Antrag
der Fraktion der AfD
Einführung einer Regionalprämie.NRW als Pilotprojekt für Regionen mit hohem Lehr-kräftebedarf
I. Ausgangslage
Der seit längerem bestehende Lehrermangel erreicht allen spät getroffenen Maßnahmen zum Trotz von Jahr zu Jahr Höchststände. Gegenwärtig sind in Nordrhein-Westfalen knapp 6.700 Lehrerstellen unbesetzt.1 Laut einer jüngst veröffentlichten Bedarfsprognose des Ministeriums für Schule und Bildung klafft selbst unter hypothetisch idealen Bedingungen zum Schuljahr 2031/32 zwischen Lehrkräftenachfrage und -angebot eine Lücke von ca. 4.5002 nicht besetz-baren Stellen für grundständig ausgebildete Lehrkräfte.3 Von der mangelnden Lehrer- und damit Unterrichtsversorgung sind besonders die Grundschulen sowie Haupt-, Real- und Gesamtschulen betroffen.
Die Landesregierung hat mit ihrem „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ einen überfälligen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dieses stellt sich allerdings auf verschiedenen Ebenen als unzureichend dar. So werben z. B. Thüringen, Sachsen und Berlin längst mit attraktiven Geldprämien um Lehrer-Zuzügler aus anderen Bundesländern. Auch der Freistaat Bayern ist in diesem Jahr ins bundesweite Werben um Lehrerfachkräfte eingestiegen. Lehrer, die aus einem anderen Bundesland nach Bayern ziehen und dort in einem Beamtenverhältnis oder einem unbefristeten Angestelltenverhältnis neu eingestellt werden, haben – in bestimmten Bedarfsregionen und nach einer Mindesttätigkeitsdauer von zwei Jahren4 – ab dem Schuljahr 2023/24 Anspruch auf eine Regionalprämie in Höhe von 3.000 Euro. Bayern möchte mit dieser Summe zum Beispiel etwaige Umzugskosten ausgleichen.5
Die Feststellung, dass Regionalprämien nicht die tiefergehenden Ursachen des bundesweiten Lehrermangels lösen, ändert nichts am bereits stattfindenden länderübergreifenden Wettbewerb um Lehrkräfte. Länder, die auf eine länderübergreifende Anwerbung verzichten, geraten unweigerlich ins Hintertreffen. Auf internationaler Ebene betreibt das Land NRW immerhin eine forcierte Anwerbung ausländischer Fachkräfte. Angesichts der eklatanten Lehrkräftelücke und sich möglicherweise anbahnender Pull-Effekte in andere Bundesländer ist die Zurückhaltung des Landes zu überdenken. Zudem kann sich der Länderwettbewerb durch Zuschläge und bessere Arbeitsbedingungen langfristig auch positiv auf die Attraktivität gefragter Lehrerberufe insgesamt auswirken. Die zukünftig erwartbare Intensivierung der länderübergreifenden Bemühung um Lehrkräfte ist jedenfalls stärker konzeptionell zu berücksichtigen. Das „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ sollte in dieser Hinsicht ergänzt werden.
Mit dem vorliegenden Antrag wird vorgeschlagen, für zuvor zu definierende Bedarfsregionen in NRW eine Regionalprämie nach dem Vorbild Bayerns als zunächst auf vier Schuljahre begrenztes Pilotprojekt zu implementieren, um den tatsächlichen Nutzen derselben evaluieren und objektivieren zu können. Nach Abschluss des Pilotprojektes sollen die Ergebnisse dem Landtag zur weiteren Beratung vorgelegt werden.
II. Der Landtag stellt fest:
- Der eklatante Lehrermangel erfordert konzeptionelle Offenheit und ein Anerkennen der Tatsache, dass zwischen den Ländern faktisch ein Wettbewerb um Lehrfachkräfte besteht, der zukünftig an Intensität gewinnen könnte.
- Das „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ ist vor diesem Hintergrund hinsichtlich inländischer Pull-Faktoren ergänzungsbedürftig.
- Die testweise Einführung und ergebnisoffene Evaluation einer Regionalprämie.NRW für Regionen mit besonders hohem Lehrkräftebedarf ist ein Schritt in einem dynamischen Entwicklungsprozess politscher Antworten auf den allgemeinen Lehrermangel.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- ab dem Schuljahr 2024/25 und zeitlich begrenzt auf vier Schuljahre eine Regionalprä-mie.NRW i. H. v. einmalig 3.500,00 Euro für aus anderen Bundesländern nach NRW ziehende bzw. in NRW neu eingestellte verbeamtete oder tarifbeschäftigte Lehrkräfte einzuführen, die sich für mindestens zwei Jahre in einer Bedarfsregion mit mindestens einem Bedarfsfach verpflichten;
- ein Pilotprojekt Regionalprämie.NRW in das „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ aufzunehmen;
- nach sozioökonomischen Kennzahlen, Schulformen und Fächern differenzierte Bedarfsregionen für den Pilotzeitraum zu bestimmen und auszuweisen, für die Regionalprämien vergeben werden;
- Wirksamkeit, Nutzen und Nebeneffekte besagter Regionalprämie.NRW im Pilotzeitraum zu evaluieren und dem Landtag die Ergebnisse zur weiteren Beratung vorzulegen.
Carlo Clemens
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/unterrichtsversorgung-lehrer-nrw-100.amp.
4 Vgl. https://www.km.bayern.de/lehrer/stellen/regionalpraemie.html.