Kleine Anfrage 4660
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Dortmund: Randale in Notaufnahme des katholischen Krankenhauses Dortmund-West
Nicht nur auf öffentlichen Straßen und Plätzen ist ein dramatischer Anstieg von Gewalt festzustellen, sondern auch Krankenhäuser sehen sich mit steigender Gewalt konfrontiert, insbesondere in Nordrhein-Westfalen. Allein innerhalb von drei Tagen kam es in zwei Kliniken in Nordrhein-Westfalen zu dramatischen Szenen. Am 20. September 2024 wurden mehrere Angestellte eines Krankenhauses in Essen bei einem Angriff verletzt, der vermutlich mit Clankriminalität in Verbindung steht. Hauptverdächtig ist ein 41-jähriger Mann mit türkischer und libanesischer Staatsangehörigkeit. Der Angriff erfolgte nach dem Tod eines Familienangehörigen und führte zu Gewalt gegen medizinisches Personal sowie zu Schäden an Mobiliar und Geräten. Daraufhin setzte das Krankenhaus Sicherheitspersonal ein.1
Nur zwei Tage später, am 22. September, ereignete sich in Dortmund ein weiterer Vorfall im katholischen Krankenhaus Dortmund-West. Eine psychisch kranke Frau randalierte gegen 19:15 Uhr in der Notaufnahme, was zu einem Polizeieinsatz führte. Obwohl die Hintergründe der beiden Fälle unterschiedlich sind, zeigt sich in beiden eine zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Krankenhauspersonal. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Statistik wider. Laut einer Anfrage der SPD-Fraktion stieg die Zahl der Gewalttaten in Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen seit 2017 um über 34 Prozent. Allein 2022 verzeichnete man einen Anstieg um 22 Prozent, und im Jahr 2023 stieg die Zahl um weitere 9 Prozent, was zu insgesamt 1.705 Fällen führte – etwa vier bis fünf Vorfälle pro Tag. Dabei handelt es sich überwiegend um Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen. Die SPD-Abgeordnete Lisa Kapteinat fordert besseren Schutz für das Krankenhauspersonal, da die zunehmende Gewalt eine alarmierende Entwicklung darstelle. Allerdings geht sie in ihren Ausführungen nicht auf die Tätergruppen ein, die meistens für solche Auseinandersetzungen verantwortlich sind. Sprecher der betroffenen Krankenhäuser betonen dabei, dass das Personal geschult sei, mit solchen Situationen umzugehen, und die Unterstützung der Polizei angeblich selten erforderlich sei.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall in Dortmund? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügt die Tatverdächtige? (Bitte Vornamen bei einem deutschen Tatverdächtigen nennen.)
- Über welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten verfügt die Tatverdächtige?
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtige bekannt?
- Wie oft waren welche Krankenhäuser in Dortmund von 2015 bis heute pro Jahr von Straftaten betroffen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4660 mit Schreiben vom 18. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben beschriebenen Vorfällen? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat mir unter dem 06.11.2024 im Wesentlichen berichtet, bei seiner Behörde sei im Zusammenhang mit dem mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalt ein Ermittlungsverfahren gegen eine erwachsene Beschuldigte wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln anhängig, nachdem sie im Rahmen des Polizeieinsatzes durchsucht und dabei Betäubungsmittel sichergestellt worden seien.
2. Über welche Staatsbürgerschaften verfügt die Tatverdächtige? (Bitte Vornamen bei einem deutschen Tatverdächtigen nennen.)
Die Beschuldigte besitzt ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Von Angaben zu ihrem Vornamen wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten sowie der Unschuldsvermutung vorliegend abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren wären die Beschuldigten bei Nennung ihrer Vornamen identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich erhöht. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, sondern der Regierungskontrolle und Gesetzgebung dient, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.
- Über welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten verfügen die Tatverdächtigen? Auf den ersten Satz der Antwort auf die Frage 2 wird Bezug genommen.
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachtsmomenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von kriminalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Die Beschuldigte ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in insgesamt zehn Fällen wegen Körperverletzungsdelikten,
- in neun Fällen wegen Diebstahlsdelikten,
- wegen Vortäuschens einer Straftat,
- wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte,
- in drei Fällen wegen Beleidigung,
- in vier Fällen wegen Beförderungserschleichung,
- in drei Fällen wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen und
- wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.
- Wie oft waren welche Krankenhäuser in Dortmund von 2015 bis heute pro Jahr von Straftaten betroffen?
Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwendige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2024 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.
Eine Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen im Sinne der Fragestellung nach einzelnen Krankenhäusern in Dortmund ist automatisiert nicht möglich. Die hierfür notwendige händische Einzelfallauswertung ist in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar.
Hilfsweise hat das Ministerium des Innern alle Straftaten mit der in der Polizeilichen Kriminalstatistik hinterlegten Tatörtlichkeit „Klinik/Krankenhaus/Sanatorium“ für die Stadt Dortmund ausgewertet.
Die Anzahl der bekannt gewordenen Fälle mit der Tatörtlichkeit „Klinik/Krankenhaus/Sanatorium“ in der Stadt Dortmund für die Jahre 2015 bis 2023 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Jahr | Fälle |
2015 | 362 |
2016 | 464 |
2017 | 462 |
2018 | 440 |
2019 | 462 |
2020 | 379 |
2021 | 375 |
2022 | 410 |
2023 | 482 |
Da keine gesundheitsrechtliche Meldepflicht besteht, liegen im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales keine Statistiken zu Straftaten in Krankenhäusern vor.