Entschärfung eines Blindgängers am Düsseldorfer Flughafen – Wie hoch ist die Gefahr?

Kleine Anfrage
vom 02.10.2023

Kleine Anfrage 2711

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Entschärfung eines Blindgängers am Düsseldorfer Flughafen Wie hoch ist die Gefahr?

Am Donnerstag, den 21. September 2023, kam es am Düsseldorfer Flughafen zu einer Entschärfung einer amerikanischen Bombe aus dem zweiten Weltkrieg. Diese wurde bei Bauarbeiten direkt an einer der Landebahnen, der sogenannten „Querwindbahn“, entdeckt und musste noch am selben Tag entschärft werden. Die Landebahn ist in etwa 50 Jahre alt und musste deshalb diverser Sanierungsarbeiten unterzogen werden.1

Die Entschärfungsarbeiten begannen gegen 15.45 Uhr durch den Düsseldorfer Kampfmittelbeseitigungsdienst. Angrenzende Wohnbauten sollen von den Evakuierungsmaßnahmen nicht betroffen gewesen sein, der Flugverkehr musste jedoch unterbrochen werden. Insgesamt wurden die anliegende Bundesstraße B 8, die vorbeilaufende Bahnstrecke der Linie U 79 und bestimmte Bereiche des Flughafens gesperrt. Personen in einem Umkreis von 500 Metern mussten ebenfalls evakuiert werden. Nach einer guten halben Stunde war die Entschärfung erfolgreich abgeschlossen. Nach Auskünften des Flughafens seien 15 Starts und Landungen von „geringfügigen Verspätungen“2 betroffen gewesen. Zusätzlich sei ein Flug zum Flughafen Köln/Bonn umgeleitet worden. Insgesamt waren etwa 100 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt vor Ort gewesen.3

Schätzungen aus dem Jahre 2022 zufolge liegen bundesweit noch etwa 100.000 bis 300.000 Tonnen Sprengstoff der sogenannten Blindgänger im Boden verborgen. Jährlich gebe es um die 5.000 Räumungen im Zusammenhang mit Entschärfungen von Blindgängern. Der Bund stellte im Jahr 2020 in etwa 32 Millionen Euro für die Kampfmittelbeseitigung zur Verfügung.4

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Zu wie vielen Entschärfungen bzw. kontrollierten Sprengungen von sogenannten „Blindgängern“ kam es in den letzten 20 Jahren pro Jahr in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort und den Kosten der Einsätze aufschlüsseln.)
  2. Wie hoch ist der finanzielle Verlust für die Fluggesellschaften bzw. den Flughafen, der durch den Einsatz entstanden ist?
  3. Wie viele Blindgänger befinden sich laut aktuellen Hochrechnungen bzw. Schätzungen in NRW?
  4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, dass durch Blindgänger ernsthafte Sachschäden oder Personenschäden verursacht werden?

Markus Wagner

 

MMD18-6210

 

1 https://m.bild.de/regional/duesseldorf/duesseldorf-aktuell/es-drohen-verspaetungen-weltkriegsbombe-am-flughafen-duesseldorf-gefunden-85487822.bildMobile.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 https://www.ardalpha.de/wissen/bombe-fliegerbombe-entschaerfen-weltkrieg-kampfmittel-100.html.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2711 mit Schreiben vom 2. November 0223 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

  1. Zu wie vielen Entschärfungen bzw. kontrollierten Sprengungen von sogenannten „Blindgängern“ kam es in den letzten 20 Jahren pro Jahr in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort und den Kosten der Einsätze aufschlüsseln.)

Die statistischen Angaben zu Entschärfungen und kontrollierten Sprengungen von sog. „Blind­gängern“ sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Zu berücksichtigen ist, dass lediglich Bomben, im engeren Sinne Sprengbomben mit einer Bruttogewichtsklasse von 50 kg oder größer, entschärft werden.

Jahr Gesprengte Kampfmittel Entschärfungen von
Sprengbomben ≥ 50 kg
Bruttomasse
alle Arten Sprengbomben ≥ 50 kg Bruttomasse
2004 696 16 157
2005 837 38 157
2006 574 15 183
2007 928 16 241
2008 1.148 5 183
2009 387 13 162
2010 359 7 145
2011 213 8 163
2012 400 7 169
2013 372 5 168
2014 522 8 177
2015 546 8 198
2016 480 18 181
2017 432 4 157
2018 351 11 207
2019 656 16 228
2020 426 16 121
2021 726 17 189
2022 443 23 165

 

  1. Wie hoch ist der finanzielle Verlust für die Fluggesellschaften bzw. den Flughafen, der durch den Einsatz entstanden ist?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

  1. Wie viele Blindgänger befinden sich laut aktuellen Hochrechnungen bzw. Schät­zungen in NRW?

Aufgrund der teilweise mangelhaften Datenlage ist eine belastbare Prognose über die Anzahl noch vorhandener Blindgänger in Nordrhein-Westfalen nicht möglich. Sowohl die Dokumenta­tion hinsichtlich der zu Kriegszeiten abgeworfenen als auch die, der bereits während des Krie­ges bzw. unmittelbar nach Kriegsende geräumten Kampfmittel, ist zum Teil lückenhaft. Zudem liegen keine exakten Angaben zur Blindgängerquote, d.h. der nicht zur Wirkung gelangten Kampfmittel vor.

  1. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, dass durch Blindgänger ernsthafte Sachschäden oder Personenschäden verursacht werden?

Nordrhein-Westfalen weist als Folge der starken Bombardierungen im 2. Weltkrieg im Verhält­nis zu anderen Ländern eine hohe Kampfmittelbelastung auf. Kampfmittel sind zur Kriegsfüh­rung bestimmte Gegenstände und können daher ein erhebliches Gefährdungspotential auf­weisen. Aufgefundene und insbesondere bewegte Kampfmittel sind stets als gefährlich zu be­trachten, unsachgemäßes Hantieren birgt erhebliche Risiken und führt zu entsprechenden Ge­fahren. Dieses äußert sich auch in diversen Unfällen mit Kampfmitteln seit Kriegsende.

Die von Kampfmitteln ausgehende Gefahr manifestiert sich in der Regel erst bei Kontakt mit diesen Kampfmitteln durch Erdeingriffe oder mechanischer Einwirkung auf diese. Davon aus­genommen sind dagegen Kampfmittel mit sog. chemisch-mechanischen Langzeitzündern, die im Einzelfall auch eigenständig umsetzen können.

Daher werden in Nordrhein-Westfalen auch präventive Kampfmittelbeseitigungsmaßnahmen bei Bautätigkeiten gefordert.

 

MMD18-6640

Beteiligte:
Markus Wagner