Kleine Anfrage 3465
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Essen: Frau in Wohnblock vergewaltigt – Wer war der Täter?
Bereits am 8. Oktober 2023 kam es in einem Essener Wohnblock zu einer Vergewaltigung. Der Täter soll in dem von Büschen und Grünflächen umgebenen 60er-Jahre-Wohnblock einer jungen Frau aufgelauert und sie in der Meistersingerstraße attackiert haben. Gegen etwa 03:50 Uhr soll der Täter das 22 Jahre alte Oper erst auf den Boden geworfen und dann zu „sexuellen Handlungen“1 gezwungen haben. Die Frau erstattete Anzeige und das unter anderem für Sexualdelikte zuständige Kriminalkommissariat 12 übernahm die Ermittlungen, die bislang aber nicht zur Identifizierung des Verdächtigen führten. Aus diesem Grund wurde von Experten des Landeskriminalamtes ein Phantombild des Mannes erstellt, welches als „Top-Fahndung“2 eingestuft und nun auf richterlichen Erlassen veröffentlicht wurde. Der Täter sei etwa 30 Jahre alt, 1,70 Meter groß und schlank. Zudem habe er kurzes, schwarz-braunes Haar, braune Augen und zur Tatzeit einen Stoppelbart am Kinn gehabt. Dabei sei er mit einer schwarzen Hose und Jacke bekleidet gewesen.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte den Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie häufig konnten seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW ein Täter mit Hilfe einer Phantombildfahndung gefasst werden? (Bitte nach Ort sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Wie viele Täter, die Sexualdelikte begangen haben, konnten seit 2015 bis heute pro Jahr – prozentual und absolut – nicht ermittelt werden?
- Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung des oben beschriebenen Tatverdächtigen erst mehr als ein Vierteljahr nach der Tat ausgestellt?
Markus Wagner
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3465 mit Schreiben vom 5. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte den Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung des oben beschriebenen Tatverdächtigen erst mehr als ein Vierteljahr nach der Tat ausgestellt?
Die Fragen 1 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 06.03.2024 u. a. berichtet, bei ihrer Behörde werde ein Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Täter wegen des Tatvorwurfs der Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung geführt.
Zum Tathergang hat sie im Wesentlichen mitgeteilt, ein unbekannter Täter habe in der Nacht des 08.10.2023 in Essen eine 22-jährige Frau nach einer Busfahrt verfolgt und diese schließlich unter Anwendung körperlicher Gewalt überwältigt. Aus Angst vor dem Täter sei die Geschädigte sodann dessen Forderung nach der Vornahme sexueller Handlungen nachgekommen.
Zu den durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen hat die Leitende Oberstaatsanwältin in ihrem vorgenannten Bericht mitgeteilt, dass nach Übersendung des Vorgangs an die Staatsanwaltschaft Essen am 02.11.2023 – entsprechend einer dortigen Weisung – am 09.11.2023 ein Phantombild durch das Landeskriminalamt erstellt worden sei. Das aufgrund staatsanwalt-schaftlicher Anordnung zudem priorisiert eingeholte molekulargenetische Gutachten sei am 17.11.2023 eingegangen; ein Abgleich habe jedoch keine Hinweise auf den Täter ergeben. Nach Ausschöpfung sämtlicher Ermittlungsansätze habe das Amtsgericht Essen – auf Antrag der Staatsanwaltschaft Essen vom 15.12.2024 – am 21.12.2023 die Veröffentlichung des Phantombildes angeordnet.
Nach Eingang des Beschlusses bei der Kreispolizeibehörde Essen am 05.01.2024 erfolgte die Veröffentlichung des Phantombildes am 08.01.2024.
- Wie häufig konnten seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW ein Täter mit Hilfe einer Phantombildfahndung gefasst werden? (Bitte nach Ort sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Die Frage wird so verstanden, dass eine Auskunft zu der Anzahl derjenigen Beschuldigten erfragt wird, die durch eine nordrhein-westfälische Staatsanwaltschaft aufgrund einer Veröffentlichung von Abbildungen des Beschuldigten gemäß § 131b der Strafprozessordnung seit dem Jahr 2015 in NRW ermittelt worden sind. Diese ist weder dem Ministerium der Justiz noch dem Ministerium des Innern möglich, da die Anzahl der vorgenannten Beschuldigten statistisch nicht gesondert erfasst wird.
Den Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz sowie des Ministeriums des Innern betreffend wäre für die Ermittlung der Anzahl der vorgenannten Beschuldigten eine landesweite, händische Auswertung aller in Betracht kommender Einzelvorgänge erforderlich. Dies ist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich.
- Wie viele Täter, die Sexualdelikte begangen haben, konnten seit 2015 bis heute pro Jahr – prozentual und absolut – nicht ermittelt werden?
Die Frage wird so verstanden, dass eine Auskunft zu der Anzahl derjenigen Täter erfragt wird, hinsichtlich derer die Ermittlungen zu einem Sexualdelikt durch eine nordrhein-westfälische Staatsanwaltschaft seit dem Jahr 2015 eingestellt worden sind, weil deren Identität nicht ermittelt werden konnte. Diese ist dem Ministerium der Justiz nicht möglich, da die Anzahl der vorgenannten Täter statistisch nicht gesondert erfasst wird. Für die Ermittlung der Anzahl der vorgenannten Täter wäre eine landesweite, händische Auswertung aller in Betracht kommender Einzelvorgänge erforderlich. Dies ist nicht mit vertretbarem Aufwand möglich.
Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich abgestimmten Richtlinien.
Die Beantwortung der Frage, bei wie vielen Fällen der Tatverdächtige auch im Nachhinein – also in sämtlichen Folgejahren – nicht ermittelt werden konnte, wäre nur durch eine umfangreiche Einzelauswertung möglich, welche innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich ist, da in der Polizeilichen Kriminalstatistik automatisiert kein konkreter Bezug des einzelnen Falls zu einer zeitbezogenen Klärung hergestellt werden kann.