Düsseldorf: Immer mehr Schwerverletzte durch Messerangriffe

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 126
der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith vom 09.07.2022

 

Düsseldorf: Immer mehr Schwerverletzte durch Messerangriffe

Laut NRZ steigt die Zahl der Gewalttaten in der Düsseldorfer Altstadt. Zum einen häufen sich schwere Körperverletzungen, bei denen Messer und ähnliche Waffen benutzt werden. Zum anderen ist eine deutliche Zunahme von Widerstandshandlungen gegen Polizei- und Ordnungskräfte festzustellen. So stieg deren Zahl von 79 im Jahre 2020 auf 107 Delikte im Jahre 2021.1

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Straftaten wurden in der Düsseldorfer Altstadt seit dem 1. Januar 2022 bis heute verübt? (Bitte nach Straftaten und Tatmitteln aufschlüsseln)
  2. Welche Tätergruppen sind unter Bezugnahme von Frage 1 dabei ermittelt worden? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Geschlecht, Alter, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)
  3. Wie setzt sich dabei die Opfergruppe zusammen? (Bitte nach Verletzungsart, Vornamen der Opfer sowie Opfer-Täter-Beziehung, Geschlecht, Alter und Staatsbürgerschaften der Opfer aufschlüsseln)
  4. Welche Erfahrungen bzw. Erkenntnisse gewinnt die Landesregierung aus der Einführung von Messerverbotszonen und welche Konsequenzen zieht sie daraus?
  5. Welche Faktoren spielen aus Sicht der Landesregierung eine Rolle für die zunehmende Gewalt in bestimmten innerstädtischen Quartieren (zum Beispiel der Düsseldorfer Altstadt, der Essener oder Dortmunder Innenstadt etc.)?

Markus Wagner
Andreas Keith

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https://www.nrz.de/politik/altstadt-immer-mehr-schwerverletzte-durch-messerangriffe-id235387253.html.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 126 mit Schreiben vom 12. August 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen 1 bis 3 dient die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS NRW). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Regeln erstellt.

Zur Beantwortung dieser Kleinen Anfrage wurde der Berichtszeitraum 01.01.2022 bis 30.06.2022 herangezogen. Die Daten aus diesem Berichtzeitraum können sich allerdings noch verändern, da valide und abschließende Daten der PKS NRW für das Jahr 2022 nicht vorliegen.

Der Begriff „Düsseldorfer Altstadt“ ist geographisch kein fest definiertes Gebilde. Daher wurde für die Auswertung und Beantwortung der Kleinen Anfrage die Eingrenzung der Düsseldorfer Altstadt analog zur bestehenden Waffenverbotszone gewählt. Eine graphische Darstellung entnehmen Sie bitte der Anlage 1.

  1. Welche Straftaten wurden in der Düsseldorfer Altstadt seit dem 1. Januar 2022 bis heute verübt? (Bitte nach Straftaten und Tatmitteln aufschlüsseln)

Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 2656 Straftaten in dem für die Auswertung herangezogenen Bereich erfasst. Eine Aufschlüsselung der Taten entnehmen Sie bitte der Anlage 2.

  1. Welche Tätergruppen sind unter Bezugnahme von Frage 1 dabei ermittelt worden? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Geschlecht, Alter, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)

Tätergruppen werden in der PKS NRW nicht gesondert erfasst.

  1. Wie setzt sich dabei die Opfergruppe zusammen? (Bitte nach Verletzungsart, Vornamen der Opfer sowie Opfer-Täter-Beziehung, Geschlecht, Alter und Staatsbürgerschaften der Opfer aufschlüsseln)

Opfergruppen werden in der PKS NRW nicht gesondert erfasst.

