Kleine Anfrage 3467
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Dortmund: Trans-Kritikerin drohten Grundrechtseinschränkungen – Repressionen nur weil man andere Ansichten hat?
Die Staatsanwaltschaft Dortmund führte in der jüngsten Zeit ein Strafverfahren gegen die Bloggerin D., da diese sich kritisch gegenüber den aktuellen Ansichten der Regierung zum Thema der Transsexualität äußerte. Konkret drohte Frau D. eine „erkennungsdienstliche Behandlung“1 bei der Polizei in Dortmund. Erkennungsdienstliche Behandlungen beinhalten Grundrechtseingriffe, in deren Konsequenz eine Person ihre persönlichen und biometrischen Daten der Polizei zur Verfügung stellen muss. Die Löschung dieser Daten kann erst nach frühestens zehn Jahren beantragt werden. Diese Maßnahme wird im eigentlichen Sinne nur dann ergriffen, wenn die Polizei davon ausgeht, dass von der betreffenden Person in naher Zukunft ein Verbrechen begangen werden soll. Frau D. ist zu ihrer Vorladung bei der Polizei nicht erschienen, da sie sich juristisch gegen diesen Vorgang gewehrt hat. Ihr Anwalt spricht in diesem Zusammenhang davon, dass es „keine Rechtsgrundlage“2 für die angedachten Maßnahmen gebe.
Die Rechtfertigung für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung soll zum einem auf einem offenen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen D. beruhen. In diesem Verfahren geht es um eine veröffentlichte Broschüre, in der sich die Autorin kritisch mit der aktuellen „Transgender-Ideologie“3, die von einer breiten Menge von beliebig wechselbaren Geschlechtern bzw. Identitäten ausgeht, auseinandersetzt. Laut Staatsanwaltschaft sei diese Schrift als „volksverhetzend zum Nachteil von Transpersonen“4 empfunden worden. Zum anderen hatte die Bloggerin die Ähnlichkeit zwischen dem Symbol eines Schmetterlings, welches von der US-Sicherheitsbehörde FBI als ein Zeichen der Pädophilen-Szene eingeordnet wird, und dem Maskottchen der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (DGTI) hervorgehoben. D. habe dabei lediglich kritische Fragen gestellt, die sie in einem Artikel ihres Substack-Blogs näher erläuterte. Das Landgericht Düsseldorf befand, dass diese Aussagen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Allerdings schätzte das Oberlandesgericht Köln als Berufungsgericht den Sachverhalt anders ein, weshalb das Verfahren mit einem Vergleich endete.
Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz ordnete Aussagen, die in dem Elternratgeber getroffen wurden, wie beispielsweise, dass Frauen und Männer biologische Fakten seien, dass das Geschlecht binär und unveränderbar sei oder dass es sich bei der aktuellen Transgender-Ideologie um einen Kult handele, als inakzeptabel ein und sah diese als Grund, das Werk nicht frei zugänglich machen zu dürfen. D. selbst sieht ihre Situation aufgrund dessen als „extrem grotesk“5 an und spricht im Zusammenhang der erkennungsdienstlichen Vorladung von einem Einschüchterungsversuch. Die Begründung dieser Vorladung baut dabei vor allem auf in der Broschüre getroffene Aussagen auf, die vor nicht allzu langer Zeit noch die Norm darstellten und für die meisten Bürger heutzutage auch immer noch die Norm sind. Diese meist trivialen Aussagen sollen heutzutage „transfeindlich“6 oder gar volksverhetzend sein. „Die Genderidentitätsideologie gleicht einem Kult“7, „Geschlecht ist binär und unveränderbar.“8 oder „Menschen, die sich als trans ansehen, werden medizinische Prozeduren angepriesen“9 sind dabei Aussagen, die von D. getroffen wurden und auf die sich die Begründung der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz konkret stützt. Des Weiteren würden diese Aussagen die Diskriminierung von „Transkindern“10 befeuern. Zusätzlich zu diesen Aussagen wird in der Begründung auf die Fragen hingewiesen, die D. im Zusammenhang des Vergleichs des Pädophilen-Symbols mit dem Maskottchen der DGTI äußerte. Das Stellen von Fragen, die vielleicht auch als unangenehm empfunden werden können, müsse in einem freien Land jedoch möglich sein und nicht als Volksverhetzung diskreditiert werden. So urteilte auch das Oberlandesgericht Köln, dass die Transsexuelle S., die juristisch gegen Frau D. vorging, kritische Fragen „zweifellos hinnehmen“11 müsse. So dürfe auf die Ähnlichkeit der beiden Symbole aufmerksam gemacht werden, jedoch nicht behauptet werden, dass diese identisch seien.
