer Junge mit zwei Freunden gegen 21:00 Uhr in der Dortmunder Nordstadt unterwegs. Als sie mit zwei Mädchen ins Gespräch kamen, drängte sich ihnen eine Gruppe junger Männer auf und es kam zu einer Schlägerei. Während dieser Auseinandersetzung zog einer der Männer ein Messer und verletzte den 15-Jährigen zunächst durch einen langen Schnitt am Hals. Anschließend rammte ihm der Angreifer das Messer in den Oberkörper. Daraufhin flüchteten die Jugendlichen. Der schwer verletzte Ukrainer schleppte sich noch einen Kilometer durch Dortmund, ehe er zusammenbrach. Ein herbeigeeilter Notarzt kämpfte auf der Straße um das Leben des Opfers. Der 15-Jährige wurde in einem lebensbedrohlichen Zustand in eine Klinik gebracht.1
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügen die Tatverdächtigen? (Bitte Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen nennen.)
- Wie hat sich die Zahl der Gewaltdelikte in der Dortmunder Nordstadt von 2020 bis heute pro Quartal entwickelt?
- In welchem Umfang hat die Stadt Dortmund einen Anstieg an Gewaltdelikten explizit gegen Personen aus der Ukraine seit 2022 bis heute registrieren können?
- Welche Orte in Dortmund gelten als Kriminalitätsschwerpunkte, so wie es auf die Dortmunder Nordstadt zutrifft?
Markus Wagner
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3891 mit Schreiben vom 4. Juli 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten derzeit bis zum Berichtsjahr 2023 qualitätsgesichert vor.
Der Begriff „Gewaltdelikte“ ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht definiert. Zur Beantwortung der Frage 3 wurde daher der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ um die „vorsätzliche einfache Körperverletzung“ ergänzt und ausgewertet. Der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ umfasst folgende Delikte:
- 010000 Mord
- 020000 Totschlag und Tötung auf Verlangen
- 111000 Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge
- 210000 Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
- 221000 Körperverletzung mit Todesfolge
- 222000 Gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien
- 233000 Erpresserischer Menschenraub
- 234000 Geiselnahme
- 235000 Angriff auf den Luft- und Seeverkehr
Die Örtlichkeit „Dortmunder Nordstadt“ ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht definiert. Zur Beantwortung der Frage 3 erfolgte insoweit eine hilfsweise Auswertung des statistischen Unterbereichs „Polizeiwache Nord“, der räumlich mit der Nordstadt weitestgehend übereinstimmt.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz unter dem 10.06.2024 berichtet, dort sei ein Ermittlungsverfahren gegen zwei nicht vorbestrafte Beschuldigte wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung anhängig, dem nach den bisherigen Ermittlungen folgender Lebenssachverhalt zugrunde liege:
Am Abend des 19.05.2024 sei es auf der Malinckrodtstraße in Dortmund zwischen dem Geschädigten, den Beschuldigten und einem Kind zu einer Streitigkeit gekommen, in deren Verlauf die Beschuldigten den Geschädigten zu Boden geschubst und auf ihn eingeschlagen und -getreten hätten. Im Folgenden habe das Kind den Geschädigten mit einem Messer durch einen oberflächlichen Schnitt entlang des Halses und einen Stich in den Rücken verletzt und danach von dem Geschädigten abgelassen. Der Geschädigte habe sich zunächst in Lebensgefahr befunden, die nicht fortbestehe.
Das Kind, das aufgrund seiner Strafunmündigkeit strafrechtlich nicht verfolgt werden könne, besitze die irakische Staatsangehörigkeit. Einer der Beschuldigten sei ebenfalls irakischer Staatsangehöriger; der weitere Beschuldigte sei deutscher Staatsangehöriger. Seit wann er über diese Staatsangehörigkeit verfüge, sei nicht bekannt.
Von Angaben zu dem Vornamen des deutschen Beschuldigten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten sowie der Unschuldsvermutung vorliegend abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat wäre der Beschuldigte bei Nennung seines Vornamens identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich erhöht. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügen die Tatverdächtigen? (Bitte Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen nennen.)
Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
- Wie hat sich die Zahl der Gewaltdelikte in der Dortmunder Nordstadt von 2020 bis heute pro Quartal entwickelt?
Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik. Die Darstellung unterjähriger Entwicklungen besitzt lediglich eine eingeschränkte Validität. Eine quartalweise Darstellung erfolgt nicht.
Die Anzahl der Fälle pro Jahr bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Jahr | Gewaltkriminalität | vors. einfache Körperverletzung |
2020 | 715 | 618 |
2021 | 616 | 636 |
2022 | 732 | 745 |
2023 | 740 | 697 |
- In welchem Umfang hat die Stadt Dortmund einen Anstieg an Gewaltdelikten explizit gegen Personen aus der Ukraine seit 2022 bis heute registrieren können?
Der nachfolgenden Tabelle bitte ich die Anzahl der Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft, die in der Stadt Dortmund in den Jahren 2022 bis 2023 Opfer eines Gewaltdelikts geworden sind, zu entnehmen:
Jahr | Gewaltkriminalität | vors. einfache Körperverletzung |
2022 | 17 | 22 |
2023 | 34 | 51 |
- Welche Orte in Dortmund gelten als Kriminalitätsschwerpunkte, so wie es auf die Dortmunder Nordstadt zutrifft?
Innerhalb des Dortmunder Stadtgebietes ergeben sich örtliche Schwerpunkte in der Dortmunder Innenstadt und in Teilbereichen der Dortmunder Nordstadt. Die Polizei Dortmund setzt in diesen Bereichen eine Präsenzkonzeption um und wirkt damit der Kriminalitätsentwicklung in diesen Bereichen mit teils erheblichem Personalaufwand entgegen.