Dramatische Zunahme von tödlichen Unfällen mit Pedelec oder E-Bike-Fahrerbeteiligung auch in NRW?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1474

der Abgeordneten Klaus Esser und Markus Wagner vom 03.03.2023

Dramatische Zunahme von tödlichen Unfällen mit Pedelec oder E-Bike-Fahrerbeteiligung auch in NRW?

Die Schlagzeile: „Pedelec-Fahrer leben gefährlich: Unfalltote im Radverkehr auf Rekordhoch“ ist alarmierend. Laut Straßenverkehrsunfallstatistik des Statistischen Bundesamtes ist die Anzahl der Unfälle und Verkehrstoten im Fahrradverkehr in den letzten Jahren steil angestiegen.1 „Dreimal mehr Pedelec-Tote in NRW“ titelt daher auch die RP.2 Innerhalb weniger Jahre hat sich außerdem die Zahl der Unfälle von Pedelec-Fahrern von 850 auf knapp 3200 erhöht. Diesen starken Anstieg ausschließlich auf die Corona-Zeit zurückzuführen, die jetzt zu einer massiven Zunahme geführt habe, greift wohl zu kurz, denn die hohen Zahlen bei Pedelec-Unfällen kommen zu der nahezu konstant gebliebenen Zahl von 7500 Fahrradfahrunfällen in NRW noch hinzu.

Da der AfD an einer ideologiefreien Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer gelegen ist, müssen Unfälle mit Radfahrern, die dabei oft die Hauptgeschädigten sind und mit massiven Folgen für Leben und Gesundheit leben müssen, gesondert betrachtet werden. Dies ist vor dem Hintergrund des Ausbaus der Fahrradinfrastruktur in NRW sowie der deutlichen Zunahme von Pedelec- und E-Bike-Fahrern auch allgemein von Interesse. Hierbei sollten auch Sicherheitsaspekte wie Radverkehrskontrollen, Helmpflicht und Tempolimit für Pedelecs ohne ideologische Scheuklappen erörtert werden.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Unfälle ereigneten sich in den Jahren 2020, 2021 und 2022 in NRW, bei denen Pedelecfahrer bzw. E-Bike-Fahrer als Geschädigte beteiligt waren? (Bitte schlüsseln Sie Ihre Antwort nach der Art des ggf. weiteren unfallbeteiligten Verkehrsteilnehmers bzw. Verkehrsmittels auf.)
  2. Wie viele Unfälle ereigneten sich in NRW in den Jahren 2020, 2021 und 2022, bei denen Pedelecfahrer bzw. E-Bike-Fahrer als Hauptverursacher beteiligt waren? (Bitte schlüsseln Sie Ihre Antwort nach den weiteren Unfallbeteiligten gemäß Frage 1 auf.)
  3. Wo ereigneten sich jeweils in den Jahren 2020, 2021 und 2022 die unter Frage 1 und 2 gelisteten Unfälle? (Bitte schlüsseln Sie die Unfallorte jeweils nach denen vom Ministerium spezifizierten Straßenklassen, Zonen bzw. Radwegearten auf)
  4. Was waren in 2020, 2021 und 2022 jeweils die Unfallfolgen für den/die Geschädigten? (Bitte trennen Sie Ihre Antwort für die Fälle unter Frage 1 und 2 und schlüsseln Sie Ihre Antwort wie folgt auf: Todesfälle, Schwerverletzte, Leichtverletzte, Sachschäden)
  5. Wie beabsichtigt die Landesregierung auf die starke Zunahme von Pedelec/E-Bike-Unfällen in NRW zu reagieren?

Klaus Esser
Markus Wagner

 

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1 Htt p s : / /www. T i c h y s einblick.de/daili-es-s e n t ials/pedel ecs-unfall t o t e-im-rad ver kehr-auf-rekord hoch/

2 Htt p s : / / rp- o n l i n e .de/politik/deutsch l a n d /dr e i m al-mehr-pede l e c-tote-in-nrw-f a h r e r – und-gesell schaft-muessen-um denken_ aid -8 05 908 13


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1474 mit Schreiben vom 3. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Bei der Beantwortung werden die Verkehrbeteiligungsarten 72 (Pedelec) und 03 (S-Pedelec) berücksichtigt, da unter „E-Bikes“ umgangssprachlich sowohl Pedelecs als auch S-Pedelecs gefasst sind.

Pedelecs sind zulassungsfrei, erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 25 Stundenkilometern und dürfen ohne Helm gefahren werden.

S-Pedelecs sind bis zu 45 Stundenkilometer schnell, benötigen ein Kennzeichen und dürfen nur mit Helm gefahren werden. Der Fahrer muss mindestens 16 Jahre alt und in Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse AM sein.

  1. Wie viele Unfälle ereigneten sich in den Jahren 2020, 2021 und 2022 in NRW, bei denen Pedelecfahrer bzw. E-Bike-Fahrer als Geschädigte beteiligt waren? (Bitte schlüsseln Sie Ihre Antwort nach der Art des ggf. weiteren unfallbeteiligten Ver­kehrsteilnehmers bzw. Verkehrsmittels auf.)