Trotzdem der Vorfall um die Ähnlichkeit der beiden Symbole somit geklärt zu sein scheint, pochte die Polizei Dortmund weiter auf die erkennungsdienstliche Behandlung. Diese wurde damit gerechtfertigt, dass gegen Frau D. ein Verfahren wegen Volksverhetzung laufe, da sie im Februar des Jahres 2023 auf der Plattform X (früher Twitter) „transidente Personen als Menschen mit pädophilen Neigungen gleichstellt“12. Nach Einschätzung von Frau D. selbst wird dabei auf die Angelegenheit der Schmetterlingssymbole angespielt. Insgesamt beruhe die Anschuldigung der Volksverhetzung der Polizei Dortmund also auf der Interpretation, dass ihr Vergleich der optischen Ähnlichkeit zweier Symbole eine transfeindliche Gleichstellung von Transsexuellen und Pädophilen darstellen würde. Diese vermeintliche Gleichstellung werde als Hauptgrund für Repressionen und Einschränkungen von Grundrechten in Form einer erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Polizei herangezogen. Mittlerweile konnte Frau D. bekanntgeben, dass die Vorladung der Polizei Dortmund zurückgenommen wurde und auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren von ihr bzw. ihrem Anwalt gegen das Land NRW eingestellt werde.13
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Anzeigen richteten sich gegen Menschen, die sich kritisch gegenüber der Transgenderthematik äußerten?
- Wie viele der in Frage 2 erfragten Anzeigen wurden im Laufe der Ermittlungen eingestellt bzw. konnten vor Gericht nicht gewinnen?
- Schätzt die Landesregierung die Maßnahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung, die in der Regel für potentielle Straftäter vorgesehen ist, als angemessene Maßnahme aufgrund der von Frau D. getroffenen Äußerungen ein?
- Sieht die Landesregierung die von Frau D. getätigten Äußerungen als Teil der Meinungsfreiheit an oder werden die Äußerungen als volksverhetzend angesehen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
6 Ebenda.
7 Ebenda.
8 Ebenda.
9 Ebenda.
10 Ebenda.
11 Ebenda.
12 Ebenda.
13 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 3467 mit Schreiben vom 28. März 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat mir hierzu unter dem 12.03.2024 unter anderem Folgendes berichtet:
„Bei der Staatsanwaltschaft Dortmund wird ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte, darunter die in der Kleinen Anfrage genannten Frau D., geführt. Dem Verfahren liegt eine Strafanzeige zugrunde, mit der den Beschuldigten insbesondere vorgeworfen wird, für eine Konversionsbehandlung zu werben (Ordnungswidrigkeit nach § 6 des Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen), jugendgefährdende Schriften zu verbreiten und zu psychischer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche aufzurufen. Die Beschuldigten hätten gemeinsam den ,Elternratgeber – Wegweiser aus dem Transgenderkult‘ verfasst und im Internet veröffentlicht. […] Öffentlich geäußerte Kritik am Inhalt dieses Ratgebers führe zu ,regelrechten Hetzkampagnen gegen einzelne Betroffene‘, die sodann öffentlich bloßgestellt und mit dem Vorwurf der ,Pädokriminalität öffentlich diffamiert‘ würden. Vor diesem Hintergrund werde auch Strafanzeige wegen Volksverhetzung, Beleidigung und übler Nachrede sowie wegen strafbaren Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz erstattet und Strafantrag gestellt.
