Kleine Anfrage 3724
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Essen: Bewaffnete Massenschlägerei auf offener Straße – Krieg zwischen Großfamilien?
Am Mittwochnachmittag, den 27. März 2024, kam es auf einer Essener Hauptverkehrsstraße zu einer Massenschlägerei, an welcher mindestens 30 Personen beteiligt waren. Nach BILD-Informationen handelte es sich bei den Beteiligten um zwei libanesische Großfamilien. Dabei sei eine „Ehrverletzung und Beleidigung“1 der Auslöser des Gewaltakts gewesen sein. Schnell kamen mehrere Streifenwagen und eine Hundertschaft zum Tatort und konnten mehrere Verdächtige sowie ein Auto der Tatverdächtigen stellen, wobei allerdings ein Großteil der Beteiligten beim Eintreffen der Beamten floh. Die gewaltbereiten Familien waren bei der Auseinandersetzung mit Äxten, Brecheisen und Hämmern bewaffnet, glücklicherweise wurde aber nach Aussagen eines Polizeisprechers niemand verletzt. Die Steeler Straße musste allerdings aufgrund des Vorfalls für mehrere Stunden für den gesamten Straßenverkehr gesperrt bleiben. Zusätzlich läuft nun die Fahndung nach weiteren Beteiligten.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Welche Hinweise gibt es, dass an dem Vorfall Mitglieder der Organisierten Kriminalität respektive aus der Clan-Kriminalität involviert waren?
- Welche Clans, sollten sie involviert gewesen sein, waren daran beteiligt?
- Wie hat sich die Anzahl der Clankriminellen in Essen seit 2015 bis heute pro Jahr entwickelt?
- Welcher Herkunft sind die in Frage 4 abgefragten Kriminellen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3724 mit Schreiben vom 27. Mai 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 26.04.2024 im Wesentlichen berichtet, dass wegen des Vorfalls, bei dem es am 27.03.2024 auf einer Straße in Essen zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren männlichen Beteiligten gekommen sei, ein Ermittlungsverfahren gegen derzeit fünf türkischarabischen Großfamilien zuzuordnenden Beschuldigte wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz anhängig sei. Die genaueren Umstände und der Anlass des Aufeinandertreffens seien Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Die bisherigen Ermittlungen deuteten darauf hin, dass zahlreiche einschreitende Personen versucht hätten zu schlichten. Die Bundeszentralregisterauszüge von drei der Beschuldigten enthielten keine Eintragungen. Die Auszüge der beiden anderen Beschuldigten wiesen keine für das Führungszeugnis relevanten Eintragungen auf.
Von der Angabe weiterer personenbezogenen Daten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten, insbesondere auch im Hinblick auf das Resozialisierungsgebot abgesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.
- Welche Hinweise gibt es, dass an dem Vorfall Mitglieder der Organisierten Kriminalität respektive aus der Clan-Kriminalität involviert waren?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Darüberhinausgehende Hinweise im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor.
- Welche Clans, sollten sie involviert gewesen sein, waren daran beteiligt? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen.
- Wie hat sich die Anzahl der Clankriminellen in Essen seit 2015 bis heute pro Jahr entwickelt?
Die Anzahl der tatverdächtigen Clanangehörigen, die im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Essen wohnhaft sind und als solche in den Jahren 2019 bis 2022 im Lagebild Clankriminalität NRW des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen erfasst wurden, bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Jahr | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Anzahl Tatverdächtige | 734 | 517 | 444 | 477 |
Die Anzahl der Tatverdächtigen für den Zeitraum der Jahre 2016 bis 2018 kann aufgrund einer abweichenden Erfassungsmethodik nur in kumulierter Form dargestellt werden. Im vorbe-zeichneten Zeitraum wurden insgesamt 1.137 tatverdächtige Clanangehörige erfasst, die im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Essen wohnhaft sind bzw. waren. Für das Jahr 2015 wurden keine entsprechenden Daten erhoben. Das Lagebild für das Berichtsjahr 2023 befindet sich derzeit in der Erstellung; die Daten liegen insofern noch nicht vor.
- Welcher Herkunft sind die in Frage 4 abgefragten Kriminellen?
Im Lagebild Clankriminalität NRW werden nach bekannter Methodik kriminelle Mitglieder tür-kisch-arabischstämmiger Großfamilien erfasst, soweit sie Bezüge zur Bevölkerungsgruppe der Mhallamiye oder zum Libanon haben.