Die Anzahl der Verkehrsunfälle der Kategorien 1 bis 43 mit Pedelec beziehungsweise S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrern sowie der weiteren beteiligten Verkehrsbeteiligungsarten, sortiert nach dem Hauptverursacher, sind den folgenden Tabellen zu entnehmen. Sonstige Sachschadensunfälle, hierbei handelt es sich um Verkehrsunfälle der Kategorie 5, werden statistisch nicht erfasst.

Anzahl der Straßenverkehrsunfälle unter Beteiligung von Pedelecs nach Hauptverursacher:

Art der Verkehrsbeteiligung 2020 2021 20224
Kleinkraftrad 8 9 11
Mofa 2 4 2
S-Pedelec 0 0 1
leichtes Kraftfahrzeug (L2e/L6e) 1 0 1
Elektrokleinstfahrzeug gem. EKfV 4 10 29
Elektrokleinstfahrzeug ohne Lenk- und Hal- testange 2 6 6
Kraftrad 8 11 5
Leichtkraftrad 2 2 2
leichtes Kraftfahrzeug (L5e/L7e) 1 0 1
Kraftroller 1 0 3
PKW 1502 1877 2477
Wohnmobil 1 1 1
Kraftomnibus 6 3 10
Linienbus 9 9 15
Schulbus 1 0 1
LKW bis 3,5 t ohne Anhänger 67 75 89
LKW bis 3,5 t mit Anhänger 6 17 14
LKW über 3,5 t ohne Anhänger 18 19 22
LKW über 3,5 t mit Anhänger 8 5 6
Sattelschlepper 11 15 21
Sattelschlepper mit Tankauflieger 0 2 0
landw. Zugmaschine 8 13 2
andere Zugmaschine 1 1 1
Lastkraftwagen m. Spezialaufbau 4 3 6
übriges Kraftfahrzeug 7 9 9
Straßenbahn 0 0 1
Fahrrad 204 251 305
Pedelec 1938 2401 3228
Fußgänger 101 98 166
Tierführer / Tiertreiber 7 7 8
Fußgänger mit Sport- oder Spielgerät 10 7 9
sonstiges unbekanntes Fahrzeug 32 36 43
andere Person 6 1 7
Gesamtergebnis 3976 4892 6502

 

Anzahl der Straßenverkehrsunfälle unter Beteiligung von S-Pedelecs nach Hauptverursacher:

Art der Verkehrsbeteiligung 2020 2021 20225
Kleinkraftrad 1 0 0
S-Pedelec 19 22 32
Elektrokleinstfahrzeug gem. nicht EKfV 0 0 1
PKW 16 16 21
LKW bis 3,5 t ohne Anhänger 3 2 1
Sattelschlepper 0 0 1
Fahrrad 0 0 3
Pedelec 1 1 2
Fußgänger 1 2 2
Fußgänger mit Sport- oder Spielgerät 1 0 0
sonstiges unbekanntes Fahrzeug 1 0 1
Gesamtergebnis 43 43 64

 

  1. Wie viele Unfälle ereigneten sich in NRW in den Jahren 2020, 2021 und 2022, bei denen Pedelecfahrer bzw. E-Bike-Fahrer als Hauptverursacher beteiligt waren? (Bitte schlüsseln Sie Ihre Antwort nach den weiteren Unfallbeteiligten gemäß Frage 1 auf.)

Die Anzahl der Verkehrsunfälle, in denen Pedelec- und S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer als Hauptverursacher beteiligt waren, sind der Beantwortung der Frage 1 zu entnehmen.

  1. Wo ereigneten sich jeweils in den Jahren 2020, 2021 und 2022 die unter Frage 1 und 2 gelisteten Unfälle? (Bitte schlüsseln Sie die Unfallorte jeweils nach denen vom Ministerium spezifizierten Straßenklassen, Zonen bzw. Radwegearten auf)

Die Anzahl der beteiligten Pedelecs bei Verkehrsunfällen zu Fragen 1 und 2 sind den folgen­den Tabellen zu entnehmen.

Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Pedelecs nach Straßenklasse:

Straßenklasse 2020 2021 20226
Autobahn 0 1 2
Bundesstraße 354 447 591
Landesstraße 954 1168 1596
Kreisstraße 466 634 756
Gemeinde- oder andere Straße 2202 2642 3557
Gesamt 3976 4892 6502

 

Verkehrsunfälle mit Pedelecs als Hauptverursacher nach Straßenklasse:

Straßenklasse 2020 2021 20227
Autobahn 0 1 1
Bundesstraße 155 171 242
Landesstraße 415 503 720
Kreisstraße 218 296 346
Gemeinde- oder andere Straße 1150 1430 1919
Gesamt 1938 2401 3228

 

Die Anzahl der beteiligten S-Pedelecs bei Verkehrsunfällen zu Fragen 1 und 2 sind den fol­genden Tabellen zu entnehmen.