Die etwa 40 Seiten umfassende Broschüre sowie der in den sozialen Medien geführte umfangreiche Chatverkehr werden derzeit ausgewertet.
Der Anzeigeerstatter wurde zu seinem Vorbringen ergänzend vernommen.
Den Beschuldigten, welche deutsche Staatsangehörige und nicht vorbestraft sind, wurde rechtliches Gehör gewährt. Der Verteidiger der Beschuldigten D. hat eine umfangreiche rechtliche Stellungnahme zu den Akten gereicht, in der er sich insbesondere darauf beruft, dass sämtliche Äußerungen von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt und nicht strafbar seien.
Die Prüfung, ob die Ausführungen in der Broschüre den Straftatbestand der Volksverhetzung oder anderer Straftatbestände erfüllen, dauert an.“
- Wie viele Anzeigen richteten sich gegen Menschen, die sich kritisch gegenüber der Transgenderthematik äußerten?
- Wie viele der in Frage 2 erfragten Anzeigen wurden im Laufe der Ermittlungen eingestellt bzw. konnten vor Gericht nicht gewinnen?
Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Ob sich eine Anzeige gegen Menschen richtet, die sich kritisch gegenüber der Transgenderthematik geäußert haben, wird statistisch nicht erfasst.
Für die Beantwortung der Fragen 2 und 3 der Kleinen Anfrage wäre eine händische Auswertung aller in Betracht kommenden Einzelvorgänge erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht mit vertretbarem Aufwand möglich.
- Schätzt die Landesregierung die Maßnahme einer erkennungsdienstlichen Behandlung, die in der Regel für potentielle Straftäter vorgesehen ist, als angemessene Maßnahme aufgrund der von Frau D. getroffenen Äußerungen ein?
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat mir hierzu unter dem 12.03.2024 berichtet, eine erkennungsdienstliche Behandlung für Zwecke des Strafverfahrens (§ 81b Absatz 1 Satz 1 1. Alternative StPO) sei in dem Ermittlungsverfahren weder durchgeführt noch von der Staatsanwaltschaft Dortmund angeordnet worden.
Zu der polizeilichen Sachbehandlung hat das Ministerium des Innern Folgendes ausgeführt:
„Die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität ist im Polizeipräsidium Dortmund als behördenstrategisches Ziel im Sicherheitsprogramm definiert und wird konsequent verfolgt. Dabei sind alle polizeirechtlichen und strafprozessualen Maßnahmen bei Tatverdächtigen der Politisch motivierten Kriminalität auszuschöpfen. Die konsequente Nutzung der Möglichkeiten der erkennungsdienstlichen Behandlung ist – selbstverständlich nach Prüfung der Rechtmäßigkeit im Einzelfall – grundsätzlich eine zielführende Maßnahme, um die Fallzahlen zu senken und die Aufklärungsquote zu erhöhen. Die erneute Prüfung des Einzelfalls hat dazu geführt, dass die zuständige Kreispolizeibehörde Dortmund die Maßnahme als nicht angemessen bewertet und nicht durchgeführt hat.“
- Sieht die Landesregierung die von Frau D. getätigten Äußerungen als Teil der Meinungsfreiheit oder werden die Äußerungen als volksverhetzend angesehen?
Für die Prüfung möglicherweise strafrechtlich relevanter Sachverhalte und für die Bearbeitung von Strafanzeigen sind in meinem Geschäftsbereich zunächst ausschließlich die Staatsanwaltschaften zuständig.
Dem vorbezeichneten Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts zufolge dauert die strafrechtliche Prüfung der Äußerungen der Beschuldigten, insbesondere des Inhalts der Broschüre, an.