Kleine Anfrage 4888
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Duisburg: Razzia gegen Kindergeld-Abzocker – Wie ist die Bilanz?
Am Dienstagmorgen, den 29. Oktober 2024, fand in Duisburg wohl die größte Razzia gegen Sozialbetrug und Kindergeld-Abzocke in ganz Deutschland statt. Ziel der Razzia war der sogenannte „Weiße Riese“ in Duisburg. Das Problem-Hochhaus erlangte bereits im Sommer mediale Berühmtheit, weil der Paketdienstleister DHL die Zustellung in den riesigen Gebäudekomplex (320 Wohnungen) eingestellt hatte. Der Grund: Man könne dort die Sicherheit der Paketboten nicht gewährleisten, da es „bedrohliche Situationen“ gebe, hieß es bei der Post.1
Jetzt ordnete Duisburgs Oberbürgermeister Link (SPD) eine Großkontrolle an. Um 6 Uhr früh begannen mehr als 100 Ordnungsamtsmitarbeiter die sogenannte „Meldekontrolle“. Unterstützt wurden sie dabei von einem Großaufgebot der Polizei und weiteren Ordnungsbehörden. Insgesamt sollen rund 400 Einsatzkräfte vor Ort im Einsatz gewesen sein. Spezialisten der Bundesagentur für Arbeit und der Familienkasse aus Nürnberg wurden ebenfalls eingesetzt, um Sozialbetrüger dingfest zu machen. Ihr gemeinsames Ziel: Herausfinden, wer wirklich in dem berüchtigten Wohnblock lebt, denn offiziell sind es 1414 Personen.2
In den Wohnungen leben meist junge Männer, viele von ihnen stammen aus Südosteuropa. Der Verdacht der Behörden wiegt schwer. Nicht alle der im Hochhaus offiziell gemeldeten rund 300 Kinder leben wirklich dort, sondern teils in der Heimat der Eltern. Das Kindergeld geht aber dennoch an die Adresse im „Weißen Riesen“. Bereits nach etwas mehr als einer Stunde führen Polizisten mehrere Männer aus dem Haus, die in einen Sammeltransporter gebracht werden. Bei ihnen handelt es sich um Personen, gegen die offene Haftbefehle, unter anderem wegen angeordneter Abschiebung, vorliegen. Der Stand um kurz vor 09:00 Uhr: 16 Festnahmen, davon 14 wegen illegalen Aufenthalts, dazu zwei offene Haftbefehle wegen Abschiebung.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind im Einzelnen über die jeweils überprüften Personen bekannt?
- Über welche Nationalität im Einzelnen verfügen die jeweils überprüften Personen?
- Wie hoch ist der Schaden für das unberechtigte Auszahlen von Kindergeld insgesamt?
- Wie hoch ist der Schaden für das unberechtigte Auszahlen von Bürgergeld und Sozialhilfe?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4888 mit Schreiben vom 29. Januar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Duisburg hat dem Ministerium der Justiz unter dem 23.12.2024 im Wesentlichen berichtet, dass bei ihrer Behörde 16 Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Aufenthalts nach § 95 Abs. 1 AufenthG anhängig seien, deren Gegenstand und Stand bislang nicht näher bekannt seien. Die Polizei habe die Vorgänge aktuell übersandt. Sie seien in das staatsanwaltschaftliche System zur Aktenerfassung eingetragen worden und befänden sich derzeit im Geschäftsgang zur Vorlage an die zuständigen Dezernentinnen und Dezernenten. Darüber hinaus erfolgte in einem Fall die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz.
Des Weiteren wurden insgesamt zehn polizeiliche Maßnahmen bzw. Feststellungen ohne Ini-tiierung weiterer Strafverfahren getroffen:
− in fünf Fällen Aufenthaltsermittlungen,
− in einem Fall die Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung,
− in einem Fall die Fertigung eines Berichts aufgrund einer Fahndungsausschreibung,
− in zwei Fällen die Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen aufgrund anderweitiger Ermittlungsverfahren,
− in einem Fall die Erledigung eines Haftbefehls nach Zahlungseingang.
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind im Einzelnen über die jeweils überprüften Personen bekannt?
- Über welche Nationalität im Einzelnen verfügen die jeweils überprüften Personen? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachtsmomenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von kriminalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Zu zehn der insgesamt 26 Personen, die Betroffene der unter Frage 1 aufgeführten Ermittlungsverfahren sowie polizeilichen Maßnahmen geworden sind, liegen kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im vorbezeichneten Sinne vor.
Ein deutscher Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in zwei Fällen wegen Verbreitung, Erwerbes und Besitzes kinderpornographischer Inhalte.
Ein deutscher Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen des Erschleichens von Leistungen,
− in einem Fall wegen eines Körperverletzungsdelikts,
− in einem Fall wegen Hausfriedensbruchs und
− in einem Fall wegen Diebstahls.
Ein georgischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen eines Diebstahldelikts.
Ein georgischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen eines Diebstahldelikts.
Ein georgischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz.
Ein irakischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in zwei Fällen wegen Erpressung,
− in einem Fall wegen eines Körperverletzungsdelikts,
− in einem Fall wegen Hausfriedensbruchs,
− in zwei Fällen wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
− in einem Fall wegen Nachstellung,
− in vier Fällen wegen Raubes und
− in einem Fall wegen Sachbeschädigung.
Ein pakistanischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen Bedrohung,
− in einem Fall wegen Beleidigung,
− in einem Fall wegen Betrugs,
− in einem Fall wegen räuberischer Erpressung,
− in einem Fall wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und
− in einem Fall wegen Unterschlagung.
Ein rumänischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in drei Fällen wegen Betrugs.
Ein syrischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen Diebstahls,
− in einem Fall wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz,
− in drei Fällen wegen eines Körperverletzungsdelikts und
− in einem Fall wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Ein ugandischer Staatsangehöriger ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
− in einem Fall wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz.
Von den weiteren 16 Personen besitzen elf Personen die georgische und drei Personen die brasilianische Staatsangehörigkeit, eine Person besitzt die lettische Staatsangehörigkeit und eine weitere Person besitzt die mazedonische Staatsangehörigkeit.
- Wie hoch ist der Schaden für das unberechtigte Auszahlen von Kindergeld insgesamt?
Die Zuständigkeit für die Auszahlung von Kindergeld liegt bei der Bundesagentur für Arbeit. Die entsprechende Aufsichtsbehörde ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der Landesregierung liegen darüber hinaus keine weiteren Informationen vor.
- Wie hoch ist der Schaden für das unberechtigte Auszahlen von Bürgergeld und Sozialhilfe?
Zu der Frage liegen der Landesregierung keine Informationen vor.