Verkehrsunfälle unter Beteiligung von S-Pedelecs nach Straßenklasse:

Straßenklasse 2020 2021 20228
Bundesstraße 5 1 7
Landesstraße 6 11 14
Kreisstraße 5 6 9
Gemeinde- oder andere Straße 27 25 34
Gesamt 43 43 64

 

Verkehrsunfälle mit S-Pedelecs als Hauptverursacher nach Straßenklasse:

Straßenklasse 2020 2021 20229
Bundesstraße 2 0 2
Landesstraße 2 4 9
Kreisstraße 3 5 6
Gemeinde- oder andere Straße 12 13 15
Gesamt 19 22 32

 

  1. Was waren in 2020, 2021 und 2022 jeweils die Unfallfolgen für den/die Geschädig­ten? (Bitte trennen Sie Ihre Antwort für die Fälle unter Frage 1 und 2 und schlüs­seln Sie Ihre Antwort wie folgt auf: Todesfälle, Schwerverletzte, Leichtverletzte, Sachschäden)

Die Anzahl der Verunglückten und Beteiligten zu Frage 1 mit und ohne körperliche Unfallfolgen bei Verkehrsunfällen mit Pedelec- beziehungsweise S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrern so­wie der weiteren beteiligten Verkehrsbeteiligungsart mit der für diese Verkehrsbeteiligungsart definierten Unfallfolge sind den Anlagen 1 und 2 zu entnehmen.

„Ohne körperliche Folgen“ bedeutet in dieser Auswertung „Beteiligte bei schwerwiegenden Unfällen mit Sachschaden“ gemäß § 2 Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz (StVUnfStatG).

Der folgenden Tabelle ist die Anzahl der Verunglückten und Beteiligten bei Verkehrsunfällen, bei denen Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer verkehrsunfallverursachend waren, zu entneh­men.

Jahr Getötet Schwerver- letzt Leicht-
verletzt
ohne

Unfallfolgen

gesamt
2020 23 583 1187 145 1938
2021 22 657 1518 204 2401
202210 34 788 2145 261 3228

 

Der folgenden Tabelle ist die Anzahl der Verunglückten und Beteiligten bei Verkehrsunfällen, bei denen S-Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer verkehrsunfallverursachend waren, zu entneh­men.

Jahr Getötet Schwerver- letzt Leicht-
verletzt
ohne

Unfallfolgen

gesamt
2020 0 7 11 1 19
2021 0 6 12 4 22
202211 0 7 22 3 32

 

„Beteiligte ohne Unfallfolgen“ bedeutet in dieser Auswertung „Beteiligte bei schwerwiegenden Unfällen mit Sachschaden“ gemäß § 2 StVUnfStatG.

Eine weitere Auswertungsdimension nach der dabei jeweils beteiligten Verkehrsbeteiligungsart ist technisch nicht in der für die Bearbeitung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehen­den Zeit möglich. Es wären manuelle Auswertungen in erheblichem Maße vorzunehmen.

  1. Wie beabsichtigt die Landesregierung auf die starke Zunahme von Pedelec/E-Bike-Unfällen in NRW zu reagieren?

Maßnahmen der Polizei Nordrhein-Westfalen (Polizei NRW) orientieren sich grundsätzlich an den Ergebnissen lokaler Unfallanalysen der Kreispolizeibehörden.

Hierbei fließen auch von anderen Verkehrsbeteiligungsarten zum Nachteil von Rad-, Pedelec-und S-Pedelec-Fahrenden begangene Verkehrsverstöße mit ein.

Repressive Maßnahmen der Kreispolizeibehörden zum Schutz besonders vulnerabler Ver­kehrsteilnehmender sind insofern ganzheitlich zu betrachten und werden durch gezielte Maß­nahmen der Prävention unterstützt.

Zudem setzt die Landesregierung zur Unfallprävention bei Pedelecs auf Fahrsicherheitstrainings, die von vielen örtlichen Verkehrswachten in Nordrhein-Westfalen angeboten werden. Diese werden häufig in Verbindung mit lokalen Fahrradanbietern durchgeführt. Neueinsteiger werden über die Technik und Handhabung informiert, und es werden praktische Übungen ab­solviert. Darüber hinaus stellt die Landesregierung umfangreiche Fördermittel zum Ausbau der kommunalen Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung und verbessert die Radwegeinfrastruktur an Bundes- und Landesstraßen.

Durch das Zusammenspiel von repressiven und präventiven Maßnahmen, die Verzahnung von theoretischen und praktischen Inhalten von Präventionsangeboten sowie den Einsatz mo­derner Technik wie Simulatoren und Virtual-Reality-Brillen erwartet die Polizei NRW die größt­mögliche Wirkung.

 

Anfrage als PDF

 

3 Kategorie 1: Verkehrsunfall mit Getöteten, Kategorie 2: Verkehrsunfall mit Schwerverletzten, Katego­rie 3: Verkehrsunfall mit Leichtverletzten, Kategorie 4: schwerwiegender Verkehrsunfall mit Sachscha­den

4 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

5 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

6 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

7 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

8 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

9 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

10 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.

11 Die Zahlen für 2022 sind vorläufig für Januar bis einschließlich November.