  1. Welche Erfahrungen bzw. Erkenntnisse gewinnt die Landesregierung aus der Einführung von Messerverbotszonen und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Im Bereich der Waffenverbotszone „Altstadt“ in Düsseldorf wurde ebenfalls die strategische Fahndung gemäß § 12a Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen angeordnet. Den eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten stehen damit weitreichende Eingriffsmöglichkeiten zur Kontrolle in der Waffenverbotszone zur Verfügung. Seit Einrichtung der Waffenverbotszone wurden ca. 3900 Personen in der Waffenverbotszone „Altstadt“ kontrolliert. Die Einrichtung dieser Zone wird durch die eingesetzten Polizeibediensteten als wirksame Maßnahme zum Auffinden verbotener Gegenstände nach dem Waffengesetz als auch nach der Verordnung über das Verbot des Führens von Waffen bewertet. Neben den umfangreichen Kontrollen und Maßnahmen in der Waffenverbotszone tragen grundsätzlich auch die Beschilderungen sowie die mediale Berichterstattung dazu bei, die subjektive Sicherheit der Bevölkerung zu stärken. Die Mehrheit der kontrollierten Personen reagiert positiv auf die Waffenverbotszone. Polizeilichen Aufforderungen und Anordnungen wird überwiegend mit einer zustimmenden Haltung gefolgt.

Die Waffenverbotszonen „Ringe“ und „Zülpicher Straße“ in Köln weisen räumliche und zeitliche Überschneidungen mit den polizeilichen Schwerpunkten in den behördeninternen Präsenzkonzeptionen auf. Die Einrichtung der Waffenverbotszonen wird von den eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten begrüßt und als wichtiger Baustein zur Gefahrenabwehr betrachtet. Entsprechende Verstöße werden konsequent geahndet. Seit Einrichtung der Waffenverbotszonen wurden 4.176 Personen in den beiden Waffenverbotszonen kontrolliert.

  1. Welche Faktoren spielen aus Sicht der Landesregierung eine Rolle für die zunehmende Gewalt in bestimmten innerstädtischen Quartieren (zum Beispiel der Düsseldorfer Altstadt, der Essener oder Dortmunder Innenstadt etc.)?

Die Entstehung von Kriminalität lässt sich nicht abschließend anhand einer oder weniger Ursachen erklären. Ebenso verhält es sich mit der Entstehung und Veränderungen von Gewaltkriminalität. Ursachen sind vielschichtig und lassen sich auf unterschiedliche Ebenen und in unterschiedliche Dimensionen (zum Beispiel personal oder räumlich) verorten.

Studien zeigen, dass Gewaltkriminalität (wie auch Kriminalität insgesamt) in wenigen städtischen Räumen konzentriert auftritt. Dies lässt sich unter anderem anhand sozialräumlicher Segregationsprozesse und Routineaktivitäten der Menschen erklären, die in der Konsequenz zu spezifischen Gelegenheitsstrukturen innerhalb des sozialräumlichen Umfeldes führen. So zeichnen sich insbesondere innerstädtische Quartiere, wie beispielsweise die Düsseldorfer Altstadt, durch eine hohe Frequentierung von heterogen geprägten Personengruppen (in Bezug auf beispielsweise Alter, Herkunft, Bildung, Einkommen) zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten und weitere räumliche Faktoren (zum Beispiel Fußgängerzonen, Bahnhöfe) aus, die in der Kombination kriminogene Wirkung entfalten und unter anderem zu einer Konzentration von Gewaltkriminalität in diesen Bereichen führen können.

Eine Möglichkeit der Erklärung des angesprochenen Phänomens zunehmender Gewalt in bestimmten innerstädtischen Quartieren können infolge gesellschaftlicher Krisen (wie die Pandemie) gesteigerte soziale Desintegrationsprozesse sein. Soziale Desintegration ist verbunden mit der Ausprägung antisozialer Einstellungen und begünstigt die Gefahr einer sinkenden Gewaltschwelle. Soziale Polarisierungen, negative Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und/oder im Bildungssektor, die erschwerte Teilnahme am öffentlichen Leben sowie emotionale Überforderungen durch (beispielsweise pandemiebedingte) schwierige Lebenslagen in Form von Frustration oder Verunsicherung können das Spannungs- und Konfliktpotenzial erhöhen und zu Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum führen.

 

Antwort samt Anlage als PDF