Kleine Anfrage 4763des Abgeordneten Markus Wagner vom 16.12.2020
Einstellung und Ausbildung weiterer Kommissaranwärter im Jahre 2020
Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat bereits im September 2020 entschieden, dass trotz des bereits laufenden Ausbildungsjahrgangs in diesem Jahr weitere 100 Kommissaranwärter eingestellt werden. Die Zahl aller in diesem Jahr eingestellten Kommissaranwärter steigt dadurch von 2560 auf 2660. Mit den zusätzlichen Stellen soll die Lücke geschlossen werden, die durch den Anstieg der Abbrecherquote verursacht worden ist.
90 Prozent aller Abbrecher scheitern dabei bereits im ersten Studienjahr.1 In den letzten Wochen hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) deshalb angekündigt, dass für alle Anwärter, die eine Klausur beim ersten Versuch nicht erfolgreich bestanden haben, Tutorials angeboten werden sollen.
Die neuen Polizeianwärter werden zunächst als Angestellte geführt, da die benötigten Beamtenstellen bislang nicht vorgesehen sind.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie wird die Übernahme der Polizeianwärter vom Angestellten- in das Beamtenverhältnis geregelt?
- Wie wirkt sich das temporäre Angestelltenverhältnis der 100 Kommissaranwärter hinsichtlich der Freien Heilfürsorge der Polizei NRW aus?
- Ist das Angebot von Tutorials zur Unterstützung der Polizeistudierenden eine mittelbare Folge abgeschwächter Einstellungstest beziehungsweise einer Heraufsetzung der Bepunktung, um möglichst hohe Einstellungszahlen zu erzielen?
- Wie kann gegenwärtig eine qualitativ hochwertige Ausbildung der nun zusätzlich eingestellten Kommissaranwärter gewährleistet werden, obwohl die Landesregierung den Haushaltsentwurf 2020 bezüglich der Sach- und Personalausgaben der damaligen FHöV als ein zentraler Ausbildungsträger exakt auf der Grundlage der zunächst beabsichtigten 2500 Einstellungsermächtigungen erstellt hat (vgl. Vorlage 17/2602, S. 9)?
Markus Wagner
1 Vgl. GdP (2020): Personalverstärkung bei der Polizei soll schneller kommen; online im Internet: https://gdpnrw.de/bachelor/2020/09/22/personalverstaerkung-bei-der-polizei-soll-schneller-kommen/.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4763 mit Schreiben vom 13. Januar 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Ziel der Landesregierung war, noch im Jahr 2020 die Zahl der Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter für den Direkteinstieg in den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugs-dienstes von 2.560 auf 2.660 zu erhöhen. Da die hierfür notwendige Erhöhung der Einstellungsermächtigungen erst mit Feststellung des Haushaltes 2021 erfolgen konnte, musste zur Überbrückung ab Ausbildungsbeginn 2020 bis zur Feststellung des Haushaltes 2021 ein Vertrag mit den zusätzlich einzustellenden Bewerberinnen und Bewerbern abgeschlossen werden. Dieser Vertrag hat den alleinigen Zweck für das Einstellungsjahr 2020 im Bereich des Polizeivollzugsdienstes die Zeitspanne vom Ausbildungsbeginn bis zum Eintreten der haushalterischen Voraussetzungen zu überbrücken. Damit soll den Studierenden bis zur Ernennung als Kommissaranwärterin bzw. Kommissaranwärter eine Teilnahme an der Ausbildung ermöglicht werden, um so eine geordnete Ausbildung sicherzustellen.
- Wie wird die Übernahme der Polizeianwärter vom Angestellten- in das Beamtenverhältnis geregelt?
Das Vertragsverhältnis endet automatisch mit Ablauf des Tages, an dem der/die Studierende unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt wird und zur Kommissaran-wärterin/zum Kommissaranwärter ernannt wird. Nach erfolgter Verkündung des Haushaltsgesetzes 2021 wurden die Studierenden mit Wirkung vom 04. Januar 2021 zu Kommissaranwär-terinnen/Kommissaranwärtern auf Widerruf ernannt.
- Wie wirkt sich das temporäre Angestelltenverhältnis der 100 Kommissaranwärter hinsichtlich der Freien Heilfürsorge der Polizei NRW aus?
Während der Zeit als Vertragsstudierende/Vertragsstudierender besteht die Pflicht, sich bei einer gesetzlichen Krankenversicherung/Pflegeversicherung zu versichern. Ab dem Zeitpunkt der Ernennung zur Kommissaranwärterin/zum Kommissaranwärter auf Widerruf besteht Anspruch auf Freie Heilfürsorge.
- Ist das Angebot von Tutorials zur Unterstützung der Polizeistudierenden eine mittelbare Folge abgeschwächter Einstellungstests beziehungsweise einer Heraufsetzung der Bepunktung, um möglichst hohe Einstellungszahlen zu erzielen?
Das Auswahlverfahren der Polizei NRW zum Direkteinstieg in den Laufbahnabschnitt II (AV DE) richtet sich nach der DIN 33430. Hieraus ergeben sich die Qualitätskriterien für die Auswahl, Planung, Durchführung und Auswertung von berufsbezogenen Eignungsbeurteilungen und die Überprüfung von Mindestanforderungen. Der Mindestrangordnungswert sowie die spezifischen Mindestanforderungen wurden auch bei steigenden Einstellungsermächtigungen unverändert beibehalten.
- Wie kann gegenwärtig eine qualitativ hochwertige Ausbildung der nun zusätzlich eingestellten Kommissaranwärter gewährleistet werden, obwohl die Landesregierung den Haushaltsentwurf 2020 bezüglich der Sach- und Personalausgaben der damaligen FHöV als ein zentraler Ausbildungsträger exakt auf der Grundlage der zunächst beabsichtigten 2500 Einstellungsermächtigungen erstellt hat (vgl. Vorlage 17/2602, S. 9)?
Die HSPV kann eine qualitativ hochwertige Ausbildung der zusätzlichen Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter durch eine Umverteilung der bestehenden Ressourcen sicherstellen. Die jeweils den Haushaltsanmeldungen zugrundeliegenden Studierendenzahlen in allen Studiengängen basieren auf Prognosen der Einstellungs- und Ausbildungsbehörden und unterliegen einer gewissen Fluktuation. Darüber hinaus wurde geprüft, welche Ausgaben nicht zwingend zeitlich erforderlich sind und diese wurden zurückgestellt. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die lehrbezogenen Kosten für die zusätzlichen Studierenden nur für vier Monate anfallen.