Kleine Anfrage 3592
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Duisburg: Jugendliche von mehreren Tätern verletzt und erniedrigt – Was sind die Hintergründe?
Am Montag, den 11. März 2024, kam es im Duisburger Stadtteil Wanheim-Angerhausen zu einer schrecklichen Gewalttat gegen einen 14- und einen 15-jährigen Jugendlichen. Diese sollen von einer „Gruppe junger Männer“1 in den Keller eines Wohnhauses gelockt und dort schwer verletzt worden sein. Nach Angaben der Polizei seien die beiden Opfer zusätzlich zu der schweren körperlichen Gewalt auch maßlos erniedrigt und während der Tat sogar gefilmt worden sein. Die Torturen sollen sich über mehrere Stunden hingezogen haben. Nach Vollendung der Tat seien die Opfer dann einfach auf die Straße geworfen worden. Schwer verletzt sollen sich die beiden Jugendlichen dann den Eltern anvertraut haben, welche daraufhin die Polizei alarmierten. Im Anschluss wurden sie durch einen Rettungswagen zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht. Nun wurde der polizeiliche Opferschutz eingesetzt, um sich um die Opfer und ihre Angehörigen zu kümmern. Schon einen Tag nach der abscheulichen Tat konnte ein potentieller Tatverdächtiger festgenommen werden und am darauffolgenden Freitag dann auch drei weitere Tatverdächtige, die nun allesamt wegen des Verdachts des erpresserischen Menschenraubs in Untersuchungshaft einsitzen. Die Tatverdächtigen seien zwischen 17 und 22 Jahre alt. Die Kriminalpolizei wertet zudem weitere Spuren aus und ermittelt bezüglich der Tathintergründe. Außerdem werden Zeugen vernommen und elektronische Speichermedien ausgewertet.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche Vorstrafen der Tatverdächtigen sind bekannt?
- Über welche Staatsbürgerschaften verfügen die Tatverdächtigen? (Bitte Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen nennen.)
- Seit wann sind die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft?
- Welche sonstigen polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 3592 mit Schreiben vom 30. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Duisburg hat mir hierzu unter dem 10.04.2024 im Wesentlichen Folgendes berichtet:
„Das Verfahren richtet sich gegen sieben Beschuldigte.
Am 11. März 2024 begaben sich ein 14- und ein 15-jähriger Geschädigter in das Wohnhaus des 21-jährigen Haupttäters in Duisburg. Dort wurden sie von mehreren Personen erwartet und in ein Kellerabteil verbracht. In dem Kellerabteil befanden sich in der Folgezeit auf Seiten der Angreifer bis zu sieben Personen, wobei es sich neben dem Haupttäter um einen weiteren jungen Erwachsenen (22 Jahre), vier Heranwachsende (19, 20, 20, 20 Jahre) und einen Jugendlichen (17 Jahre) handelte. Insbesondere die beiden Erwachsenen und einer der 20-jährigen Heranwachsenden sollen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen nun erhebliche Gewalt gegen die Geschädigten ausgeübt und diese unter anderem mit verschiedenen Gegen-ständen, wie etwa Holzstöcken, Gartenschläuchen und einem Auto-reifen geschlagen haben. Der 22-jährige Beschuldigte löschte auch jeweils eine brennende Zigarette auf der ungeschützten Haut der Ge-schädigten. Diese wurden zudem bewusst erniedrigt, indem sie sich etwa bis auf die Unterwäsche entkleiden mussten. Die anderen an-wesenden Personen beschränkten sich im Wesentlichen darauf, die Situationen und einzelnen Tathandlungen mit ihren Mobiltelefonen zu filmen. Nach circa zwei Stunden wurden die Geschädigten von dem jugendlichen Beschuldigten nach draußen geführt und konnten sich zu ihren Eltern und anschließend in ärztliche Behandlung begeben. Sie erlitten unter anderem zahlreiche Hämatome und andere sichtbare Verletzungen am gesamten Körper. Der 14-Jährige erlitt zudem unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Fraktur des Nasen-beins und eine Verbrennung am Ohr. Beide befinden sich in ambulanter Behandlung.
