Kleine Anfrage 3398
des Abgeordneten Andreas Keith AfD
Entwicklung des terrestrischen Glücksspiels in Nordrhein-Westfalen
Die Bedeutung des Online-Glücksspiels ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Mit der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) wurde 2021 die Möglichkeit geschaffen, Online-Casinos durch Lizenzvergabe staatlicher Regulierung zu unterwerfen und somit zu legalisieren. Schätzungen zufolge wird der Umsatz der Online-Casino-Branche in Deutschland bis zum Jahr 2028 ein jährliches Wachstum von 5,91 Prozent aufweisen.1 Terrestrische, d. h. niedergelassene Spielhallen sehen sich dagegen mit immer strengeren Auflagen konfrontiert. Die Betreiber sehen sich nicht nur mit steigenden Personal-, Geräte-und Betriebskosten, sondern auch – im Gegensatz zu Online-Casinos – mit einer doppelten Besteuerung konfrontiert. Denn zur generellen Automatensteuer bzw. Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent kommt noch die Abgabe der Vergnügungssteuer hinzu, die in zahlreichen Kommunen, etwa Düsseldorf und Bottrop, mittlerweile bei 20 Prozent liegt, in manchen wie Mettmann2 sogar darüber. Kommunen wie Bottrop haben es sich nämlich zum Ziel gesetzt, die Spielhallenlandschaft auszudünnen.3 Auf Einsätze in Online-Casinos wird hingegen ein Steuersatz von nur 5,3 Prozent erhoben. Zusätzlich konkurrieren die konzessionierten Spielhallen mit einer wachsenden Anzahl an illegalen Spielstätten, die weder Steuern zahlen noch Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen implementieren. Folglich wird zukünftig ein Rückgang an Spielhallen in NRW zu erwarten sein.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie hat sich die Anzahl der konzessionierten Spielhallen und der dort aufgestellten Geldspielgeräte in NRW seit 2014 entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
- Mit welchem Rückgang an Spielhallen rechnet die Landesregierung angesichts des prognostizierten Wachstums des Online-Glücksspiels bis 2028?
- Wie entwickeln sich die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer in NRW angesichts des erwartbaren Rückgangs an Spielhallen voraussichtlich? (Bitte unter Darstellung der Zahlen mit den Vergleichszahlen ab 2018)
- Mit welchen sonstigen Entwicklungen in NRW rechnet die Landesregierung durch einen Rückgang an Spielhallen, etwa im Hinblick auf die Anzahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze sowie ökonomischer und fiskalischer Nebeneffekte?
- Welche Effekte erwartet die Landesregierung in NRW hinsichtlich der Suchtgefahren und -auswirkungen durch den erwarteten Rückgang der Anzahl an Spielhallen und Ausweicheffekte auf Glücksspielangebote in juristischen Grauzonen wie den „Café-Casinos“, auf illegales sowie Online-Glücksspiel? (Bitte unter möglichst konkreter Einschätzung hinsichtlich der Fallzahlen, die aufgrund eines geringeren Spielerschutzes durch die Ausweicheffekte erwartet werden)
Andreas Keith
1 https://de.statista.com/outlook/dmo/eservices/online-gambling/online-casinos/deutschland#:~:text=Der%20Online%2DCasino%2DMarkt%20in,CAGR%202024%2D2028)%20entsprich t.
2https://www.mettmann.de/web/?p=26417#:~:text=In%20diesem%20Zusammenhang%20hatte%20die,auf%20dre i%20Spielhallen%20verringert%20wird.&text=Planansatz%202024%20ff%203%20Spielst%C3%A4tten%20400.0 00%20Euro.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3398 mit Schreiben vom 12. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.
- Wie hat sich die Anzahl der konzessionierten Spielhallen und der dort aufgestellten Geldspielgeräte in NRW seit 2014 entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
Zu dieser Frage liegen der Landesregierung keine Daten vor. Eine diesbezügliche Erhebung ist im Rahmen des zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitrahmens mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.
- Mit welchem Rückgang an Spielhallen rechnet die Landesregierung angesichts des prognostizierten Wachstums des Online-Glücksspiels bis 2028?
Ob und in welchem Umfang möglicherweise ein Rückgang an Spielhallen aufgrund eines etwaigen Wachstums des Online-Glücksspiels zu verzeichnen sein wird, ist nicht prognostizierbar. Der Landesregierung liegen keine Daten zur Erstellung einer entsprechenden Prognose vor.
- Wie entwickeln sich die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer in NRW angesichts des erwartbaren Rückgangs an Spielhallen voraussichtlich? (bitte unter Darstellung der Zahlen mit den Vergleichszahlen ab 2018)?
Die Finanzstatistik zeigt folgende Entwicklung der Einzahlungen in Nordrhein-Westfalen aus der Vergnügungssteuer für 2018 bis zum zuletzt dort verfügbaren Jahr 2021:
2018: | 283 | 037 | 768 EUR |
2019: | 262 | 606 | 882 EUR |
2020: | 199 | 061 | 260 EUR |
2021: | 116 | 463 | 564 EUR |
Quelle:https://www.landesdatenbank.nrw.de/
Prognosedaten werden in der Finanzstatistik nicht erhoben.
- Mit welchen sonstigen Entwicklungen in NRW rechnet die Landesregierung durch einen Rückgang an Spielhallen, etwa im Hinblick auf die Anzahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze sowie ökonomischer und fiskalischer Nebeneffekte?
Eine Aussage zur Entwicklung der Beschäftigung durch möglicherweise rückläufige Zahlen örtlicher Spielhallen ist nicht möglich, da der Landesregierung keine Daten zur Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten des Spielhallengewerbes in Nordrhein-Westfalen für eine solche Prognose vorliegen.
- Welche Effekte erwartet die Landesregierung in NRW hinsichtlich der Suchtgefahren und -auswirkungen durch den erwarteten Rückgang der Anzahl an Spielhallen und Ausweicheffekte auf Glücksspielangebote in juristischen Grauzonen wie den „Café-Casinos“, auf illegales sowie Online-Glücksspiel? (Bitte unter möglichst konkreter Einschätzung hinsichtlich der Fallzahlen, die aufgrund eines geringeren Spielerschutzes durch die Ausweicheffekte erwartet werden)
Angebotsbeschränkungen sind ein wichtiger Bestandteil der Suchtprävention, ihr präventiver Nutzen ist durch wissenschaftliche Studien gut belegt: Eine Verfügbarkeitsreduktion führt zu einer sinkenden Glücksspielteilnahme, zu einer Verringerung der Anzahl an häufig glücksspielenden Personen, zu einer Verringerung der Anzahl der Glücksspielsüchtigen bzw. problematisch glücksspielenden Personen und damit auch zu einer sinkenden Suchtbehandlungs-nachfrage.
Ausweicheffekte in illegale Glücksspielangebote ließen sich bislang in keiner anbieterunab-hängigen Studie finden.
Die Ergebnisse einer von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung geförderten Studie zum Glücksspielverhalten in Deutschland unter Corona-Bedingungen (abrufbar unter: https://www.isd-hamburg.de/wp-content/uploads/2022/01/BZgA_Bericht_final.pdf) zeigen bei einer Einschränkung terrestrischer Angebote kein Ausweichen in Online-Glücksspiele. Viele Spielerinnen und Spieler haben die Nutzung ihres bevorzugten Glücksspiels für die Länge der Lockdowns eingestellt, einige sogar über den Lockdown hinaus.