Kleine Anfrage 3337
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Eschweiler: Vater und Sohn sollen Geschäft selbst gesprengt haben – Was sind die aktuellen Erkenntnisse?
Am 30. März dieses Jahres kam es in Eschweiler zu einer Explosion in einem Modegeschäft, durch welche insgesamt 15 Menschen verletzt wurden. Nun stehen der 22-jährige Besitzer K. und dessen Vater vor Gericht und müssen sich unter anderem „wegen versuchten 13-fachen Mordes in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung“1 verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, an jenem Abend die Explosion in ihrem Modegeschäft verursacht zu haben, indem sie insgesamt 13 Liter Brandbeschleuniger im gesamten Geschäft verteilten und dann anzündeten. Durch die Detonation seien 15 Menschen verletzt worden, darunter auch ein Baby. Die meisten Verletzungen entstanden dabei durch das Feuer und die herumfliegenden Scherben. Viele der Verletzten befanden sich in Lebensgefahr. Überdies entstand laut Staatsanwaltschaft insgesamt ein Sachschaden von rund 2,3 Millionen Euro.
Dies sollen die beiden Männer in Kauf genommen haben, um die rund 100.000 Euro Versicherungssumme zu kassieren. Beim Prozessauftakt ließ sich der Sohn über seinen Verteidiger erklären und machte deutlich, dass er sich „schweigend“2 verteidigen wolle. Sein Vater hingegen entschloss sich dazu, mit der Hilfe eines Dolmetschers durch umfangreiche Angaben zum Prozess beizutragen, und belastete dabei seinen eigenen Sohn. So sagte er, dass er den Laden nur für seinen Sohn gemietet habe, selbst aber gar keinen Schlüssel dafür besitze. So habe er auch mit der Explosion an sich nichts zu tun. Nach Angaben des WDR sprach er außerdem über die komplizierten Familienverhältnisse und zeigte auf, dass er mit drei Frauen in Aachen, Essen und Bielefeld verheiratet sei. Außerdem seien er und sein Sohn drogenabhängig. Beide Angeklagten befinden sich zurzeit in Untersuchungshaft. Das Urteil soll aller Voraussicht nach im Januar 2024 fallen.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Was ist über den derzeitigen Gesundheitszustand der 15 geschädigten Personen bekannt?
- Wie viele Fälle von Versicherungsbetrug gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Ort, erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden, Anzahl der Täter, Art des Betrugs sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Bei wie vielen dieser Delikte wurden Personen durch den Betrug verletzt? (Bitte nach Jahr, Ort, Art der Verletzung, Art des Betrugs sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- In wie vielen Fällen erfolgte der Versicherungsbetrug im Rahmen der Organisierten Kriminalität?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3337 mit Schreiben vom 13. März 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten derzeit bis zum Berichtsjahr 2022 qualitätsgesichert vor. Die Daten können regelmäßig nach der Pressekonferenz zur Polizeilichen Kriminalstatistik für das zurückliegende Jahr abgefragt werden.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Präsident des Oberlandesgerichts Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 27.02.2024 unter Bezugnahme auf einen Bericht des Präsidenten des Landgerichts Aachen im Wesentlichen berichtet:
Die Angeklagten – Vater und Sohn – seien mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 16.01.2024 wegen versuchten Mordes und versuchter Brandstiftung mit Todesfolge in neun tateinheitlich verwirklichten Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung, vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, schwerer Körperverletzung in drei tateinheitlich verwirklichten Fällen, gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlich verwirklichten Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung, Versicherungsmissbrauch und Sachbeschädigung jeweils zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Den Feststellungen der Schwurgerichtskammer zufolge hätten die Angeklagten aufgrund eines gemeinsamen Tatplans in den Abendstunden des 30.03.2023 in den zuvor zum Betrieb eines Bekleidungsgeschäfts angemieteten Räumlichkeiten in der Eschweiler Innenstadt mehrere Liter Kraftstoff ausgeschüttet und angezündet, um sich zu Unrecht die Versicherungssumme in Höhe von 100.000 Euro zu verschaffen. Hierdurch sei es nach einer explosionsartigen Verpuffung zu einem Vollbrand in dem Wohn- und Geschäftshaus, weiteren Sachbeschädigungen im Umfeld und zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen von mehreren Anwohnern gekommen.
Die 2007 eingebürgerten Angeklagten seien jeweils deutsche und irakische Staatsangehörige.
Der 56-jährige Angeklagte sei zuvor wegen Gewalt- und Vermögensdelikten zu einer Freiheitsstrafe und zwei Geldstrafen verurteilt worden. Der 22-jährige Angeklagte sei unbestraft.
Von der Mitteilung weiterer personenbezogener Daten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Angeklagten abgesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu Vorstrafen entsprochen.
- Was ist über den derzeitigen Gesundheitszustand der 15 geschädigten Personen bekannt?
Ausweislich des vorgenannten Berichts beziehen sich die nicht rechtskräftigen Feststellungen der Kammer auf sieben Verletzte, die durch die Tat unter anderem Schnittverletzungen, Ex-plosions- und Inhalationstraumata, Rauchgasintoxikationen und Verbrennungen erlitten haben, die zum Teil längerfristige Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen bedürfen.
Von weiteren Angaben zu dem aktuellen Gesundheitszustand der Verletzten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Verletzten und dem Opferschutz abgesehen.
- Wie viele Fälle von Versicherungsbetrug gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Ort, erbeuteter Summe bzw. entstandenem Schaden, Anzahl der Täter, Art des Betrugs sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Der umgangssprachliche Versicherungsbetrug kann regelmäßig strafrechtlich sowohl unter dem Betrug zum Nachteil von Versicherungen gem. § 263 StGB als auch dem Versicherungsmissbrauch gem. § 265 StGB zu subsumieren sein. Der folgenden Tabelle sind die Fallzahlen für beide Straftatbestände differenziert nach Jahren zu entnehmen:
Jahr | Anzahl der Fälle |
2015 | 746 |
2016 | 645 |
2017 | 749 |
2018 | 636 |
2019 | 505 |
2020 | 452 |
2021 | 587 |
2022 | 447 |
- Bei wie vielen dieser Delikte wurden Personen durch den Betrug verletzt? (Bitte nach Jahr, Ort, Art der Verletzung, Art des Betrugs sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Informationen zu Opfern werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik ausschließlich bei Straftaten zum Nachteil höchstpersönlicher Rechtsgüter (z.B. Leben, körperliche Unversehrtheit oder sexuelle Selbstbestimmung) erfasst. Betrugsdelikte zählen nicht zu den Opferdelikten. Eine Beantwortung der Frage wäre daher nur im Rahmen einer Einzelfallauswertung aller erfasster Betrugsfälle möglich, die in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten ist.
- In wie vielen Fällen erfolgte der Versicherungsbetrug im Rahmen der Organisierten Kriminalität?
Für den angefragten Zeitraum wurden keine Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität in Nordrhein-Westfalen erfasst.