Hintergrund der Tat soll der Verdacht der Beschuldigten gewesen sein, die Geschädigten hätten dem 21-jährigen Beschuldigten zuvor 5.000,00 Euro Bargeld sowie Einweg-E-Zigaret-ten entwendet. Während des Geschehens in dem Keller forderte der 21-jährige Beschuldigte deshalb wiederholt die Aushändigung des Bargeldes und der übrigen Tatbeute. […]
Gegen die erwachsenen Beschuldigten sowie gegen einen der heranwachsenden Beschuldigten besteht derzeit der Verdacht des gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Bezüglich der weiteren vier Beschuldigten besteht der Tatverdacht der Beihilfe zu dieser Tat.
Bereits am 12. März 2024 konnte der 21-jährige Beschuldigte festgenommen werden und befindet sich seit dem 13. März 2024 in Unter-suchungshaft. Am 15. März 2024 wurden drei weitere Beschuldigte (22, 19, 17 Jahre) festgenommen und befanden sich seit demselben Tag in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle gegen den 19- und den 17-jährigen Beschuldigten wurden am 25. März 2024 aufgehoben, da bezüglich dieser Beschuldigten nach der weiteren Aufklärung der konkreten Tatbeteiligungen keine Haftgründe mehr bestanden. […]
Im Laufe der weiteren Ermittlungen konnten auch die drei verbleiben-den heranwachsenden Beschuldigten (jeweils 20 Jahre) identifiziert werden. Der Tatbeitrag von zwei von ihnen beschränkt sich nach dem derzeitigen Ergebnis der Ermittlungen auf ihre Anwesenheit während der Tat und die verbale Bestärkung der anwesenden Täter. Der dritte 20-Jährige Beschuldigte hat auch durch Tritte auf die Jugendlichen eingewirkt, wobei die erheblichsten Übergriffe den erwachsenen Beschuldigten zuzurechnen sind. Haftbefehle wurden für diese Beschuldigten nicht erwirkt, da jeweils keine Haftgründe bestehen. […] Die Ermittlungen dauern an.“
- Welche Vorstrafen der Tatverdächtigen sind bekannt? Dem vorgenannten Bericht zufolge sind die Beschuldigten nicht vorbestraft.
- Über welche Staatsangehörigkeit verfügen die Beschuldigten?
Nach dem Bericht der Leitenden Oberstaatsanwältin in Duisburg verfügen vier Beschuldigte über die deutsch-türkische Staatsangehörigkeit, ein Beschuldigter über die deutsch-italienische, ein Beschuldigter über die deutsch-montenegrinische und ein Beschuldigter über die deutsch-polnische Staatsangehörigkeit.
- Seit wann die Beschuldigten im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit?
Der deutsch-montenegrinische Beschuldigte ist seit dem 15.12.2016 und der deutsch-polnische Beschuldigte seit dem 04.07.2017 im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Für die übrigen Beschuldigten gilt dies seit ihrer Geburt.
Frage 5 Welche sonstigen polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt? Zu dem 21-jährigen Beschuldigten liegen polizeiliche Erkenntnisse wegen Raubes, Körperverletzung, Beleidigung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Diebstahls und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor. Zu dem 22-jährigen Beschuldigten liegen polizeiliche Erkenntnisse wegen Raubes vor.
Zu den übrigen Beschuldigten, die allesamt das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, liegen polizeiliche Erkenntnisse ebenfalls vor. Von der Mitteilung der näheren Einzelheiten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten mit Blick auf das Alter der jugendlichen sowie heranwachsenden Beschuldigten und die entsprechende gesetzliche Wertung des § 48 Abs. 1 JGG sowie die Unschuldsvermutung abgesehen.
Bezüglich sämtlicher Beschuldigter ermöglichen die polizeilichen Erkenntnisse keine Rückschlüsse darüber, ob es im jeweiligen Einzelfall tatsächlich zu einer Tatbeteiligung gekommen ist.