Kleine Anfrage 2491
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Erneuter Fall von Jugendgewalt in NRW – 15-jähriger Deutsch-Türke steht im Verdacht der schweren Körperverletzung und versuchten Vergewaltigung an einer Frau
Nach Informationen von Express und Bild kam es in den Morgenstunden des 13. August 2023 in Bochum-Hofstede zu einem erneuten Fall einer sexuellen Straftat. Demnach wurde eine 34 Jahre junge Frau auf dem Heimweg in der Straßenbahn von einem 15-jährigen Jugendlichen über zwei Stationen hinweg genötigt. Er habe die junge Frau verbal sexuell belästigt und sie am Aussteigen gehindert. Nachdem es die junge Frau geschafft hatte, den Jugendlichen zu umgehen und aus der Straßenbahn auszusteigen, folgte dieser ihr, bis er sie etwa 30 Meter hinter einer Tankstelle brutal zu Boden warf, sie schlug und versuchte, sich sexuell an ihr zu vergehen.1
Laut Bild-Informationen handelt es sich bei dem 15-Jährigen um einen Deutsch-Türken, welcher bereits durch diverse Straftaten, wie zum Beispiel Körperverletzung, Diebstahl und Fahren ohne Führerschein, polizeilich in Erscheinung getreten war. Glücklicherweise waren drei aufmerksame Zeugen in der Nähe, die in der Lage waren, den Täter zu verjagen. Nach kurzer Flucht konnte die Polizei den jugendlichen Deutsch-Türken nur wenige Straßen weiter in Gewahrsam nehmen.2
Laut Informationen der Polizei war der Täter bei der Tat alkoholisiert. Es ist ausschließlich den mutigen Passanten zu verdanken, dass der Geschädigten nichts Weiteres zugestoßen ist. Die Polizei sucht weiterhin nach Zeugen, die den Vorfall bemerkt haben oder weitere sachdienliche Informationen zum Tathergang geben können. Es bleiben einige Fragen weiterhin offen, auch in Anbetracht der Tatsache, dass der Jugendliche der Polizei durch eine Vielzahl von begangenen Straftaten bereits bekannt ist.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Inwiefern liegen der Landesregierung Informationen über den gesundheitlichen Gesamtzustand der Geschädigten vor?
- Wurde der Tatverdächtige als Intensivtäter geführt?
- Wie viele Ermittlungsverfahren wurden bisher gegen den Tatverdächtigen geführt?
- Sieht die Landesregierung ein strukturelles Problem von Jugendkriminalität durch Minderjährige mit Migrationshintergrund? (Wenn ja, bitte anmerken, welche Programme oder Initiativen zur Bekämpfung des Problems bereits durch die Landesregierung erfolgten.)
Markus Wagner
1 Vgl. https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/er-folgte-ihr-nachts-aus-der- bahn-junge-15-will-frau-34-in-bochum-vergewaltigen-85044312.bild.html.
2 Vgl. https://www.express.de/nrw/bochum/vorfall-in-bochum-15-jaehriger-will-frau-34- vergewaltigen-628883.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2491 mit Schreiben vom 6. Oktober 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlung zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Bochum hat dem Ministerium der Justiz unter dem 12. September 2023 berichtet, sie führe ein Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung, Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte gegen einen zur Tatzeit 15jährigen Jugendlichen mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit.
Der Beschuldigte soll – erheblich alkoholisiert – am 13. August 2023 eine 34-jährige Zeugin zunächst während einer Straßenbahnfahrt in Bochum angesprochen und am Verlassen der Bahn gehindert haben. Als der Zeugin zwei Haltestellen nach ihrer Zielhaltestelle der Ausstieg gelungen sei, solle der Beschuldigte ihr gefolgt sein, sie auf einem Grünstreifen tätlich angegriffen und sexuell genötigt haben. Möglicherweise hätten weitere Zeugen, die auf den Vorfall aufmerksam geworden seien, den Beschuldigten von weiteren Handlungen abgehalten. Nach kurzzeitiger Flucht sei der Tatverdächtige in Tatortnähe vorläufig festgenommen werden. Nach der Festnahme solle er versucht haben, einer ihn im Streifenwagen begleitenden Polizeibeamtin einen Kopfstoß zu versetzen.
Die Ermittlungen dauerten an.
- Inwiefern liegen der Landesregierung Informationen über den gesundheitlichen Gesamtzustand der Geschädigten vor?
Erkenntnisse über den „gesundheitlichen Gesamtzustand“ der Geschädigten hat die Landesregierung nicht.
- Wurde der Tatverdächtige als Intensivtäter geführt?
Der Tatverdächtige wurde nicht als Intensivtäter geführt. - Wie viele Ermittlungsverfahren wurden bisher gegen den Tatverdächtigen geführt?
Dem Beschuldigten wurde im August 2023 vom Amtsgericht Bochum eine richterliche Weisung wegen Körperverletzung erteilt. Im Übrigen wird von der Mitteilung weiterer Details im Hinblick auf den besonderen Schutz des jugendlichen Beschuldigten, die zu wahrende Unschuldsvermutung und insbesondere den Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts sowie die Wertung des § 48 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz abgesehen.
- Sieht die Landesregierung ein strukturelles Problem von Jugendkriminalität durch Minderjährige mit Migrationshintergrund? (Wenn ja, bitte anmerken, welche Probleme oder Initiativen zur Bekämpfung des Problems bereits durch die Landesregierung erfolgten.)
Die kriminalstatistische Erfassung von Straftaten erfolgt in der Polizeilichen Kriminalstatistik (Jahresstatistik). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Eine Erfassung eines etwaigen Migrationshintergrundes erfolgt in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht.
Eine Beantwortung der aufgeworfenen Frage ist mangels empirischer Datenbasis nicht möglich.
Gleichwohl ist aus kriminologischer Perspektive zu konstatieren, dass Kriminalität nicht monokausal zu erklären ist, sondern als komplexes gesellschaftliches Phänomen durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst wird. Nach Bewertung der Kriminalistisch-Kriminologischen Forschungsstelle des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen ist Migration einer dieser Faktoren, wenngleich in diesem Zusammenhang nicht die Ethnie, Religion oder Kultur, sondern andere soziodemografische Faktoren sowie die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund ausschlaggebend sein dürften. Aus soziodemografischer Perspektive ist insbesondere das Alter bedeutsam. Mit Blick auf den überproportional hohen Anteil minderjähriger Tatverdächtiger im Bereich der Gewaltkriminalität ist zu berücksichtigen, dass der Anteil Minderjähriger innerhalb der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund höher ist als in der Bevölkerungsgruppe ohne Migrationshintergrund. Darüber hinaus können in der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund weitere Risikofaktoren – vor allem in Kombination – statistisch häufiger beobachtet werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um die folgenden Faktoren: schlechter sozioökonomischer Status, niedriges Bildungsniveau, mangelnde Sprachkenntnisse, Arbeitslosigkeit, prekäre Wohnsituationen und fehlende Einbindung in konventionelle Aktivitäten. Verschiedene kriminologische Theorien, etwa Anomiethe-orie, Kontrolltheorien oder Desintegrationsansätze, beschreiben die Mechanismen, über die sich diese Risikofaktoren kriminalitätsbegünstigend auswirken könnten.